Altlastentag 2023

Veranstaltet von: Verein für Umweltschutz (VfU) e.V. Dickensstr. 29 30175 Hannover In Kooperation mit: Landeshauptstadt Hannover Fachbereich Umwelt und Stadtgrün Osterstr. 46 30159 Hannover Tel.: 0511 / 168-44506 E-Mail: monika.winnecke@hannover-stadt.de Ansprechpartnerin: Monika Winnecke Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften -Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel- Campus Suderburg Herbert-Meyer-Str. 7 29556 Suderburg Tel.: 05826 / 988-61000 E-Mail: t.albers@ostfalia.de Ansprechpartner: Prof. Thorsten Albers Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Referat 36 Archivstraße 2 30169 Hannover Tel.: 0511 / 120-3259 E-Mail: uwe.kallert@mu.niedersachsen.de Ansprechpartner: Dr. rer. nat. Uwe Kallert Programmgestaltung: Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH Bemeroder Str. 71 30559 Hannover Tel.: 0511 / 889223-0 E-Mail: harald.burmeier@burmeier-ingenieure.de Ansprechpartner: Prof. Harald Burmeier Organisation: ULRICH EGGERT GWK Gustav-Pries-Str. 38 30966 Hemmingen Tel.: 0511 / 84403328 E-Mail: info@eggertgwk.de Ansprechpartnerin: Karoline Eggert

Herzlich willkommen Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, als der Altlastentag Hannover 1990 aus der Taufe gehoben wurde, waren die Themen rund um Boden- und Grundwasserschutz bereits topaktuell. Anlass für das Format waren viele Fragestellungen rund um die Altlastenbearbeitung in Niedersachsen und über dessen Grenzen hinaus. 33 Jahre später beschäftigen wir uns immer noch mit Rüstungsaltlasten, Schadstoffen in Boden und Bauschutt, Sanierungsverfahren, aktuellen Verordnungen und Gesetzgebungen. Viele Themen haben sich im Lauf der Zeit weiterentwickelt, einige sind seit Jahrzehnten Dauerbrenner. Angefangen hat der Altlastentag Hannover im Universitätsgebäude in der Appelstraße in Hannover. Im Jahr 1998 zog der Altlastentag Hannover aus den Räumen der Uni Hannover zum Campus Suderburg der Fachhochschule Nordostniedersachsen. Auch damals gab es die Workshops schon. Im Laufe der Jahre hat man nur einmal probiert, aus dem Altlastentag eine reine Vortragsveranstaltung zu machen. Diese Idee konnte sich nicht durchsetzen. Also gibt es nach wie vor die Workshops, die in dieser Form der Veranstaltungsstruktur in Deutschland einzigartig sein dürften. Im Laufe der Jahre sind die Workshops größer und zahlreicher geworden. In diesem Jahr verzeichnen wir eine Rekordbeteiligung von über 350 Personen. Mehr geht nicht und mehr wollen wir auch nicht. Das zeigt uns aber, dass wir mit unserer Themenauswahl auch in 2023 wieder richtig liegen. In den vergangenen 33 Jahren hat der Altlastentag nur drei Mal pausiert. Zur Expo 2000 und zwangsweise in den Jahren 2020 und 2021. Viele Akteurinnen und Akteure haben im Laufe der Zeit gewechselt. Eine Person ist allerdings von Anfang an dabei: Karoline Eggert hat den Altlastentag Hannover damals noch als Azubi mitorganisiert. Freuen Sie sich im Jubiläumsjahr auf sieben spannende Workshops zu aktuellen Themen. Die Ergebnisse der Workshops werden wie immer zum Abschluss im Plenum vorgestellt. Auf Grund des Fachkräftemangels steht uns auch in diesem Jahr die Mensa nicht zur Verfügung. Natürlich haben wir anderweitig für reichlich Verpflegung gesorgt. Wir wünschen einen spannenden Tag und gute Gespräche! Ihr Altlastentag Hannover Christian Poggendorf Monika Winnecke Dr. Uwe Kallert Harald Burmeier Karo Eggert Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH Ulrich Eggert GWK mbH Verein für Umweltschutz e.V. Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün

Der Ablauf ab 8.30 Uhr 9.00 Uhr 9.45 Uhr 10.00 Uhr 11.45 – 13.00 Uhr 12.00 – 13.15 Uhr 12.15 – 13.30 Uhr 13.00, 13.15, 13.30 Uhr 15.15 Uhr 15.45 Uhr ca. 17 Uhr Morgenkaffee und Eröffnung der Fachausstellung Begrüßung und Einführungsreferat im Plenum Kaffeepause Beginn der Workshops Pause 1* Pause 2* Pause 3* Fortsetzung der Workshops Kaffeepause Zusammenfassung der Ergebnisse im Plenum Ende * Die Pausenzeiten der einzelnen Workshops werden vor Ort bekannt gegeben.

Das Programm: Eröffnung 30 Jahre Altlastentag Hannover Ingo Börchers Kabarettist Workshop 1 EBV Ersatzbaustoffverordnung Moderation: Dr. Ina Gründer GAA Hildesheim Referate: Dr. Patrick Blümcke envius – Kanzlei für Umweltrecht, Hamburg Ralf Lenhard Dr. Moll GmbH & Co. KG, Isernhagen Inhalt: Die Entsorgung mineralischer Abfälle beherrscht seit vielen Jahren als Thema den Altlastentag Hannover. Mit dem Inkrafttreten der EBV zum 01.08.2023 sind bundeseinheitliche Anforderungen an die Herstellung und den Einbau dieser Abfälle umzusetzen. Im Workshop wird die EBV aus Sicht der Bauherren, Anlagenbetreiber und Qualitätssicherer behandelt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 1 Name Vorname Behörde / Unternehmen Ahl Arndt Bahr Inka Lucas Landkreis Holzminden Umwelt - und Nat urschut z HPC AG Dr. Christ ine Compet enza GmbH Benekendorf f Biegansky Sandra Frank Böker und Part ner mbB Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Bohlen Broek Brüning Conrad Christ ian Geoskop - C. Bohlen + Dr. H. -J. Weymann GbR Andreas Landkreis Emsland Guido Ingo REMEX Nord GmbH EuroconAE KG Dannemann Herbert Landkreis Wit t mund Anna Lisa GBA Gesellschaf t f ür Bioanalyt ik mbH Sven Bj örn Karst en Christ ian Roger Dr. Harald Simon Maik Cindy Harald Sarah Jochen Wrage Lohnunt ernehmen CCS GmbH enercit y Net z GmbH Deut sche Akkredit ierungsst elle GmbH Bauindust rieverband Niedersachsen-Bremen DB Bahnbau Gruppe GmbH ZECH Umwelt GmbH Wessling Consult ing Engineering GmbH & Co. KG Landkreis Gif horn Wessling GmbH Dierking Eckardt Erler Ernst Fechner Freise Friedrich Geering Georgakis- Machunze Gerst mann Gräber

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 1 Name Vorname Behörde / Unternehmen Graf f under Gröger Grupe Haase Hagen Hahn Hübner Markus Fabio Markus Umwelt dienst e Kedenburg GmbH BWS GmbH Landkreis Goslar Unt ere Bodenschut zbehörde Kat harina Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Amelie Gerrit NLSt BV Zent raler Geschäf t sbereich, Dezernat 21 Region Hannover Joachim STRABAG Umwelt t echnik GmbH Isermann Dr. Jennif er SGS Inst it ut Fresenius GmbH Jacobj Dr. Holger Prof . Verst eyl Recht sanwält e Koenemann Köhler Kollmus Krake Krieg Krömer Leichhardt Leonhardt Liebelt Maroska Marschallek Rut h Frank Eduard Nicola Torst en Philipp Bet t ina Tanj a Landkreis Peine Unt ere Bodenschut zbehörde HWG Hannoveraner Wert st of f zent rum GmbH GGU mbH GeoConsult Hamburg Deut sche Akkredit ierungsst elle GmbH DEKRA Aut omobil GmbH Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün melchior + wit t pohl Berat ende Ingenieure Part mbB Melanie Hansest adt Uelzen Niklas Ines Eurof ins Umwelt Nord GmbH Zweckverband Abf allwirt schaf t Celle May Ralf Edgar Ralf Edgar May Berat ender Geologe

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 1 Name Vorname Behörde / Unternehmen Mensching Uwe ukon Umwelt konzept e GmbH & Co. KG Mock Nekhay Thomas Umwelt dienst e Kedenburg GmbH Kat eryna CCS GmbH Nordmann Marc Hagedorn Hannover GmbH Peix Plum Maximilian St adt Göt t ingen Ines Landesamt f ür Bau und Liegenschaf t en (NLBL) Quet scher Dr. Annet t e bsp ingenieure GmbH Svend Hannah Manuela Saskia Landkreis Cuxhaven Baugrundlabor Lüneburg GmbH Nds. Minist erium f ür Umwelt , Energie und Klimaschut z Abf allwirt schaf t sbet rieb Landkreis Aurich Erich-Heiko STRABAG Umwelt t echnik -Direkt ion El Gero Ingenieurbüro BGA GbR Melanie Die Aut obahn GmbH des Bundes Pet er Claudia Frank Andreas Dirk Svenj a Heinrich Wilkening Bau GmbH AGROLAB Agrar und Umwelt GmbH Landkreis Nordwest mecklenburg Abf allbehörde Bodenschut zbehörde HWG Hannoveraner Wert st of f zent rum GmbH ZECH Umwelt GmbH BRA+NL Hannover St adt WilhelmshavenFachbereich 36 Umwelt und Klimaschut z DB Net z AG Raut erberg Rhaesa Rieneck Röhrig Ruit er Schadow Schäf er Schirmer Schmalz Scholz Seemann Siepert St iller St reubel Christ ine

Manuskript Akte: Datum: Altlastentag, 7.9.2023; 076/23 29.07.2023 Ersatzbaustoffverordnung: ausgewählte Brennpunkte zum 1.8.2023 1. Einführung „Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit.“ Blaise Pascal, 1623-1662, französischer Mathematiker, Physiker, Literat, Philosoph Komplexe Sachverhalte einfach und knapp darzustellen erfordert Mühe und Zeit. Doch umgekehrt führen Mühe und Zeit nicht zwangsläufig zu einfachen Sachverhalten. Ein Dilemma, das uns auch bei der Ersatzbaustoffverordnung (im Folgenden: Ersatzbau- stoffV) begegnet. Die ErsatzbaustoffV ist Teil einer Mantelverordnung, mit der die Ersatz- baustoffV neu eingeführt und die Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) neu ge- fasst, Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) und Deponieverordnung (DepV) geändert werden. Zum 1.8.2023 treten die Regelungen in Kraft. Die Mantelverordnung schafft erstmals bundeseinheitliches Recht für die Verwertung des größten Abfallstroms, die mineralischen Abfälle. Von den rund 350 Mio. t Abfällen pro Jahr in Deutschland sind etwa 240 Mio. t. mineralische Abfälle, von denen 118 Mio. t Boden, 80 Mio. t Bau- und Abbruchabfälle und der Rest Schlacken und sonstige mine- ralische Abfälle ausmachen.1 Die Verwertung dieser Abfälle ist bisher durch einen Flickenteppich von Einzelregelun- gen gekennzeichnet. Sie erfassen jeweils nur Teile der Verwertungskette und werden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich umgesetzt, teilweise von Kommune zu 1 BR-Drs. 494/21, S. 193.

31. Juli 2023 Seite 2 von 10 Kommune. Hersteller2 von Ersatzbaustoffen stellt das vor unlösbare Probleme. Minerali- sche Abfälle sind heterogen und können üblicherweise und mit wirtschaftlich vertret- barem Aufwand nicht exakt bis auf den letzten Parameter eingestellt werden. Öffentli- che Auftraggeber halten sich deshalb mit der Ausschreibung von RC-Baustoffen zurück. Die LAGA Mitteilung M 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall, die Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen regelt, bringt keine Rechtssicher- heit für die Beteiligten. Denn: „Die in der Mitteilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (4. Aufl., Stand: 6. November 1997) enthaltenen Anforderungen an die stoffliche Ver- wertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln - sind als Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums keine normkonkretisie- renden Verwaltungsvorschriften und können damit weder für die Behörde noch für das Gericht verbindliche Geltung beanspruchen; […]“, BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 - 7 C 26.03 („Tongrubenurteil II“), S. 15. Und so begann der Gesetzgeber mit den Arbeiten an der ErsatzbaustoffV. Ohne Zweifel sind viel Mühe und Zeit in die Verordnung geflossen. Ob es sich aber um den von Blaise Pascal gewünschten kurzen Brief handelt, wird erst die Praxis zeigen. Für den Moment haben wir einiges vor uns: Regelwerk Text MantelV Verordnungsbegründung VO zur Änderung der VO samt Begründung LAGA FAQ LABO zu §§ 6-8 BBodSchV LAGA M 23 (Asbest) 2. Stand Seiten Jahre 187 148 38 47 109 85 614 18 Die Mantelverordnung wurde am 16.7.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I S. 2598). Sie tritt am 1.8.2023 in Kraft. 2 Aus Gründen der Vereinfachung und Lesbarkeit verzichte ich auf vollumfängliches Gendern. Bitte fühlen Sie sich alle in diesen Zeilen adressiert und herzlich willkommen.

31. Juli 2023 Seite 3 von 10 Durch die Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Brennstoff- wechsel-Gasmangellage-Verordnung vom 26.5.20233 soll der Vollzug der Ersatzbau- stoffV klarer geregelt und die ErsatzbaustoffV an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden. Darüber hinaus wurden Kriterien für die Anerkennung von Güteüberwachungsgemeinschaften festgelegt. Der Bundesrat stimmte am 7.7.2023 zu. Bisher nicht geregelt sind Nebenprodukte und das Abfallende. Verkehrsausschuss, Wirt- schaftsausschuss und Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung hatten noch am 23.6.2023 ein generelles Abfallende für alle mineralischen Ersatzbau- stoffe gefordert, jedenfalls aber für einige der Klassen 0, 0* und 1.4 Der Bundesrat lehnte ab, forderte die Bundesregierung aber auf, die bereits angekündigte Verordnung zur Be- stimmung des Endes der Abfalleigenschaft für bestimmte mineralische Ersatzbaustoffe voranzutreiben.5 Eine Vollzugshilfe der LAGA wird es zum 1.8.2023 nicht geben, wohl aber eine Zusam- menstellung besonders häufig gestellter Fragen. Diese FAQ sind für die ErsatzbaustoffV mit Stand vom 7.2.2023 veröffentlicht worden. Für die §§ 6-8 BBodSchV ist eine Vollzugs- hilfe der LABO (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz) in Arbeit, Stand der- zeit: 16.2.2023. Zudem wurde am 8.5.2023 mit der LAGA M 23 die Vollzugshilfe zur Ent- sorgung asbesthaltiger Abfälle veröffentlicht. 3. Grundidee Mit der Aufbereitung eines mineralischen Abfalls endet die Abfalleigenschaft regelmä- ßig noch nicht. Seine Verwendung als mineralischer Ersatzbaustoff ist aber möglich und zulässig, wenn für den Einbau eine wasserrechtliche Erlaubnis (§ 8 Abs. 1 WHG) erteilt wird. Die Voraussetzungen, unter denen eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt wird, va- riieren in den Bundesländern und sind im Wesentlichen durch (Rund)Erlasse und Leit- fäden beschrieben. Mit dem Inkrafttreten der ErsatzbaustoffV soll die Einholung einer wasserrechtlichen Er- laubnis entfallen. Dazu ist erforderlich, dass ein definierter Ersatzbaustoff hergestellt, gü- teüberwacht und in einer definierten Einbauweise in ein technisches Bauwerk einge- bracht wird. Die Prüfung, die bisher im Rahmen der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis vorgenommen wird, entfällt also nicht. Sie wird aber von der Behörde in den herstellenden Betrieb und dort in die Güteüberwachung verlagert. 3 4 5 BR-Drs. 237/23. BR-Drs. 237/1/23. BR-Drs. 237/23 (Beschluss).

31. Juli 2023 Seite 4 von 10 4. Verantwortlichkeiten Die Grundstrukturen abfallrechtlicher Verantwortlichkeit ändert die ErsatzbaustoffV nicht. Auch nach dem 1.8.2023 bleiben Erzeuger und Besitzer originär verantwortlich für die von ihnen erzeugten Abfälle. Hauptadressaten der ErsatzbaustoffV sind die Herstel- ler von mineralischen Ersatzbaustoffen und die Bauherren und Verwender. Von ihnen leiten sich Pflichten der Beförderer und insbesondere die Aufgaben der Überwachungs– und Untersuchungsstellen ab. Überwachungs– und Untersuchungsstellen sind – neben dem Hersteller – die zentralen Schaltstellen der Güteüberwachung. Der Kreis zur Verant- wortlichkeit des Erzeugers und Besitzers schließt sich, wenn ein Bauwerk, in das mine- ralische Ersatzbaustoffe eingebracht worden sind, wieder abgerissen, umgebaut oder saniert wird. 5. Technisches Bauwerk Der Begriff des technischen Bauwerks spielt eine zentrale Rolle für die Herstellung mi- neralischer Ersatzbaustoffe und für den Anwendungsbereich der ErsatzbaustoffV. Technisches Bauwerk ist jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die nach einer Einbauweise der Anlage 2 oder 3 errichtet wird; hierzu gehören insbesondere a) Straßen, Wege und Parkplätze, b) Baustraßen, c) chienenverkehrswege, d) Lager-, Stell- und sonstige befestigte Flächen, e) Leitungsgräben und Baugruben, Hinterfüllungen und Erdbaumaßnahmen, beispielsweise Lärm- und Sichtschutzwälle und f) Aufschüt- tungen zur Stabilisierung von Böschungen und Bermen (§ 2 Nr. 3 ErsatzbaustoffV). Anlage 2 regelt Einsatzmöglichkeiten von mineralischen Ersatzbaustoffen in techni- schen Bauwerken, Anlage 3 solche in spezifischen Bahnbauweisen. Typische Einbauwei- sen nach Anlage 2 sind Decken bitumen- oder hydraulisch gebunden, Tragschichten bi- tumengebunden (1), Asphalttragschichten (teilwasserdurchlässig) unter Pflasterdecken und Plattenbelägen, Tragschicht hydraulisch gebunden (Dränbeton) unter Pflaster und Platten (2), Schottertragschichten (ToB) (7) oder Frostschutzschichten (ToB) (8). Die ErsatzbaustoffV definiert 17 Einbauweisen. Sie sind abschließend, andere Maßnah- men sind nach allgemeinen abfallrechtlichen oder sonstigen Regeln zu bewerten. 6. Abgrenzung Die ErsatzbaustoffV regelt die Herstellung mineralischer Ersatzbaustoffe, Probenname und Untersuchung, Einbau in technische Bauwerke und die getrennte Sammlung von mineralischen Abfällen aus technischen Bauwerken. Deutlich komplexer sind die Aus- nahmen vom Anwendungsbereich, die insbesondere der Abgrenzung zur BBodSchV dienen. Wir müssen uns hier auf wenige Fälle beschränken. Bodenschätze, wie Minerale, Steine, Kiese, Sande und Tone, die in Trocken- oder Nass- abgrabungen, Tagebauen oder Brüchen gewonnen werden, sind natürliche Rohstoffe.

31. Juli 2023 Seite 5 von 10 Ihre Gewinnung ist etwa durch Bergrecht, Abgrabungsrecht oder Naturschutzrecht ge- regelt. Die ErsatzbaustoffV gilt nicht. Für Bau- und Abbruchabfälle müssen wir ermitteln, in welchem Zusammenhang die Abfälle anfallen. Fallen sie beim Abriss eines technischen Bauwerks an, gilt die Ersatz- baustoffV (§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 24 ErsatzbaustoffV). Beim Hochbau (Gebäude) handelt es sich nicht um ein technisches Bauwerk. Dabei anfallende mineralische Abfälle sind nach der GewAbfV getrennt zu erfassen. Für diese Abfälle ist der Erzeuger verantwortlich und ein- stufungsverpflichtet (§ 8 Abs. 1 GewAbfV). Hier finden wir die Verbindung zur Ersatzbau- stoffV. So sind Gemische, die überwiegend Beton, Ziegel, Fliesen oder Keramik enthal- ten, unverzüglich einer Aufbereitungsanlage zuzuführen (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GewAbfV). Aufbereitungsanlage ist eine stationäre oder mobile Anlage, in der aus mineralischen Bau- und Abbruchabfällen definierte Gesteinskörnungen hergestellt werden (§ 2 Nr. 5 GewAbfV). Boden und Steine sind von der GewAbfV ausgenommen (§ 2 Nr. 3 GewAbfV), denn sie sollten direkt in der ErsatzbaustoffV geregelt werden. Soll ein mineralischer Ersatzbaustoff als Ausbauasphalt der Verwertungsklasse A (PAK ≤ 25 mg/kg) im Straßenbau eingesetzt werden, gilt die ErsatzbaustoffV nicht, sofern die „Richtlinien für die umweltverträgliche Verwertung von Ausbaustoffen mit teer-/pechty- pischen Bestandteilen sowie für die Verwertung von Ausbauasphalt im Straßenbau – RuVA-StB 01, Ausgabe 2001, Fassung 2005“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und die „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltgranulat – TL AG-StB, Ausgabe 2009“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV)[2] angewendet werden. Die Verfüllung von Gruben unterfällt nicht der ErsatzbaustoffV (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 b) Ersatz- baustoffV), sondern § 8 der neuen BBodSchV. Wird in der Grube aber ein technisches Bauwerk (s. oben 5.) errichtet, z. B. eine Böschung oder Berme, ist auf dieses technische Bauwerk die ErsatzbaustoffV anwendbar. 7. Hersteller von mineralischen Ersatzbaustoffen Ein Anlagenbetreiber, der mineralische Abfälle annimmt, muss zunächst eine unterneh- merische Grundentscheidung treffen. Denn nicht jede Aufbereitung führt in den An- wendungsbereich der ErsatzbaustoffV und damit zur Annahmekontrolle und Güteüber- wachung. Die Rechtsgrundlage hierfür liegt in der Definition des mineralischen Ersatz- baustoffs und überliest sich schnell. a. Mineralischer Ersatzbaustoff (§ 2 Nr. 1 ErsatzbaustoffV) Mineralischer Ersatzbaustoff ist ein mineralischer Baustoff, der • als Abfall oder als Nebenprodukt in Aufbereitungsanlagen hergestellt wird oder bei Baumaßnahmen, beispielsweise Rückbau, Abriss, Umbau, Ausbau, Neubau und Erhaltung anfällt,

31. Juli 2023 Seite 6 von 10 • • unmittelbar oder nach Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt ist und unmittelbar oder nach Aufbereitung unter die in den Nummern 18 bis 33 bezeichneten Stoffe fällt. Die Nr. 18-33 in § 2 enthalten eine abschließende Liste von Abfällen, die in den An- wendungsbereich der ErsatzbaustoffV fallen; sie erfassen dabei nahezu den ge- samten Stoffstrom. Allerdings müssen die Abfälle auch für den Einbau in techni- sche Bauwerke geeignet „und bestimmt“ sein. Es ist der Anlagenbetreiber, der ent- scheidet, ob sein mineralischer Ersatzbaustoff für ein technisches Bauwerk oder einen anderen Verwendungszweck bestimmt ist. So führt etwa die Aufbereitung zu einem Verfüllmaterial zur Anwendbarkeit der BBodSchV, die Herstellung eines Deponieersatzbaustoffs zu § 14 DepV. Wird bei der Betonherstellung Sand, Kies oder Split durch eine aufbereitete mineralische RC-Körnung ersetzt, liegt ebenfalls keine Verwendung in einem technischen Bauwerk vor. b. Annahmekontrolle (§ 3 ErsatzbaustoffV) Die Annahmekontrolle nach § 3 ErsatzbaustoffV hat nur der Betreiber einer Aufbe- reitungsanlage durchzuführen, in der „Recycling-Baustoffe“ hergestellt werden. Das ist nicht gleichzusetzen mit „mineralischen Ersatzbaustoffen“. Recycling-Bau- stoffe sind nur die Abfälle, die als Bau- und Abbruchabfälle anfallen (§ 2 Nr. 29 Er- satzbaustoffV). Der Anlagenbetreiber hat ein Recht, vom Abfallerzeuger alle wesentlichen vorlie- genden Erkenntnisse über die Abfälle zu erhalten (§ 3 Abs. 1 S. 5 ErsatzbaustoffV); stellt der Erzeuger die Informationen nicht zur Verfügung, kann das ordnungswid- rig sein (§ 26 Abs. 2 Nr. 2 ErsatzbaustoffV). Im Übrigen sind die Vorgaben für die Annahmekontrolle recht allgemein gehalten. Nur bei Hinweisen auf Schadstoffe kann die Annahmekontrolle auch weitere Feststellungen zur Charakterisierung umfassen (§ 3 Abs. 1 S. 3 ErsatzbaustoffV). Allerdings wird der Anlagenbetreiber vor der Annahme stets seine Output-Mög- lichkeiten im Blick haben. Dazu muss er wissen, welche Belastungen sein Input- Material enthält und welchen mineralischen Ersatzbaustoff er daraus herstellen möchte. Das Inverkehrbringen hängt schließlich davon ab, ob für dieses Material die Güteüberwachung gelingt. c. Güteüberwachung Die Güteüberwachung besteht aus dem Eignungsnachweis, der werkseigenen Produktionskontrolle und der Fremdüberwachung (§ 4 Abs. 1 S. 2 ErsatzbaustoffV). Eignungsnachweis und Fremdüberwachung sind von einer Überwachungsstelle

31. Juli 2023 Seite 7 von 10 durchführen zu lassen. Überwachungsstellen sind Prüfstellen nach RAP Str 15 oder solche, die nach DIN EN ISO/IEC 17020 akkreditiert sind (§ 2 Nr. 9 ErsatzbaustoffV). Die ErsatzbaustoffV hat hier für die Zeit bis zum 1.12.2023 einen Flaschenhals kon- struiert. Denn es gibt wenige Überwachungsstellen und viele Betriebe, die den Eig- nungsnachweis benötigen. Ist der Eignungsnachweis nicht bis zum 1.12.2023 be- standen, darf der Hersteller seine mineralischen Ersatzbaustoffe nicht mehr in Ver- kehr bringen (§ 27 Abse. 1 und 2 ErsatzbaustoffV). Das Inverkehrbringen ohne Eig- nungsnachweis ist ordnungswidrig gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 ErsatzbaustoffV und mit einem Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 € belegt (§ 69 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 3 KrWG). Ab 1.8.2023 können Betriebe – freiwillig – Mitglied einer anerkannten Güteüberwa- chungsgemeinschaft werden. Sie ersetzt nicht die gesetzliche Güteüberwachung, sondern egänzt sie. Eine Mitgliedschaft kann sinnvoll sein, um die Untersuchungs- intervalle der werkseigenen Produktionskontrolle und Fremdüberwachung zu re- duzieren (s. dazu Anlage 4, Tabelle 1 ErsatzbaustoffV). d. Mobile Anlagen Die Pflicht zur Güteüberwachung gilt auch für Betreiber mobiler Aufbereitungs- anlagen. Sie werden in der Praxis häufig am Anfallort des Abfalls betrieben und unterliegen damit grundsätzlich nicht der immissionsschutzrechtlichen Geneh- migungspflicht (§ 1 Abs. 1 S. 2 der 4. BImSchV). Wechselt der Betreiber nun den Standort der mobilen Aufbereitungsanlage, ist der Eignungsnachweis zu aktuali- sieren (§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ErsatzbaustoffV). Das bedeutet zeitlichen und finanziellen Aufwand, insbesondere bei kleineren und dadurch schnell wechselnden Baustellen. Verordnungstext und -begründung sind dazu widersprüchlich. Denn der Eignungsnachweis diene der grundsätzli- chen Feststellung, ob die Anlage geeignet ist, mineralische Ersatzbaustoffe in einer bestimmten Güte herzustellen. Vor diesem Hintergrund sei es daher nicht erfor- derlich, dass Betreiber mobiler Anlagen bei jedem Standortwechsel erneut einen Eignungsnachweis erbringen müssen. Zur Überwachung müsse der Betreiber den Standortwechsel aber nach § 5 Abs. 6 ErsatzbaustoffV anzeigen.6 Das ist unrund. Geht es um die grundsätzliche Eignung, mineralische Ersatzbau- stoffe in einer bestimmten Güte herzustellen, genügt der einmalige Eignungs- nachweis. Der wechselnde Standort ändert nichts an der grundsätzlichen Eig- nung. Ob die Kriterien für einen definierten Ersatzbaustoff auf der neuen Baustelle eingehalten werden, ist Sache der werkseigenen Produktionskontrolle und Fremdüberwachung, nicht des Eignungsnachweises. Überwachungsinteressen 6 BR-Drs. 494/21, S. 247.

31. Juli 2023 Seite 8 von 10 werden durch die Anzeigepflicht in Abs. 6 gewahrt. Für die rechtliche Praxis aller- dings ist der Verordnungstext entscheidend und nicht die Begründung. e. Praktische Probleme des Übergangs Viele Betreiber von Aufbereitungsanlagen beschäftigen sich seit Herbst 2022 mit der ErsatzbaustoffV. Ihre Erkenntnisse können maßgeblich einen behördlichen Vollzug mit Augenmaß fördern, auf den alle Beteiligten gerade in der Anfangs- phase der ErsatzbaustoffV angewiesen sind. Einige Themen seien hier erläutert: • • • Ein – möglicherweise sehr großes – Haufwerk, das nach LAGA M 20 beprobt worden ist, kann ab 1.8.2023 im Rahmen der ErsatzbaustoffV nicht mehr ver- wertet werden. Die Untersuchungsverfahren der LAGA (Wasser-Feststoffver- hältnis von 10:1) weichen von denen der ErsatzbaustoffV (Wasser-Fest- stoffverhältnis von 2:1) ab; ihre Ergebnisse sind nicht vergleichbar. Soll das Haufwerk nach ErsatzbaustoffV verwertet werden, ist eine Güteüberwa- chung und Klassifizierung nach der ErsatzbaustoffV erforderlich. Manche immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen sahen als Input-Kri- terien die LAGA Z-Werte vor. Das kann zu doppelten Analysen führen, wenn die nach LAGA angenommenen Abfälle im Output nach ErsatzbaustoffV zu bewerten sind. Die Genehmigung tritt durch die ErsatzbaustoffV nicht außer Kraft, Anforderungen der ErsatzbaustoffV ergänzen sie. Ein bundeseinheit- lich abgestimmtes Vorgehen, wie Genehmigungen ggf. anzupassen sind, gibt es bisher nicht. LAGA Z-Werte in Genehmigungen können auch dazu dienen festzustellen, ob die Vorgaben für die Lagerung gemäß AwSV eingehalten sind. Ein Ge- misch, das LAGA Z 0 oder Z 1.1 entspricht, kann als nicht wassergefährdend eingestuft werden (§ 10 Abs. 1 AwSV). Eine Anpassung der AwSV durch den Verordnungsgeber an die Klassifizierung nach ErsatzbaustoffV ist derzeit nicht erkennbar. 8. Bauherr und Verwender Für den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke ist der Bau- herr oder der Verwender verantwortlich. Zulässig ist der Einbau, wenn nachteilige Ver- änderungen der Grundwasserbeschaffenheit und schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind. Das ist der Fall, wenn die Anforderungen an die Güteüberwa- chung eingehalten sind und der Ersatzbaustoff in einer für ihn zulässigen Einbauweise verwendet wird (§ 19 Abs. 1 und 2 ErsatzbaustoffV). Schädliche Veränderungen von Grundwasser und Boden sind ebenfalls nicht bei der Verwendung von Bodenmaterial und Baggergut, jeweils der Klasse 0, zu befürchten. Nach der Verordnungsbegründung kommen diese Materialien in ihrer Qualität einem

31. Juli 2023 Seite 9 von 10 Primärrohstoff gleich und können daher ubiquitär in technische Bauwerke eingebaut werden, so dass es hier keiner Bindung an die Einbauweisen der Anlagen 2 oder 3 be- darf.7 In diese Richtung argumentiert auch der europäische Gerichtshof in seiner Ent- scheidung zu Bodenmaterial der höchsten Güteklasse nach österreichischem Recht.8 Das können Indikatoren sein, Bodenmaterial und Baggergut dieser Klasse vom Anwen- dungsbereich der Verordnung zukünftig auszunehmen oder jedenfalls den Status eines Abfallende-Materials zu ermöglichen. Insofern bleibt die Entwicklung im Hinblick auf die Verordnung zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft abzuwarten. Mineralische Ersatzbaustoffe dürfen nur oberhalb der vorgesehenen Grundwasserdeck- schicht eingebaut werden (§ 19 Abs. 8 ErsatzbaustoffV). Dies zu ermitteln ist Aufgabe des Bauherrn und Verwenders. Er muss für jeden einzubauenden Ersatzbaustoff anhand der Tabellen in Anlage 2 oder 3 der ErsatzbaustoffV ermitteln, ob die Baumaßnahme im Wasserschutzgebiet oder außerhalb eines Wasserschutzgebiets liegt, welche Bodenbe- schaffenheit vorliegt und wie groß der Grundwasserabstand ist. Das stellt insbesondere Bauherren von Linienbauwerken (Straßen) vor Herausforderun- gen. Denn diese Kriterien sind für die gesamte Strecke zu ermitteln. Die LAGA FAQ ver- weist insofern auf Informationen der Länder oder Behördenauskünfte, letztere aber nur, sofern diese eine flurstücksgenaue Abfrage und eine Ermittlung des höchsten zu erwar- tenden Grundwasserstands zulassen. Zur Bestimmung der Bodenart bieten Informatio- nen aus gängigen Kartenwerken oder Fachinformationssystemen wohl in der Regel we- der horizontal noch in die Tiefe einen ausreichenden Detaillierungsgrad. Rechtlich si- cher dürfte insofern nur ein Baugrundgutachten sein.9 Es gibt bereits erste Rückmeldungen von öffentlichen Straßenbaubetrieben, die auf- grund dieser Schwierigkeiten wohl nur noch Primärrohstoffe ausschreiben wollen. Sollte das die gängige Praxis werden, wäre die ErsatzbaustoffV in diesem Bereich gescheitert. 9. Schluss Nach 18 Jahren verordnungsgeberischer Arbeit dürften wir mit der zum 1.8.2023 in Kraft tretenden ErsatzbaustoffV erst am Anfang stehen, auch politisch wird oft das Bild des kleinsten gemeinsamen Nenners bemüht. Ob die ErsatzbaustoffV zu einer stärkeren Nachfrage von mineralischen Ersatzbaustoffen in öffentlichen Ausschreibungen führt, ist fraglich. Ein subjektiv einklagbares Recht auf Bevorzugung von RC-Material gibt es nach wie vor nicht. Das Fehlen von klaren Kriterien für das Abfallende erlaubt zwar im- mer noch eine Beurteilung des Abfallendes nach allgemeinem Abfallrecht (§ 5 KrWG), allerdings bleibt die Feststellung, wann das Abfallende erreicht ist, weiter unsicher. BR-Drs. 494/21, S. 266. EuGH, Urteil vom 17.11.2022 - C-238/21: Aushub (Porr Bau GmbH) LAGA FAQ, S. 34 f. 7 8 9

31. Juli 2023 Seite 10 von 10 Auch die neuen Untersuchungsverfahren bieten viel Konfliktpotenzial. Im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle und Fremdüberwachung können Schüttelversuch und Säulenkurztest gleichrangig verwendet werden. In der Praxis können bereits zwei Analysen derselben Proben mit nur einem Untersuchungsverfahren zu unterschiedli- chen Ergebnissen führen; bei zwei unterschiedlichen Untersuchungsverfahren dürfte das die Regel sein. So ist vorstellbar, dass der Hersteller im Rahmen der Güteüberwa- chung den Säulenkurztest verwendet, der Bauherr – um die Ordnungsgemäßheit der angelieferten Ersatzbaustoffs zu prüfen – aber den Schüttelversuch. Die vertragskon- forme Lieferung kann bei abweichenden Ergebnissen so schnell in Zweifel gezogen wer- den. Für alle Beteiligten, besonders für Betreiber mobiler Anlagen an wechselnden Standor- ten, werden Kosten- und Zeitaufwand steigen und wohl zu höheren Preisen führen. In einigen Regionen wird güteüberwachtes Material mit Primärrohstoffen möglicherweise gleichauf liegen, was die bestehende Praxis vieler öffentlicher Auftraggeber bestärken kann, doch wieder Primärrohstoffe zu verwenden. Der Erfolg der ErsatzbaustoffV wird auch davon abhängen, ob bundeseinheitliches Recht bundesuneinheitlich vollzogen wird; gerade die von Bayern durchgesetzte Länderöffnungsklausel in § 8 Abs. 8 BBodSchV für die Verfüllung von Abgrabungen kann zu ungleichen Wettbewerbsbedin- gungen führen. Die Entwicklung werden Verordnungsgeber, Behörden und Wirtschafts- beteiligte beobachten und nachjustieren. Nach der Verordnung ist vor der Verordnung.

Die Ersatzbaustoffverordnung aus Sicht einer RAP-Stra-Prüfstelle Mit Einführung der Ersatzbaustoffverordnung darf die Fremdüberwachung von mineralischen Ersatzbaustoffen ausschließlich von RAP-Stra-Prüfstellen (RAP-Stra: Richtlinie für die Anerkennung von Prüfstellen für den Straßenbau) durchgeführt werden, die eine Anerkennung für die Arbeitsgebiete D oder I besitzen. Die Anerkennung wird durch die BASt (Bundesanstalt für Straßenwesen) sowie durch die Länder (Niedersachsen: NLStBV) ausgesprochen. Die Anerkennung erfolgt nach Überprüfung eines umfangreichen Anforderungskatalogs, mit Schwerpunkt auf der Qualitätssicherung (Überprüfung/Kalibrierung der Prüfgeräte) und einer Begehung der Prüfstelle. Liste der Fachgebiete der RAP-Stra-Prüfstellen: Fachgebiet A: Böden einschließlich Bodenverbesserung Fachgebiet BB: Straßenbaubitumen und gebrauchsfertige Polymermodifizierte Bitumen Fachgebiet BE: Bitumenemulsionen, Fluxbitumen Fachgebiet C: Fugenfüllstoffe Fachgebiet D: Gesteinskörnungen (natürliche, industriell hergestellte und rezyklierte) Fachgebiet E: Fahrbahndecken aus Beton, Betontragschichten Fachgebiet F: Oberflächenbehandlungen, Dünne Asphaltdeckschichten in Kaltbauweise, Dünne Asphaltdeckschichten ín Heißbauweise auf Versiegelung Fachgebiet G: Asphalt Fachgebiet H: Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln, Bodenverfestigungen Fachgebiet I: Schichten ohne Bindemittel und Baustoffgemische für den Erdbau Fachgebiet K: Geokunststoffe im Erdbau Für die Untersuchungen/Fremdüberwachung in den Fachgebieten D und I sind zahlreiche Regelwerke einschließlich der vorgeschalteten Produktnormen und nachgeschalteten Prüfnormen zu beachten: TL Gestein-StB: Technische Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau TL SoB-StB: Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau

TL G SoB-StB: Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau - Teil: Güteüberwachung TL BuB E StB: Technische Lieferbedingungen für Bodenmaterialien und Baustoffe für den Erdbau im Straßenbau TL Pflaster-StB: Technische Lieferbedingungen für Bauprodukte zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen Alle diese Richtlinien mussten im Zuge der Einführung der EBV (01.08.2023) überarbeitet werden, um die Vorgaben der EBV zu berücksichtigen. Leider sind die Neufassungen der Richtlinien bisher nicht erschienen (26.07.2023). Situation vor Einführung der EBV Unter Beachtung der o.g. Richtlinien wurden bisher überwiegend RC-Baustoffe (Beton-RC) für den Straßenbau überwacht. Es handelte sich dabei um Baustoffgemische, die als Frostschutzschichten (FSS), seltener als Schottertragschichten (STS), in den Verkehr gebracht wurden. Industrielle Nebenprodukte oder Hausmüllverbrennungsschlacken kamen seltener in die Überwachung. Die Probennahme der Baustoffgemische erfolgte bisher nach DIN EN 932-2 (Prüfverfahren für allgemeine Eigenschaften von Gesteinskörnungen- Teil 1: Probenahmeverfahren). Die DIN EN ist vorwiegend darauf ausgerichtet eine Probe zu entnehmen, die repräsentativ die granulometrischen und gesteinsphysikalischen Eigenschaften einer Gesteinskörnung widerspiegelt. Daneben wurde die Probe genutzt, die umweltrelevanten Eigenschaften gemäß LAGA 2003 (Niedersachsen, ansonsten variabel, abhängig vom jeweiligen Bundesland) zu untersuchen. Die Überwachung erfolgte vierteljährlich mit den unterschiedlichen Untersuchungsumfängen, die in der TL G SoB-StB vorgegeben sind. Zur Überwachung kamen bisher ein bis zwei Baustoffgemische je Aufbereiter, Frostschutzmaterialen oder Schottertragschichten 0/32 mm oder 0/45 mm. Die Untersuchungsergebnisse gemäß LAGA 2003 erlaubten vorwiegend die Einstufung der Materialien in die Einbauklasse Z 1.1, seltener Z 1.2. Die Einbauklasse Z 2 trat sehr selten auf, wobei Z 1.2 und Z 2-Materalien, deren Verwendung unter definierten Bedingungen im Straßenbau möglich war, kaum Absatz fanden. Die Probenahme in den Werken erforderte bisher einen Zeitaufwand von ca. 1 Stunde. Abhängig vom Untersuchungsumfang gemäß TL G SoB-StB (Probenmenge, Transportkapazität) konnten so pro Tag bei zwei bis drei Produzenten Proben zur Überwachung entnommen werden. Auch bisher mussten die Hersteller ein Handbuch zur WPK (Werkseigene Produktions-Kontrolle) führen. In dem Handbuch sind die

Zuständigkeiten, Organisation und die Durchführung der WPK-Prüfungen beschrieben und geregelt. Die Einhaltung der beschriebenen Vorgehensweisen wurde durch den Fremdüberwacher (RAP-Stra Prüfstelle) im Rahmen des Probenahmetermins überprüft (Betriebsbeurteilung). Situation nach Einführung der EBV Mit Einführung der EBV ist angestrebt, möglichst alle Materialien in technischen Bauwerken zu verwerten. Die Verordnung schreibt die Untersuchung gemäß ihren Anforderungen und Vorgaben vor. Im Zuge dessen kommen bei den bisher nach TL G SoB überwachten Werken, zusätzlich zu den bisher überwachten Baustoffgemischen 0/32 mm oder 0/45 mm, weitere Materialien in die Überwachung, die bisher für die RAP-Stra Prüfstellen nicht existent waren. Es handelt sich dabei z.B. um Bauschutt, Böden, RC-Gleisschotter und teilweise Schlacken. Dadurch steigt die Anzahl der durch die RAP-Stra Prüfstellen zu überwachenden Materialien stark an. Es kann bei den bisher schon nach TL G SoB-StB überwachten Werken von einer Verdoppelung bis Verdreifachung der zu beprobenden Materialien ausgegangen werden. Hinzu kommen weitere Aufbereiter mit ihren Materialien, die bisher keiner Fremdüberwachung bedurften. Auf Grund der damit je Werk ansteigenden Probenmenge und der geänderten Probenahmevorschriften (PN98, erhöhter Zeitaufwand) ist eine Probenahme arbeitstäglich nur noch in einem Werk möglich. Die Probenahme soll gemäß EBV an durch den Aufbereiter vorbereiteten repräsentativen Produktionschargen von 200 m³ bis 500 m³ erfolgen. Die Probenahme selbst soll den Vorgaben der PN98 entsprechen. Das bedeutet eine aufwendige Dokumentation der Probenahme, eine Segmentierung der Halden, die Erstellung einer Mischprobe je Haldensegment durch zahlreiche Einstiche sowie letztendlich die Erstellung einer Laborprobe aus den Mischproben der Haldensegmente. Je nach Anzahl der zu beprobenden Materialien sind teilweise 2 Personen zur Probenahme notwendig. Bei einer Halde von ca. 250 m³ werden dabei aus den Halden-Segmenten Probenmengen von ca. 80 kg gewonnen, die in unser Labor transportiert werden müssen. Dort wird aus den Segmentproben über Probenteiler die Laborprobe erstellt, in Einzelfällen auch die charakterisierende Prüfkörnung zusammengestellt. Die je Segment zurückbleibende Probenmenge ist als Rückstellprobe gemäß EBV für 6 Monate aufzubewahren. Dabei kommen schnell ca. 300 bis 600 Einzelproben zusammen, die vorgehalten werden müssen. Es ist vorstellbar, dass dadurch für die Prüfstelle ein erheblicher zusätzlicher Platzbedarf entsteht, der realisiert werden muss. Berücksichtigt sind dabei nicht die Probenmengen, die benötigt werden, um zusätzlich die Überwachung nach TL G SoB-StB sicherzustellen. Hierbei werden weitere Mengen von ca. 150 kg bis 200 kg benötigt, die zunächst auch in der Prüfstelle gelagert werden müssen.

Alle diese geschilderten Maßnahmen erhöhen den zu leistenden Aufwand erheblich und tragen zur Kostensteigerung der Überwachungen bei. Für den Probenehmer ist der Sachkundenachweis nach PN98 notwendig, der spätestens alle 5 Jahre zu aktualisieren ist. Zusätzlich wurde von der FGSV gefordert, dass Probenehmer eine weitere Fortbildung benötigen, angeboten von der FGSV, die die Verbindung der Probenahmevorschriften PN98 und DIN EN 932-1 zum Inhalt hat. Diese Fortbildung wird wahrscheinlich in der überarbeiteten TL Gestein-StB als Anforderung verankert werden. Die oben angesprochenen Probenmengen müssen natürlich auch entsorgt werden. Auch die regelmäßige Entsorgung der Proben ist mit Zeit- und Personalaufwand verbunden. Hierzu ist auch die Vorhaltung entsprechender Container, eventuell für die Trennung unbelasteter von belasteten Materialien, notwendig, was den Platzbedarf einer Prüfstelle zusätzlich erhöht. Auch der Aufwand für die Betriebsbeurteilung hat sich mit Einführung der EBV deutlich erhöht. Die Betriebsbeurteilung wird durch den erhöhten Zeitaufwand bei der Probenahme größtenteils nicht mehr am gleichen Tag durchgeführt werden können. In den meisten Fällen ist eine separate Anfahrt zum Aufbereiter notwendig. Bei der Betriebsbeurteilung wird überprüft, ob die Vorgaben der TL SoB-StB und der EBV hinsichtlich Organisation des Betriebes, der Dokumentation der Annahmekontrolle und der Abgabemengen, der Qualifikation des Personals, der Einhaltung der Probenahme-Intervalle, der korrekten Einstufung des Materials in Materialklassen, getrennter Lagerung von unterschiedlichen Materialien, bzw. gleicher Materialien unterschiedlich Materialklassen usw. eingehalten werden. Daneben ist in den FAQ der LAGA zur Ersatzbaustoffverordnung das LAGA-Merkblatt M23 erwähnt. In dem Merkblatt werden neue Regelungen zur Untersuchung auf Asbest und der Bewertung der Untersuchungsergebnisse beschrieben. Daneben gibt es Vorgaben zur Annahmekontrolle und gegebenenfalls zur Untersuchung von Abbruchmaterialien, die ebenfalls durch die Aufbereiter beachtet werden müssen. Diese Kontrolle der Einhaltung dieser Vielzahl an Vorgaben kann nur durch einen dem entsprechenden Fragenkatalog abgearbeitet werden. Seit dem Jahr 2004, der Einführung des europäischen Normenwerkes für Gesteinskörnungen, ist die CE-Kennzeichnung von Gesteinskörnungen für die Verwendungsbereiche Asphalt, Beton, Mörtel, Gleisschotter, Wasserbausteine usw. Voraussetzung, um diese Materialien in den Verkehr bringen zu können. Auch hier wird die WPK überprüft und eine Betriebsbeurteilung durch eine notifizierte Stelle durchgeführt. Mit Einführung der EBV ist die Betriebsbeurteilung für die Hersteller von Ersatzbaustoffen nahezu auf dieses Niveau angehoben. Aus diesem Grund orientiert sich der Fragenkatalog der Betriebsbeurteilung gemäß EBV am

Umfang des Fragenkatalogs für eine CE-Kennzeichnung. Hierzu wurde durch die notifizierte Stelle bupZert, Berlin, der Fragenkatalog in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen, überarbeitet. Am 03.07.2023 fand im Hause des NLStBV unter Einbeziehung des Umweltministeriums ein gemeinsamer Termin mit den RAP-Stra-Prüfstellen über die zukünftige Vorgehensweise bei der Fremdüberwachung von Ersatzbaustoffen statt. Nach Auffassung des NLStBV und des MU muss zum 01.08.2023 der vollständige Eignungsnachweis (ausführlicher Säulenversuch mit Einstufung des Ersatzbaustoffs in eine Materialklasse einschl. Betriebsbeurteilung) vorliegen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Betriebsbeurteilung, wie in der EBV vorgegeben, spätesten am 01.12.2023 vorliegen muss. Dies wird durch die einzelnen Bundesländer unterschiedlich gesehen. Die Einhaltung dieser zeitlichen Vorgabe erscheint sehr schwierig. Trotz Beginn der Probenahmen und Untersuchungen im April kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Eignungsnachweise am 01.08.2023 nicht vorliegen wird, da nach unserer Erfahrung auch auf Seiten der Untersuchungsstellen (chemisches Labor, akkreditiert nach DIN EN 17025) zunächst erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Durchführung des Säulenversuchs und der durchzuführenden Untersuchungen vorlagen. Gleichzeitig wurde die Menge der durchzuführenden Untersuchungen auch hier unterschätzt, so dass oft eine nicht ausreichende Anzahl von Säulenapparaturen vorgehalten wurde. Bei einer Laborzeit je Probe von ca. einer Woche und der Vielzahl zu untersuchenden Proben muss bisher von Zeitspannen zwischen Einlieferung der Probe bis zum Untersuchungsergebnis von 8 bis12 Wochen ausgegangen werden. Nach bisherigem Kenntnisstand wird die Probennahme für die nach TL G SoB-StB fremd zu überwachenden Materialien weiterhin quartalsweise erfolgen. Daneben sind jedoch die Probenahme- und Untersuchungsvorgaben der EBV zu beachten. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei entsprechender Produktion, in unterschiedlichen Abständen weitere Probennahmen notwendig sind. Das erfordert jedoch eine Mitarbeit der Aufbereiter, die die RAP-Stra Prüfstelle bei Erreichen entsprechender Produktionsmengen informieren müssen, damit die durch die EBV vorgeschriebene Fremdüberwachung durchgeführt werden kann. Daneben werden, wie bereits geschildert, weitere Gesteinskörnungen oder Materialien produziert, die nur nach EBV überwacht werden sollen. Hier stimmen die Probennahme- Intervalle auf keinem Fall mit denen der TL G SoB-StB überein, was in jedem Fall weitere An- und Abfahrten zu Probennahmeterminen erfordert. Anzumerken ist hierbei auch die FAQ der LAGA zur EBV, die sinngemäß sagt, dass bei widersprechenden Aussagen anderer Regelwerke zu Probennahmen die Anforderungen der EBV in jedem Fall maßgeblich sind. Problematisch wird die Einhaltung aller Vorgaben und Auflagen für die Betreiber mobiler Brech- und Klassieranlagen, die auf wechselnden Baustellen zum Einsatz kommen. Nach EBV muss für jede neue

Baustelle der Eignungsnachweis einschl. Betriebsbeurteilung neu erstellt werden. Auch unter der Annahme, dass sich die Situation hinsichtlich Laborzeiten für die chemischen Untersuchungen in Zukunft entspannen dürften, muss, bei den derzeitigen Erfahrungen, von einer Zeitdauer bis zum Vorliegen aller Ergebnisse von mindestens ca. 2 Wochen ausgegangen werden. Bis dahin darf das produzierte Material nicht eingebaut werden, was sich für einzelne Baustellen durchaus als Problem darstellen kann. Unter Umständen wird die mobile Aufbereitung aus diesen Gründen nicht mehr durchgeführt werden. Zusammenfassende Betrachtung Insgesamt ist festzustellen, dass der Aufwand für Prüfungen und Überwachung für die RAP-Stra- Prüfstellen deutlich steigt. Mit dem bisher eingesetzten Personal können die Aufgaben kaum bewältigt werden. Die Kosten für den Eignungsnachweis für gemäß TL G SoB-StB fremdüberwachte Materialien haben sich ca. verdoppelt. Bei den Folgeüberwachungen wird der ausführliche Säulenversuch dann durch das Schütteleluat bzw. den Kurzsäulentest abgelöst und die Anzahl der zu analysierenden Parameter sinkt. Dadurch sinken die Kosten für die chemischen Untersuchungen. Dennoch werden durch die umfangreiche Betriebsbeurteilung auch bei den Folgeüberwachungen insgesamt die Kosten ansteigen. Daneben müssen die Probenlagerung und Proben-Entsorgung mit eingerechnet werden, nicht zuletzt auch die Probennahme, für die im Einzelfall zwei Personen eingeplant werden müssen. Neben den Probennahmen gemäß EBV und TL G SoB-StB sind bei den RAP-Stra-Prüfstellen auch die Probennahmen bei den Herstellern natürlicher Gesteinskörnungen einzuplanen (Steinbrüche, Sand- /Kiesgruben). Unter den bisherigen Erfahrungen kann das nur mit zusätzlichem Personal gewährleistet werden. Auch bei den Produzenten steigt durch die Einführung der EBV der Aufwand für die Eigenüberwachungen (WPK).  Gegebenenfalls muss für die Eingangskontrolle sowie die Dokumentation der Maßnahmen weiteres Personal eingestellt werden.  Das Personal muss regelmäßigen Schulungen unterworfen werden.  Es sollte möglichst der Sachkundenachweis nach PN98 vorliegen.  Es sind chemische Untersuchungen gemäß der Vorgaben der EBV zu veranlassen. Es ist eine Untersuchungsstelle vertraglich zu binden.

 Es sind die Vorgaben des Merkblattes M23 der LAGA (Asbest) zu beachten. Gegebenenfalls sind auch hier Analysen zu veranlassen. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass auch die Kosten durch die von den Produzenten selbst zu erfüllenden Auflagen steigen, so dass insgesamt die Preise für Recyclingmaterialien bzw. Ersatzbaustoffe ansteigen werden. Mobile Aufbereitungsanlagen auf wechselnden Baustellen werden, bei Beibehaltung der derzeitigen Regelungen der EBV, möglicherweise verschwinden bzw. deutlich weniger werden. Kosten und Zeit für den Eignungsnachweis lassen sich wahrscheinlich nur schwer mit den Baustellenabläufen in Einklang bringen. Wie am Anfang geschildert, waren RC-Baustoffe der Einbauklasse Z1.2 und Z 2 LAGA nur schwer oder gar nicht in den Markt zu bringen. Auch in der EBV sind unterschiedliche Materialklassen definiert, denen unterschiedliche Einbaubedingungen zugeordnet werden. Um auch die Materialien höherer Einbauklassen in technischen Bauwerken zu verwerten, müssen Ausschreibungen, wo möglich, entsprechend formuliert werden. Ansonsten werden auch in Zukunft nur die besten Materialklassen (RC 1) abgefordert werden. Die EBV soll die Verwertung von Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken regeln. Dazu wird in der EBV, neben der TL SoB-StB, auch auf die TL BuB E-StB verwiesen. Die TL BuB E-StB ist, obwohl bereits im Jahr 2009 in erster Fassung erschienen, allgemein kaum bekannt. In der Richtlinie werden, wie in der TL Gestein-StB und TL SoB-StB, natürliche Gesteinskörnungen und Böden, rezyklierte Gesteinskörnungen und industrielle Nebenprodukte behandelt. Die darin beschriebenen Untersuchungen an den einzelnen Materialien zielen auf die Verwendung der Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus (Dämme, Wälle, Widerlagerhinterfüllungen usw.). Auch in der TL BuB E StB wird eine Fremdüberwachung gemäß TL G SoB-StB gefordert. Für eine bessere Verwertung der Ersatzbaustoffe sollte die TL BuB E-StB in Zukunft vermehrt Verwendung finden. Auch in Zukunft werden in Niedersachsen die Prüfberichte nach TL SoB-StB einschl. der Betriebsbeurteilungen nach EBV durch die RAP-Stra-Prüfstellen an das NLStBV versandt. Daneben sind die Untersuchungsergebnisse nach EBV durch den Hersteller bei stationären und semi-mobilen Aufbereitungsanlagen an das zuständige Gewerbeaufsichtsamt zu übergeben. Bei mobiler Aufbereitung auf wechselnden Baustellen gehen die Prüfberichte an die untere Abfallbehörde.

Workshop 2 Fortschreibung BBodSchV Moderation: Martin Elsner Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Referate: Dr. Matthias Peine Avocado Rechtsanwälte, Berlin Dr. Norbert Feldwisch Ingenieurbüro Feldwisch, Bergisch-Gladbach Inhalt: Die Neufassung der BBodSchV ist am 01.08.2023 in Kraft getreten. Ziel der Neufassung war, die Verordnung stringenter zu fassen und an den aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse und die Erfahrungen aus dem zwanzigjährigen Vollzug anzupassen. U. a. wurde das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden in den §§ 6 – 8 neu geregelt. In dem Workshop sollen die wesentlichen Neuregelungen in der BBodSchV dargestellt und den sich daraus für den Vollzug ergebenden rechtlichen und fachlichen Fragen nachgegangen werden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 2 Name Arning Balck Bart sch Beer Vorname Behörde / Unternehmen Silke Landkreis Peine Torst en St adt Hildesheim UBB Dr. Viola Landesamt f ür Bau und Liegenschaf t en (NLBL) Tj ark H & M Ingenieurbüro GmbH & Co. KG Bergmann Christ ina CDM Smit h SE Bleeker-Piek Böcker Brenneken Ilona Oliver Oliver St adt Norderst edt HPC AG GEONIK GmbH Chaloulos Konst ant inos LBEG Claassen Wiebke DB Net z AG Derent hal Det ert s Düwel Ebert Erley Ernst Feise-Prest on Ferrara Finke Fischer Fleer Ingrid Nele Dr. Olaf Benj amin Amt f ür Umwelt - und Verbraucherschut z Prof . Burmeier Ingenieurgesellschaf t mbH Nds. Minist erium f ür Umwelt , Energie und Klimaschut z Landkreis Heidekreis Dr. Elisabet h BAIUDBw GS II 5 Achim Anj a STRABAG Umwelt t echnik GmbH DB Immobilien Claudia Landkreis Wolf enbüt t el Kat harina Consens Umwelt planung GmbH Daniel Michael Baugrundlabor Lüneburg GmbH LBEG

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 2 Name Vorname Behörde / Unternehmen Fuhrmann Klemens Kreis Minden-Lübbecke Umwelt amt Geist hardt André St adt Göt t ingen Golet z Charlot t e Grabowsky Kerst in Nds. Minist erium f ür Umwelt , Energie und Klimaschut z melchior + wit t pohl Berat ende Ingenieure Part mbB Wulf Udo Anj a Landkreis Hildesheim Landkreis Hameln-Pyrmont Umwelt amt CCS GmbH Christ ina SKUMS Bremen Philipp Pamela Lars Ulrike Jasmin Monika Verena St adt Osnabrück Ost f alia Hochschule f ür angewandt e Wissenschaf t en Landkreis Holzminden Umwelt - und Nat urschut z bsp ingenieure GmbH Dr. Pelzer und Part ner Bezirksamt Hamburg Wandsbek Technischer Umwelt schut z Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Grube Hagemann Hein Heinken Heyne Holweg Howind Jansen Karaschewski Koops Kost ulski Langewische Susanne Lehmann Lehnert Machulik Mahnke Menzel Isabell BWS GmbH St ephanie GeoConsult Hamburg Ulrike Elmar Dr. Philip Behörde f ür Umwelt , Klima, Energie und Agrarwirt schaf t , Hamburg Fachbereich Umwelt - und Klimaschut z Wilhelmshaven Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 2 Name Molde Nowack Vorname Behörde / Unternehmen Dr. Pet er ukon Umwelt konzept e GmbH & Co. KG Barbara St adt Celle Omerovic Adis REMEX Nord GmbH Ot t en Pet ers Pioch Reese Reske Rose Schmidt Schröpf er Schrot h Schwieger Simon Spinder Dr. Olaf Landkreis Aurich Unt ere Bodenschut zbehörde Pet er Axel Silj a Pet er Ut e Markus Maren Nicole Anet t e St ef an Julian AGROLAB Agrar und Umwelt GmbH Landkreis Goslar Behörde f ür Umwelt , Klima, Energie und Agrarwirt schaf t , Hamburg Rheinmet all Waf f e Munit ion GmbH Landkreis Nordwest mecklenburg Abf allbehörde Bodenschut zbehörde St adt Oldenburg Amt f ür Umwelt schut z Dr. Moll GmbH & Co. KG HPC AG Landkreis Celle UWB/ UBB Landkreis Osnabrück Fachdienst Umwelt , Abt eilung Abf all & Boden Wessling Consult ing Engineering GmbH & Co. KG St adelmann Dr. Anj a GGU mbH Vooren Wackwit z Waden Weimann Wößner Jürgen Kat hrin Landkreis Emsland FB Umwelt - UAB/ UBB Landkreis St endal Umwelt amt Hans-Jürgen Landkreis Ammerland Anit a Ulrike Geoscience Consult ing GmbH, Alt last en & Planung Büro f ür Geologie und Umwelt GmbH

Dr. Matthias Peine Das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden nach der novellierten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung I. Einleitung Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999, die seit ihrem Erlass weitgehend unverändert geblieben ist, wurde durch die Mantelverordnung zum 1. August 2023 neu gefasst und an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und an die Erfahrungen aus dem zwanzigjährigen Vollzug angepasst.1 Insbesondere wurde der Bereich des vorsorgenden Bodenschutzes um das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht ergänzt. Bislang regelte § 12 BBodSchV a.F. lediglich die Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden in Bezug auf die durchwurzelbare Bodenschicht. Für den Bereich unterhalb oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht existierte keine gesetzliche Regelung. Die Zulässigkeit des Auf- oder Einbringens von Materialen außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht richtete sich nach der Mitteilung Nr. 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA M 20) bestehend aus den „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen – Technische Regeln – Allgemeiner Teil, Stand: 6. November 2003“ (LAGA M 20, Teil I) und den „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen: Teil II: Technische Regeln für die Verwertung, 1.2 Bodenmaterial (TR Boden), Stand: 5. November 2004“ (TR Boden 2004) verbunden mit Erlassen der Bundesländer. Bereits im Jahr 2005 hatte das Bundesverwaltungsgericht im sog. zweiten Tongruben-Urteil entschieden, dass die in der LAGA M 20 enthaltenen Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln - als Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums keine normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften sind und damit weder für die Behörde noch für das Gericht verbindliche Geltung beanspruchen können.2 Die LAGA M 20, Teil I und die TR Boden 2004 stellten daher weder eine bundeseinheitliche noch eine rechtsverbindliche Grundlage für die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung mineralischer Abfälle dar. Sie konnten aber zur Konkretisierung dieser 1 BT-Drucks. 19/29636, S. 190. 2 BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 – 7 C 26/03 –, juris, Rn. 23. 1

unbestimmten Rechtsbegriffe als Orientierungshilfe herangezogen werden, da sie insoweit einen allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis widerspiegelten.3 Mit dem Inkrafttreten der novellierten BBodSchV am 1. August 2023 wurde nunmehr eine einheitliche Rechtslage für das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden geschaffen und die LAGA M 20 sowie die auf diesen basierenden Erlassen ablöst. II. Novellierte Rechtslage In den §§ 6 bis 8 BBodSchV wird das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden neu geregelt. § 6 BBodSchV enthält allgemeine Anforderungen an das Auf- oder Einbringen sowohl in Bezug auf die durchwurzelbare Bodenschicht als auch unterhalb oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht. § 6 BBodSchV basiert hinsichtlich der Regelung für Gebiete mit erhöhten Schadstoffgehalten, hinsichtlich der Untersuchungspflicht und hinsichtlich der Anforderungen an die Durchführung des Auf- oder Einbringens auf den entsprechenden Regelungen des § 12 BBodSchV a.F. und orientiert sich auch den entsprechenden Teilen der TR Boden 2004.4 In § 7 BBodSchV werden die besonderen Anforderungen in Bezug auf die durchwurzelbare Bodenschicht im Wesentlichen aus § 12 BBodSchV a.F. übernommen. In § 8 BBodSchV werden die besonderen Anforderungen für das Auf- oder Einbringen unterhalb oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht, insbesondere in Bezug auf die Schadstoffgehalte, normiert, die sich an der TR Boden 2004 orientieren. Gleichzeitig werden Abweichungsmöglichkeiten für Einzelfälle und Länderregelungen geregelt. § 28 BBodSchV enthält eine Übergangsregelung für die Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauten. 3 BVerwG, Urteil vom 22. November 2018 – 7 C 11/17 –, juris, Rn. 24. 4 BT-Drucks. 19/29636, S. 190. 2

Abgrenzung des Anwendungsbereiches zur EBV 1. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchV gilt diese nicht für den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke, soweit dieser nach Maßgabe der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) erfolgt. Der Anwendungsbereich der BBodSchV ist somit von der EBV abzugrenzen. Der Einbau von Materialen nach den §§ 6 bis 8 BBodSchV wird auch als „bodenähnliche Anwendung“ bezeichnet.5 Dieser ist abzugrenzen von der Verwendung mineralischer Abfälle in technischen Bauwerken zur Erfüllung einer technischen Funktion nach der EBV. Voraussetzung für eine bodenähnliche Anwendung ist, dass das Material nach dem Auf- oder Einbringen wieder als Bestandteil des Ökosystems Bodenfunktionen übernehmen kann.6 Ein technisches Bauwerk nach § 2 Nr. 3 EBV stellt hingegen jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die nach einer Einbauweise der Anlage 2 oder 3 der EBV errichtet wird, dar. Hierzu gehören insbesondere Straßen, Wege und Parkplätze, Baustraßen, Schienenverkehrswege, Lager-, Stell- und sonstige befestigte Flächen, Leitungsgräben und Baugruben, Hinterfüllungen und Erdbaumaßnahmen, beispielsweise Lärm- und Sichtschutzwälle und Aufschüttungen zur Stabilisierung von Böschungen und Bermen. Liegt keine technische Funktion vor und übernimmt das eingebrachte Material eine Bodenfunktion, ist die BBodSchV anzuwenden. 2. § 6 BBodSchV – Allgemeine Anforderungen an das Aus- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden Der neue § 6 BBodSchV gilt nun sowohl für durchwurzelbare als auch für nicht- durchwurzelbare Bodenschicht. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV regelt den allgemeinen Anwendungsbereich der §§ 6 bis 8 BBodSchV. Zu diesem zählt insbesondere die Rekultivierung, die Wiedernutzbarmachung, der Landschaftsbau, die landwirtschaftliche und gartenbauliche Folgenutzung und die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht insbesondere auf technischen Bauwerken 5 BT-Drucks. 19/29636, S. 258. 6 BT-Drucks. 19/29636, S. 258. 3

im Sinne des § 2 Nr. 3 EBV und auf Deichen. Die §§ 6 bis 8 BBodSchV gelten nicht im Bereich eines für verbindlich erklärten Sanierungsplanes, § 6 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV. Die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht ist ein Unterfall des Auf- und Einbringens von Materialien und unterfällt damit künftig grundsätzlich und unabhängig vom Aufbringungsort den §§ 6 bis 8 BBodSchV.7 § 6 Abs. 2 BBodSchV regelt hierbei die allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Auf- oder Einbringens von Materialien auf den Boden und entspricht im Wesentlichen § 12 Abs. 2 BBodSchV a.F.: „(2) Das Auf- und Einbringen von Materialien oder die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht ist nur zulässig, wenn 1. nach Art, Menge, Schadstoffgehalten, Schadstoffkonzentrationen und physikalischen Eigenschaften der Materialien sowie nach den Schadstoffgehalten der Böden am Ort des Auf- und Einbringens das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung nach § 3 nicht zu besorgen ist und 2. mindestens eine der in § 2 Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes verbessert, gesichert oder wiederhergestellt wird.“ genannten Bodenfunktionen nachhaltig Als Bodenfunktion kommen damit die Funktion als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, als Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers, und als Nutzungsfunktion als Fläche für Siedlung und Erholung und als Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung in Betracht. § 6 Abs. 3 BBodSchV modifiziert die bereits in § 12 Abs. 2 Satz 2 BBodSchV a.F. enthaltene Freistellung bei der Zwischenlagerung und Umlagerung von Bodenmaterial und Baggergut. Bodenmaterial ist gemäß § 2 Nr. 6 BBodSchV Material aus dem Oberboden, dem Unterboden oder dem Untergrund, das ausgehoben, abgeschoben, abgetragen oder in einer Aufbereitungsanlage behandelt wird oder wurde. Baggergut im Sinne von § 2 Nr. 7 BBodSchV ist Material, das im Rahmen von Unterhaltungs-, Neu- und Ausbaumaßnahmen oder bei Maßnahmen der Errichtung, Unterhaltung oder Stilllegung von Anlagen in, an, über 7 BT-Drucks. 19/29636, S. 259. 4

und unter oberirdischen Gewässern entnommen wurde. Baggergut kann bestehen aus Sedimenten und Material aus subhydrischen Böden der Gewässersohle, aus dem Oberboden, dem Unterboden oder dem Untergrund im unmittelbaren Umfeld des Gewässerbettes oder aus Material aus Oberböden im Ufer- und Überschwemmungsbereich des Gewässers. § 6 Abs. 3 BBodSchV bestimmt, dass Bodenmaterial und Baggergut künftig am Herkunftsort oder in dessen räumlichen Umfeld unter vergleichbaren Bodenverhältnissen sowie geologischen und hydrogeologischen Bedingungen umgelagert werden kann, wenn keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Altlast oder sonstigen schädlichen Bodenveränderungen aufgrund von Schadstoffgehalten ersichtlich sind. Der verwendete Begriff des Umlagerns umfasst dabei auch das Zwischenlagern von Materialien am Herkunftsort oder im räumlichen Umfeld.8 § 6 Abs. 6 Nr. 3 BBodSchV bestimmt für die Umlagerung weiter, dass von einer analytischen Untersuchung von Bodenmaterial und Baggergut nach § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 BBodSchV abgesehen werden kann, wenn das Vorliegen einer Altlast oder sonstigen schädlichen Bodenveränderung aufgrund von Schadstoffgehalten auszuschließen ist und durch die Umlagerung das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung nicht zu besorgen ist. § 6 Abs. 4 BBodSchV enthält Sonderregelungen für die Umlagerung von Bodenmaterial innerhalb von Gebieten oder räumlich abgegrenzten Industriestandorten (sog. „Brownfields“) mit erhöhten Schadstoffgehalten in Böden. Dies gilt auch für Gebiete und räumlich abgegrenzte Industriestandorte mit mehr als 10 Volumenprozent mineralischer Fremdbestandteile in Böden. § 6 Abs. 4 BBodSchV übernimmt die gebietsbezogene Freistellungsklausel des § 12 Abs. 10 BBodSchV a.F. und erweitert diese auf die nicht- durchwurzelbare Bodenschicht. Die Behörde legt nach § 6 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV Gebiete oder Standorte mit erhöhten Schadstoffgehalten im Einzelfall der Bewertung zugrunde oder allgemein fest. In Gebieten mit erhöhten Schadstoffgehalten kann die Behörde Ausnahmen von § 7 Abs. 3 BBodSchV zulassen. § 6 Abs. 5 BBodSchV fasst die in § 12 Abs. 3 BBodSchV a.F. enthaltenen Untersuchungs- pflichten neu und präzisiert diese. Aufgegriffen wird dabei das in der TR Boden 2004 und der enthaltene Untersuchungskonzept.9 Der 12 BBodSchV § Vollzugshilfe zu Mindestuntersuchungsumfang ergibt sich aus der in Anlage 1 Tabellen 1 und 2 der BBodSchV aufgeführten anorganischen und organischen Stoffen. Sollten Hinweise auf weitere Belastungen vorliegen, etwa durch die vorherige Grundstücksnutzung, so muss nach § 6 Abs. 5 Satz 3 BBodSchV auf weitere Parameter untersucht werden. 8 BT-Drucks. 19/29636, S. 259. 9 BT-Drucks. 19/29636, S. 260. 5

Nach § 6 Abs. 7 BBodSchV sind die Untersuchungsergebnisse nach § 6 Abs. 5 BBodSchV oder das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 6 BBodSchV spätestens vor dem Auf- oder Einbringen zu dokumentieren und für 10 Jahre nach Beendigung der Gesamtmaßnahme aufzubewahren. § 6 Abs. 8 BBodSchV regelt die Pflicht zur Anzeige für das Auf- und Einbringen von Materialien in einem Volumen von mehr als 500 Kubikmetern bei der zuständigen Behörde mindestens zwei Wochen vor Beginn der Auf- oder Einbringmaßnahme. Die Länder können abweichende Regelungen treffen. Zweck ist es der Bodenschutzbehörde ausreichend Gelegenheit zur Überwachung der Maßnahme zu geben.10 § 6 Abs. 9 BBodSchV lehnt sich an § 12 Abs. 9 BBodSchV a.F. an und bestimmt, dass beim Auf- oder Einbringen oder der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht sowie beim Um- oder Zwischenlagern von Materialien Verdichtungen, Vernässungen und sonstige nachteilige Einwirkungen auf den Boden durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden oder wirksam zu vermindern sind. Die entsprechenden Anforderungen der DIN 19639, der DIN 19731 und der DIN 18915 sind zu beachten. Nach § 6 Abs. 10 BBodSchV sind beim Auf- oder Einbringen von Materialien die Anforderungen an einen guten Bodenaufbau und ein stabiles Bodengefüge zu beachten. Die verwendeten Materialien müssen unter Berücksichtigung des jeweiligen Ortes des Auf- oder Einbringens geeignet sein, die für den Standort erforderlichen Bodenfunktionen sowie die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens zu sichern oder herzustellen. Die entsprechenden Anforderungen der DIN 19639 und der DIN 19731 sind zu beachten. § 6 Abs. 11 BBodSchV bestimmt, dass vor dem Auf- oder Einbringen von Materialien in den Unterboden oder Untergrund bei Hinweisen auf erhöhte Gehalte an organischem Kohlenstoff der Gehalt an organischem Kohlenstoff nach Anlage 3 Tabelle 1 der BBodSchV zu bestimmen ist. Organischer Kohlenstoff ist an sich kein Schadstoff. Gleichwohl kann ein hoher TOC-Wert (total organic carbon) ein Indikator für die unerwünschte Beimengung von Abfällen sein. Ebenfalls kann es beim nicht standorttypischen Einbau von Bodenmaterial mit einem hohen organischen Anteil durch Abbau- und Umsetzungsprozesse zu unerwünschten Auswirkungen auf Atmosphäre, Gewässer und Böden kommen. Nach der TR Boden 2004 war Bodenmaterial mit hohem TOC vom Auf- oder Einbringen unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht ausgeschlossen, um negative Auswirkungen zu begrenzen. Dies führte allerdings zum Ausschluss der Verwertung. Diese negativen Auswirkungen 10 BT-Drucks. 19/29636, S. 261. 6

lassen sich allerdings durch das Befolgen von Einbauregeln minimieren.11 Beträgt der Gehalt an organischem Kohlenstoff mehr als 1 Masseprozent, dürfen die Materialien nach § 6 Abs. 11 Satz 2 BBodSchV nur auf- oder eingebracht werden, wenn der organische Kohlenstoff in den Materialien natürlich vorkommt oder auf einen zulässigen Anteil an mineralischen Fremdbestandteilen zurückzuführen ist und die Materialien nicht aus dem Oberboden stammen. Das Einbringen von nährstoffreichen organischen Materialien, insbesondere Klärschlamm, Kompost oder Gärsubstrate, in den Unterboden oder Untergrund ist auch im Gemisch mit Bodenmaterial, Baggergut oder anderen mineralischen Materialien unzulässig. § 6 Abs. 12 BBodSchV ermächtigt die Behörde entsprechende Nachweise über die Erfüllung der Anforderungen der in § 6 Abs. 9 bis 11 BBodSchV genannten Anforderungen zu verlangen. 3. § 7 BBodSchV - Zusätzliche Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht § 7 BBodSchV regelt weitere Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien speziell für durchwurzelbare Bodenschichten. § 7 Abs. 1 BBodSchV greift die Anforderungen von § 12 Abs. 1 BBodSchV a.F. auf. Für das Auf- oder Einbringen auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht sowie für die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht dürfen Bodenmaterial und Baggergut bzw. Gemische aus Bodenmaterial und Baggergut mit Abfällen, die den Vorgaben der Bioabfallverordnung (BioAbfV) und der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) entsprechen, verwendet werden. Der Anteil an mineralischen Fremdbestandteilen darf 10 Volumenprozent nicht überschreiten und Störstoffe sind nur in einem vernachlässigbaren und unvermeidbaren Anteil zulässig. Das Einbringen von nährstoffreichen organischen Materialien, insbesondere Klärschlamm, Kompost oder Gärsubstrate, in den Unterboden oder Untergrund ist auch im Gemisch mit Bodenmaterial, Baggergut oder anderen mineralischen Materialien unzulässig; § 6 Abs. 11 Satz 4 BBodSchV. § 7 Abs. 5 BBodSchV bestimmt ferner, dass die Nährstoffzufuhr durch das Auf- oder Einbringen der Materialien nach Menge und Verfügbarkeit dem Pflanzenbedarf der Folgevegetation anzupassen ist, um insbesondere Nährstoffeinträge in Gewässer zu vermeiden. 11 BT-Drucks. 19/29636, S. 262. 7

Abzugrenzen ist die Anwendung von § 7 BBodSchV zur Anwendung der BioAbfV und der AbfKlärV. Wegen der in § 3 BBodSchG geregelten Subsidiarität des Bodenschutzrechts gilt § 7 BBodSchV nur, wenn die BioAbfV und AbfKlärV nicht greifen. Dies ist etwa der Fall für Maßnahmen der Auf- und Einbringung von Klärschlämmen und Komposten sowie von Klärschlamm- und Kompostgemischen, die vom Regelungsbereich der BioAbfV und/oder AbfKlärV nicht erfasst sind, etwa bei Haus-, Nutz- und Kleingärten.12 § 7 Abs. 2 BBodSchV stellt klar, wann das Auf- oder Einbringen von Materialien bedenkenlos möglich ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die zulässigen Materialien die Vorsorgewerte der BBodSchV oder als BM-0 oder BG-0 nach der EBV klassifiziert wurden und auf Grund der Herkunft und bisherigen Nutzung keine Hinweise auf weitere Belastungen vorliegen. In diesem Fall ist auch keine wasserrechtliche Erlaubnis nötig; § 7 Abs. 2 Satz 2 BBodSchV. Für die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht mit landwirtschaftlicher oder gartenbaulicher Folgenutzung legt § 7 Abs. 3 BBodSchV fest, dass die Schadstoffgehalte in der entstandenen durchwurzelbaren Bodenschicht 70 Prozent der jeweiligen Vorsorgewerte nach Anlage 1 Tabelle 1 und 2 der BBodSchV nicht überschreiten dürfen. § 7 Abs. 4 BBodSchV bestimmt in diesem Zusammenhang ferner, dass die Ertragsfähigkeit der Böden nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird. § 7 Abs. 6 BBodSchV erweitert den bisherigen § 12 Abs. 8 BBodSchV a.F. um eine weitere Fallgestaltung. So sind nun auch bei Vorliegen von landwirtschaftlichen Gründen Aus- nahmen vom Aufbringungsverbot, im Benehmen mit der Bodenschutzbehörde, auf bestimmten Flächen möglich. Eine Sonderregelung zu § 6 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchV enthält § 7 Abs. 7 BBodSchV für das Auf- und Einbringen von abgetragenem Bodenmaterial nach Erosionsereignissen, Bodenmaterial aus der Reinigung landwirtschaftlicher Ernteprodukte oder Baggergut aus der Unterhaltung von Entwässerungsgräben. Werden diese im räumlichen Umfeld des Herkunftsortes unter vergleichbaren Bodenverhältnissen sowie geologischen und hydrogeologischen Bedingungen eingebracht, ist eine schädliche Bodenveränderung im Sinne des § 6 Abs. 2 BBodSchV aufgrund von Schadstoffgehalten nicht zu besorgen. 12 LABO Vollzugshilfe zu §§ 6 – 8 BBodSchV, Stand: 16.02.2023, S. 82. 8

§ 8 BBodSchV – Zusätzliche Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht 4. § 8 BBodSchV regelt zusätzliche Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht. Er adressiert damit beispielsweise die Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauten. § 8 Abs. 1 BBodSchV definiert die zugelassenen Materialien für das Auf- oder Einbringen. Es handelt sich hierbei um Bodenmaterial ohne Oberboden und Baggergut, dass aus Sanden und Kiesen besteht und dessen Feinkornanteil, der kleiner als 63 Mikrometer ist, höchstens 10 Masseprozent beträgt. Diese Materialien dürfen grundsätzlich, entsprechend der bisher geltenden TR Boden 2004 und der Vollzugspraxis der Länder, nicht mehr als 10 Volumenprozent an mineralischen Fremdbestandteilen und nur vernachlässigbaren Anteilen an Störstoffen enthalten. § 8 Abs. 2 BBodSchV stellt klar, dass auch Materialien eingebracht werden dürfen, die die Vorsorgewerte nach Anlage 1 Tabelle 1 und 2 der BBodSchV einhalten oder nach Anlage 1 Tabelle 3 der EBV als Bodenmaterial der Klasse 0 oder Baggergut der Klasse 0 Sand – BM- 0 oder BG-0 Sand – klassifiziert wurden und auf Grund von Herkunft und bisheriger Nutzung keine Hinweise auf weitere Belastungen der Materialien vorliegen. § 8 Abs. 3 BBodSchV enthält, entsprechend der bisher geltenden TR Boden 2004, eine Erweiterung für die Verfüllung von Abgrabung. Neu eingefügt wurde der Begriff „Tagebau“ wodurch klargestellt wird, dass die an der Tagesoberfläche liegenden Gewinnungsbetriebe, die unter das Bundesberggesetz (BBergG) fallen, den Sonderreglungen des § 8 Abs. 3 BBodSchV unterfallen.13 Ausgedehnt wird der Regelungsbereich auf die für die Baupraxis relevante Fallgestaltung des Massenausgleichs. Sind die Anforderungen nach § 8 Abs. 2 oder 3 BBodSchV erfüllt bedarf es keiner wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). § 8 Abs. 5 BBodSchV enthält Sonderregelungen für Wasserschutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete und empfindliche Gebiete, wie Karstgebiete und Gebiete mit stark klüftigem, besonders wasserwegsamen Untergrund. 13 BT-Drucks. 19/29636, S. 262. 9

Nach § 8 Abs. 6 BBodSchV kann die zuständige Behörde bei der Verfüllung einer Abgrabung oder eines Tagebaus den Einbau anderer als der in § 8 Abs. 1 BBodSchV genannten mineralischen Materialien aus bau- und betriebstechnischen Gründen zulassen. § 8 Abs. 7 BBodSchV ermöglicht es der Zulassungsbehörde im Einvernehmen mit der Bodenschutzbehörde weitere Ausnahmen für die Verfüllung von Abgrabungen zuzulassen. Dies betrifft sowohl stoffliche als auch substantielle Eigenschaften des Materials. Notwendig ist es hierfür, dass die Werte nach Anlage 1 Tabelle 4 der BBodSchV nicht erheblich überschritten werden und nachgewiesen wird, dass trotz Überschreitung eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung erfolgt. Dabei sind die Standortverhältnisse, insbesondere die geologischen und hydrogeologischen Bedingungen, die natürlichen Bodenfunktionen des Untergrundes und der Umgebung sowie etwa bereits vorhandene Verfüllkörper zu berücksichtigen. Fraglich ist, ob § 8 Abs. 7 BBodSchV auch für die Verfüllung von Tagebauten gilt, da der Wortlaut der Norm diese nicht erwähnt. Dabei dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen handeln.14 Insofern ist zunächst festzuhalten, dass Abgrabungen und Tagebauten sich lediglich nach ihrem Zulassungsregime unterscheiden. Abgrabungen werden in der Regel baurechtlich bzw. nach den in den Bundesländern einschlägigen Abgrabungsgesetzen genehmigt, da es sich bei dem abzubauenden Rohstoff nicht um Bodenschätze im Sinne des BBergG handelt. Tagebauten werden nach dem BBergG zugelassen. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Abgrabungen und Tagebauten ist daher nicht ersichtlich. Der Bundesrat hat im Rechtssetzungsverfahren in Bezug auf § 8 Abs. 3 BBodSchV darauf hingewiesen, dass der Begriff „Abgrabungen“ nicht synonym für „Tagebauten“ verwendet werden kann, wovon der Verordnungsgeber wohl ausgegangen ist.15 Darauf hat die Bundesregierung in § 8 Abs. 3 und 6 BBodSchV den Begriff „Tagebauten“ ergänzt. In § 8 Abs. 7 BBodSchV wurde der Begriff „Tagebauten“ aber nicht ergänzt. Für ein redaktionelles Versehen spricht, dass hinsichtlich § 8 Abs. 6 BBodSchV der Bundesrat einen Formulierungsvorschlag unterbreitet hatte, der übernommen wurde. Die Ergänzung des § 8 Abs. 7 BBodSchV dürfte schlicht übersehen worden sein. Dafür spricht auch, dass die die TR Boden 2004 unter den Begriff „Verfüllung von Abgrabungen“ auch Tagebauten nach dem BBergG gefasst hatte und § 8 BBodSchV dem Konzept der TR Boden 2004 folgt.16 In der TR Boden 2004 ist der Begriff Abgrabungen wie folgt definiert: 14 Vgl. dazu Steiner, Schwertner, Blatt, Peine, altlasten spektrum 2023, S. 55 (59). 15 BR-Drucks. 587/20, S. 182 f. 16 BT-Drucks. 19/29636, S. 258. 10

„Abgrabungen sind Gewinnungsgebiete für feste mineralische Rohstoffe in offener Grube zur Gewinnung von Steinen und Erden. Unter Abgrabungen im Sinne dieser Begriffsbestimmung fallen auch solche Abbaustätten, die als Tagebaue nach BBergG zugelassen worden sind, jedoch keine bergbaulichen Besonderheiten aufweisen, und die mit dem Ziel der Herstellung natürlicher Bodenfunktionen verfüllt werden sollen. Nicht dazu gehören Tagebaue der Braunkohle.“17 Zur Klarstellung sollte bei der nächsten Änderung der BBodSchV § 8 Abs. 7 BBodSchV insoweit redaktionell angepasst werden, um Rechtsklarheit zu schaffen. Den Ländern ist es durch die Länderöffnungsklausel des § 8 Abs. 8 BBodSchV gestattet, abweichende Regelungen für Verfüllungen zu treffen. Die angestrebte einheitliche Rechtslage wird daher voraussichtlich nicht eintreten. Zu der erforderlichen Rechtsqualität der abweichenden Länderregelungen äußert sich § 8 Abs. 8 BBodSchV nicht. Zu diskutieren ist, ob hier entsprechend dem zweiten Tongruben-Urteil des BVerwG eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift erforderlich ist. 5. Übergangsvorschriften § 28 Abs. 1 BBodSchV enthält eine Übergangsvorschrift für die Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauten. § 28 Abs. 1 BBodSchV nennt wie § 8 Abs. 7 BBodSchV Tagebauten nicht, sondern nur Abgrabungen. Insofern dürfte es sich ebenfalls um ein redaktionelles Versehen handeln, wie bereits zuvor ausgeführt wurde. Für Zulassungen von Abgrabungen und Tagebauten, die vor dem 16. Juli 2021 erteilt wurden und die Anforderungen an die auf- oder einzubringenden Materialien festlegen, sind die Anforderungen der BBodSchV erst ab dem 1. August 2031 einzuhalten. Dies bedeutet, dass die Verfüllung sich nach wie vor nach den Materialwerten richtet, die in der Zulassung genannt sind. 17 Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen: Teil II: Technische Regeln für die Verwertung, 1.2 Bodenmaterial (TR Boden), Stand: 05.11.2004, S. 8 Fn. 5. 11

Dr. Norbert Feldwisch Auswirkungen der novellierten BBodSchV auf den Umgang mit Boden(material) im Vollzug 1. Entwicklung des Bodenschutzrechts Vor mehr als 24 Jahren wurde der Bodenschutz erstmals eigenständig gesetzlich geregelt: Das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) fordern, dass Böden und ihre natürlichen Funktionen im Naturhaushalt zu sichern oder wiederherzustellen sind. Nun ist die BBodSchV (neue Fassung, n. F.) im Zuge der Mantelverordnung vom 09.07.20211 novelliert und um wesentliche Inhalte zum vorsorgenden Bodenschutz ergänzt worden. Damit wird der Fokus im Bodenschutzvollzug auf stoffliche Fragestellungen, der in der Tradition der Altlastenbearbeitung verbreitet herrschte, aufgehoben und um bodenphysikalische Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes ergänzt. Dieser rechtlichen Entwicklung werden die Neuerungen im Normenwesen gerecht. Die rechtliche Pflicht zur Erhaltung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen bei der temporären baulichen Beanspruchung von Böden wird von den beiden abgestimmten Normen DIN 18915 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten“2 und DIN 19639 „Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben“3 fachlich ausführlich untermauert. In diese Reihe ist auch die in der vollständig überarbeiteten Entwurfsfassung vorliegende DIN 19731 „Bodenbeschaffenheit - Verwertung von Bodenmaterial und Baggergut“4 einzugliedern. Angesichts der rechtlichen und normativen Neuerungen liegen nunmehr dezidierte Anforderungen zum vorsorgenden Bodenschutz bei Baumaßnahmen vor. Ziel des Beitrags ist es, diese Neuerungen mit ihren Auswirkungen auf die Bodenschutzpraxis aus Sicht eines Bodengutachters zu betrachten. 2. Rechtliche Änderungen in BBodSchV n. F. im Hinblick auf den Bodenschutz beim Bauen Die Änderungen der BBodSchV n. F. im Vergleich zur Vorgängerversion sind im Beitrag von Dr. Peine weitgehend aufgeführt, wobei Dr. Peine den Fokus auf die §§ 6 bis 8 BBodSchV n. F. gelegt hat. Darüber hinaus sind noch einige weitere Änderungen für die Praxis des 1 Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung vom 09.07.2021, BGBl. 2021 Teil I Nr. 43, S. 2598 ff. 2 DIN 18915: 2018-06 – Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten. Beuth Verlag, Berlin. 3 DIN 19639: 2019-09 – Bodenschutz bei der Planung und Ausführung von Bauvorhaben. Beuth Verlag, Berlin. 4 DIN 19731: Neufassung 2023 – Bodenbeschaffenheit, Verwertung von Bodenmaterial. Beuth Verlag, Berlin. (Veröffentlichung in Vorbereitung)

Bodenschutzes beim Bauen bedeutsam und werden in diesem Beitrag ergänzend aufgeführt. Bei der Vorsorge gegen das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung wird nun in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBodSchV n. F. klargestellt, dass schädliche Bodenveränderungen in der Regel auch dann zu besorgen sind, wenn physikalische Einwirkungen das Bodengefüge verändern, und dadurch die natürlichen Bodenfunktionen sowie die Nutzungsfunktion als Standort für die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung erheblich beeinträchtigt werden können. Damit wird der Schutzanspruch auch gegen physikalische Beeinträchtigungen unterstrichen. Unter den Vorsorgeanforderungen nach § 4 Abs. 3 BBodSchV n. F. wird ausgeführt, dass in den Fällen des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 [physikalische Einwirkungen auf das Bodengefüge] die nach § 7 Satz 1 des BBodSchG Pflichtigen Vorkehrungen zu treffen haben, um die physikalischen Einwirkungen zu vermeiden oder wirksam zu vermindern, soweit dies auch im Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstücks verhältnismäßig ist. Auf Verlangen der zuständigen Behörde sind Untersuchungen der physikalischen Bodeneigenschaften am Standort durchzuführen. Damit wird der Besorgnisgrundsatz nach § 7 BBodSchG nunmehr auch zweifelsfrei auf physikalische Beeinträchtigungen erweitert. Weiterhin wird klargestellt, dass die zuständige Behörde auch entsprechende bodenphysikalische Untersuchungen einfordern kann. Ein Novum in der deutschen Gesetzgebung ist die Ermächtigung der zuständigen Behörde, dass sie eine bodenkundliche Baubegleitung (BBB) verlangen kann. Weder für die in der Baupraxis bekannte Ökologische Baubegleitung noch für die Umweltbaubegleitung gibt es eine äquivalente rechtliche Verankerung im deutschen Umweltrecht. Die in § 4 Abs. 5 BBodSchV n. F. formulierten Bedingungen für das Verlangen einer Bodenkundlichen Baubegleitung, dass bei einem Vorhaben auf einer Fläche von mehr als 3.000 Quadratmetern Materialien auf oder in den Boden auf- oder eingebracht wird, Bodenmaterial aus dem Ober- oder Unterboden ausgehoben oder abgeschoben wird oder Ober- oder Unterboden dauerhaft oder vorübergehend vollständig oder teilweise verdichtet wird, wird von der Vollzugspraxis weit ausgelegt. So wird im Bodenschutzvollzug teilweise auch bei kleineren Vorhaben eine BBB verlangt, wenn besonders schutzwürdige oder besonders empfindliche Böden bauzeitlich beansprucht werden. Insofern ist für den Bodenschutzvollzug nicht eine starre Mindestgröße ermessensleitend. Stattdessen sollte die Erforderlichkeit einer BBB anhand der Bedingungen des Einzelfalls beurteilt werden. Angesichts der Ergänzungen um den physikalischen Bodenschutz zur Vorsorge gegen das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung hat der Bodenschutzvollzug nunmehr eine zweifelsfreie und gute Rechtsgrundlage, bei Genehmigungsvorhaben den Schutz der Bodenfunktionen bei bauzeitlich beanspruchten Böden einzufordern. Im Gegensatz zu den positiven Änderungen BBodSchV n. F. fehlen allerdings weiterhin Anforderungen an die Untersuchung und Bewertung von physikalischen Bodenbeeinträchtigungen. So konzentrieren sich die Ausführungen zur orientierenden Untersuchung, Detailuntersuchung und Sanierungsuntersuchung und deren Bewertung wiederum ausschließlich auf stoffliche Fragestellungen. Auch wird nichts zu geeigneten bodenphysikalischen Probenahmeverfahren, zur Probenahmeplanung oder zu Analyseverfahren ausgeführt. Folgerichtig werden Ordnungswidrigkeiten nur für stoffliche Einwirkungen definiert. Im Übrigen ist auch nicht vorgesehen, dass sich der Fachbeirat mit Bodenuntersuchungen mit bodenphysikalischen Untersuchungsmethoden und deren

Fortentwicklung auseinandersetzen soll. Diese offenen Punkte sind bereits von Feldwisch (2015)5 angesprochen und bei der endgültigen Novellierung leider nicht aufgegriffen worden. 3. Auswirkungen auf die Bodenschutzpraxis 3.1 Planungs- und Genehmigungspraxis In großen Planungsverfahren wurden in den vergangenen Jahren regelmäßig eigenständige Bodenschutzkonzepte erstellt und Bodenkundliche Baubegleitungen durchgeführt. In diese Richtung haben bereits die Veröffentlichungen des Bundesverbandes Boden (2013)6 und der DIN 19639 gewirkt. Seit der Veröffentlichung der Mantelverordnung vom 09.07.2021 und speziell der damit einhergehenden Novellierung der BBodSchV greifen die zuständigen Behörden vermehrt auf die Ermächtigung nach § 4 Abs. 6 BBodSchV n. F. zurück und fordern in Genehmigungsverfahren eine Bodenkundliche Baubegleitung inkl. der Erstellung eines Bodenschutzkonzeptes ein. 3.2 Baupraxis 3.2.1 Bauvergabe Beschreibungen und Verzeichnisse für Bauleistungen greifen vermehrt die Belange des vorsorgenden Bodenschutzes auf, verharren allerdings nicht selten in sehr allgemeinen Ausführungen wie zum Beispiel „…ist bodenschonend auszuführen…“, zum Teil versetzt mit der Ergänzung „nach DIN 19639“. Im Sinne eines möglichst reibungsarmen Verhältnisses zwischen Vorhabenträgerin und Baufirma empfiehlt sich eine hinreichend genaue Beschreibung der geforderten Leistungen, um der im Baugewerbe nicht unüblichen Behinderungs- und Nachtragspraxis vorzubeugen. Auch sollte die Vorhabenträgerin sich nicht allein darauf verlassen, dass bei VOB-Vergaben über den Teil C die DIN 18915 mit ihren bodenschutzfachlichen Anforderungen, die mit der DIN 19639 abgestimmt und inhaltsgleich sind, verbindlicher Teil der Baubeauftragung ist. Vielen Baufirmen sind spezielle bodenschutzfachliche Anforderungen an den schonenden Umgang mit Boden immer noch nicht geläufig. Unabhängig von den generell gültigen bodenschutz- und vergaberechtlichen Pflichten eines beauftragten Bauunternehmens sollte das Verhältnis zwischen Vorhabenträgerin und Baufirma nicht allein dadurch belastet werden, dass die Ausschreibungsunterlagen die eingeforderten Bodenschutzmaßnahmen nicht mit hinreichender Genauigkeit darlegen. 3.2.2 Vergabe einer Bodenkundlichen Baubegleitung (BBB) Die Ausschreibung und Vergabe einer BBB wird zumeist mit dem Verweis auf die DIN 19639 vorgenommen. Gleichwohl wird die geschuldete Leistung der BBB nicht selten unpräzise beschrieben. 5 Feldwisch, N. (2015): Novellierung der BBodSchV – Anforderungen des vorsorgenden physikalischen Bodenschutzes. ZBOS 4-2015, S. 116-119. 6 Bodenkundliche Baubegleitung BBB. Leitfaden für die Praxis. BVB-Merkblatt Band 2. Erich Schmidt Verlag Berlin. ISBN 978-3-503-15436-4.

Die BBB wird in der Praxis der Ausschreibung und Beauftragung mit unterschiedlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten verbunden. Das liegt unter anderem daran, dass Vorhabenträger, Fachverbände und Behörden unterschiedliche Erwartungen an die Inhalte einer BBB stellen. Im Kern können zwei Ansätze unterschieden werden: • Die BBB wird als Dienstleistung mit beratendem Charakter verstanden. Mithin wird der BBB weder ein Weisungsrecht noch eine Überwachungspflicht zugeordnet. Vielmehr berät die BBB den Vorhabenträger und andere Baubeteiligte, wie die bodenschutzrechtlichen und -fachlichen, normativen und genehmigungsrelevanten Anforderungen und Vorgaben fachgerecht während der Bauausführung umgesetzt werden können. • Der BBB werden neben den beratenden Funktionen auch Überwachungs- und Kontrollfunktionen zugeordnet, die als Werksleistung einzustufen sind und der Verantwortlichkeit entsprechend mit eigenständigen Weisungsbefugnissen ausgestattet sind bzw. sein müssten. Generell sind die Vertragspartner frei, welche Aufgaben und Pflichten sie für ein konkretes Vorhaben vereinbaren und der BBB zuordnen. Gleichwohl sollten Abgrenzungsfragen zur eigenständigen Bauüberwachung nach HOAI bedacht werden. Weiterhin sind damit Haftungs- und Versicherungsfragen verbunden, die in die Entscheidung mit einbezogen werden sollten. Ausschreibungen und Beauftragungen einer Bodenkundlichen Baubegleitung einerseits sowie behördliche Anforderungen an die Bodenkundliche Baubegleitung sollten also bewusst mit den unterschiedlichen Begrifflichkeiten umgehen, damit nicht etwas anderes zum Ausdruck gebracht wird, als tatsächlich angestrebt wird. In der Praxis wird die sprachliche Differenzierung zwischen der beratenden und der überwachenden Funktion nicht immer in ausreichendem Maße berücksichtigt. In der Folge ist das Leistungsbild der BBB in solchen Fällen unklar und kann während des Vorhabens Fragen zu geschuldeten Leistungen und Verantwortlichkeiten aufwerfen. Das sollte im Interesse aller Beteiligten vermieden werden. 3.2.3 Bodenkundliche Beweissicherung Auch bei der bodenkundlichen Beweissicherung ist die Praxis derzeit sehr unterschiedlich. Bei einigen Vorhaben wird sehr viel gemessen bzw. werden entsprechende bodenkundliche Messungen von betroffenen Landwirten und zuständigen Behörden eingefordert, bei anderen Vorhaben wird allein anhand von Bodenkarten und Luftbildaufnahmen und allenfalls vereinzelten bodenkundlichen Erkundungen vor Ort eine Bestandserfassung vor Baustart durchgeführt. Diese Vielfalt geht zum einen auf die Größe des Vorhabens zurück; sind nur einzelne Flächen betroffen, dann lässt sich eine detailliertere bodenkundliche Beweissicherung eher realisieren als bei hunderten bis tausenden betroffenen Flächen bei großen Linienbauvorhaben. Entscheidend sollte wiederum die Geeignetheit der Messmethoden und die Erforderlichkeit der Erfassungsintensität in Verbindung mit der baupraktischen Realisierbarkeit der bodenkundlichen Beweissicherung sein. Eine schlagbezogene bodenkundliche Beweissicherung kann insbesondere mit Auswertungen von aktuellen, großmaßstäbigen Luftbildern durchgeführt werden (BVB 2013). Damit lassen sich räumliche Kontraste des Pflanzenaufwuchs sowie der Bodenfarbe bzw. der Bodenfeuchte identifizieren. Derartige Kontraste können Hinweise auf unterschiedliche Bodeneigenschaften oder auch Vorschädigungen bzw. baubedingte Schäden geben. Die

Eignung von Luftbildern hängt vom Aufnahmezeitpunkt ab; zu bevorzugen sind Luftbilder aus der Phase der Abtrocknung der Bodenoberfläche und des Vegetationsbeginns im Frühjahr sowie aus der Phase der Abreife der flächig verbreiteten Getreide- und Rapsbestände, weil dann Kontraste regelmäßig sehr gut zu erkennen sind. Die Auswertung setzt bodenkundliche Kenntnisse und Erfahrungen voraus. Viele Vorhabenträgerinnen sehen mittlerweile eine gezielte Befliegung im Vorfeld der Baumaßnahme vor. Terrestrische Bodenaufnahmen jeder Bewirtschaftungseinheit mittels Bohrungen oder Bodenschürfen, die über die Richtwerte für übliche Bohrpunktdichten nach DIN 19639 Kap. 5.1 hinausgehen, sind bodenschutzfachlich nicht unbedingt erforderlich. Im Einzelfall können Bauabschnitte, die entweder im Luftbild auffällige Strukturen erkennen lassen oder die anhand der Bodendaten besonders empfindlich gegenüber den Bauwirkungen reagieren, mit angepassten Bodenuntersuchungen gesondert erfasst und beweisgesichert werden. Die Beurteilung etwaiger baubedingter Bodenbeeinträchtigungen kann in der Regel nach Bauabschluss anhand von gezielten Bodenuntersuchungen in der beanstandeten Baufläche im Vergleich zu einer neben dem Baufeld liegenden Referenzfläche effizient erfolgen. Die erforderlichen bodenkundlichen Methoden zur Beweissicherung können so gezielt an die Bedingungen des Einzelfalls angepasst werden. Im Regelfall sind das die Erfassung des Bodenprofils entsprechend des Mindestdatensatzes nach DIN 19639 in Verbindung mit der Erfassung des Bodengefüges nach DIN 19682-107. Aufwändige Laboranalysen wie insbesondere Untersuchungen zur Trockenrohdichte, Porengrößenverteilung oder zur Nähr- und Schadstoffsituation bleiben regelmäßig Einzelfällen entsprechend der jeweiligen Erforderlichkeit vorbehalten. Bodenkundliche Erfassungen der Bauauswirkungen während der baulichen Umsetzung beschränken sich im Regelfall auf eine fotografische Dokumentation von Zwischenzuständen und etwaigen Beeinträchtigungen. In vielen Fällen wird nach Bauabschluss insbesondere eine schädliche Verdichtung, eine zu geringe Mächtigkeit des Oberbodens und/oder ein zu hoher Steingehalt der Böden moniert. Auch diese häufigen Beanstandungen können mit der oben beschriebenen anlassbezogenen Untersuchung erfasst und beurteilt werden. Sie können im Regelfall wie folgt beweisgesichert werden: Bodenverdichtungen: • Vor Baubeginn: Auswertungen von Luftbildern im Hinblick auf Aufwuchsbeeinträchtigungen oder Stauwassereffekte bzw. Pfützenbildungen • Nach Bauabschluss: Vergleichende Luftbildauswertungen vor und nach Bau. Im Einzelfall im Gelände nach DIN 19682-10, ggf. nach DIN 19662 (Einschränkungen siehe unten). Im Einzelfall mit Hilfe von ungestörten Bodenproben mittels Stechringen und der Be- stimmung der Trockenrohdichte, im Einzelfall auch der Porengrößenverteilung. 7 DIN 19682-10 - 2014-07 Bodenbeschaffenheit - Felduntersuchungen - Teil 10: Beschreibung und Beurteilung des Bodengefüges. Beuth Verlag, Berlin.

Mächtigkeit des Oberbodens (Bearbeitungs- und damit Auflockerungszustand zwingend zu beachten): • Vor Baubeginn Anhand vorliegender Bohrungen. Im Einzelfall anhand kleiner Bodenschürfe mit dem Spaten. • Während der Bauausführung: Anhand der Profilaufschlüsse an den Böschungen der Baugruben oder Leitungsgräben. Die BBB sollte auf auffällige Abweichungen von den Regelmächtigkeiten achten und dies fotografisch dokumentieren. • Nach Bauabschluss (Regelfall): Anhand von Bohrungen oder Kleinschürfen innerhalb der beanstandeten Fläche und einer geeigneten Referenzfläche neben dem Baufeld. Steingehalt (Bearbeitungszustand zwingend zu beachten mit seinem Einfluss auf die visuell erfassbare Steinbedeckung): • Vor Baubeginn: Im Einzelfall durch Begehung und fotografische Dokumentation. • Nach Bauabschluss (Regelfall): Begehung und fotografische Dokumentation innerhalb der beanstandeten Fläche und einer geeigneten Referenzfläche neben dem Baufeld. Im Zweifelsfall mit Hilfe von Sieblinien (Achtung, repräsentative Beprobung beachten.) Auch kann die BBB in Abstimmung mit der Vorhabenträgerin und der betroffenen Landwirtin bzw. dem betroffenen Landwirt im Einzelfall erforderliche Einzelfalluntersuchungen vornehmen. Zur Unterstützung der bodenschonenden Bauausführung, insbesondere bei der schonenden Rückverfüllung der Leitungsgräben und der Bestimmung des erforderlichen Rückverdichtungsaufwandes, kann es im Zweifelsfall hilfreich sein, die Trockenrohdichten der Baugruben oder Leitungsgrabenrückverfüllung vergleichend zu Referenzflächen außerhalb des Baufeldes zu ermitteln; auf dieser Grundlage kann dann eine Feinjustierung der Rückverfüllung, die gleichzeitig die Wiederherstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht darstellt, erfolgen. Bei allen bodenschutzfachlichen Untersuchungen ist generell der horizontalen und vertikalen Heterogenität der Bodeneigenschaften angemessen Rechnung zu tragen. Einzelmessungen sind zumeist wertlos, weil sie die Bodenzustände nicht repräsentativ erfassen. Bei sogenannten ungestörten Bodenproben mittels Stechringen sind im Regelfall mindestens 4 Wiederholungen, besser mindestens 6 Wiederholungen in unmittelbarer räumlicher Nähe zu gewinnen. Die Bodenschichtungen und Einwirkungstiefen der Bauarbeiten sind fachgerecht bei der Beprobung zu berücksichtigen. Messungen der Eindringwiderstände mit Penetrometern, Künzelstab oder Rammsondierungen sind ohne Kenntnis der Bodenschichtungen und der vertikalen Bodenfeuchteverteilung weitgehend ohne bodenschutzfachliche Aussagekraft.

Vergleichende Untersuchungen im Sinne der DIN 196628 sind möglich; dabei sind zwingend die Randbedingungen zu beachten. Auch ist zwischen einerseits natürlichen, pedogenen Dichtlagerungen und hohen Eindringwiderständen sowie andererseits anthropogen bedingten Dichtlagerungen und hohen Eindringwiderständen fachgerecht zu unterscheiden. 3.3 Bodenschutz bei der Sanierung Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV n. F. gelten die §§ 6 bis 8 der novellierten Fassung nicht bei Sanierungsmaßnahmen. Wird also im Rahmen der Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten Bodenmaterial oder Baggergut auf oder in den Boden eingebracht und erfolgt die Umlagerung innerhalb der selben schädlichen Bodenveränderung oder Altlast oder innerhalb des Gebietes eines für verbindlich erklärten Sanierungsplans, dann sind die Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden nicht gültig. Hier hat der Verordnungsgeber eine Vereinfachung des Bodenschutzrechtes vorgenommen, die sehr weit geht. Für die Verfüllung unterhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht ist diese Vereinfachung nachvollziehbar und mit den Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes vereinbar. Warum allerdings die durchwurzelbare Bodenschicht, die auf einer sanierten schädlichen Bodenveränderung aufgebracht wird, von den Regelungen nach §§ 6 bis 8 BBodSchV n. F. generell befreit wird, bleibt fraglich. Soll beispielsweise nach der Sanierung eine bodenfunktional anspruchsvolle landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung, Park- oder Kleingartennutzung ermöglicht werden, dann spricht im Sinne des Bodenschutzrechts vieles dafür, eine hohe Funktionalität der wiederhergestellten Böden zu garantieren. Diese Zielsetzung wird nur dann erreicht, wenn die Anforderungen nach §§ 6 bis 8 BBodSchV n. F. gelten und umgesetzt werden. Im Zuge der Ausführungspraxis empfiehlt sich insofern eine einschränkende bzw. klarstellende Erläuterung, was mit § 6 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV n. F. gemeint ist. In Folge des § 6 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV n. F. ergibt sich die Anforderung an Sanierungsplanungen, dass sie sich nicht ausschließlich auf die Beseitigung oder Sicherung von stofflichen Bodenbelastungen beziehen dürfen, sondern auch im angemessenen Umfang und Detailgrad die bodenphysikalischen Anforderungen an die Herstellung der durchwurzelbaren Bodenschicht im Bereich der selben schädlichen Bodenveränderung oder Altlast oder innerhalb des Gebietes eines für verbindlich erklärten Sanierungsplans beschreiben müssen. 3.4 Boden- und Naturschutz Boden- und Naturschutz werden derzeit organisatorisch und personell nebeneinander bearbeitet, und das sowohl auf der behördlichen Seite als auch bei den Fachbüros. Daraus folgt nicht selten eine streng nach Schutzgut getrennte Betrachtung der Umweltwirkungen von Vorhaben. Ein gegenseitiges Verständnis für die Belange des jeweils anderen Schutzgutes fehlt in vielen Fällen. Daraus resultieren nicht selten Maßnahmen- und Zielkonflikte. Verloren geht 8 DIN 19662: 2012-07 – Bodenbeschaffenheit – Felduntersuchungen - Bestimmung des Eindringwiderstandes von Böden mit dem Handpenetrometer. Beuth Verlag, Berlin.

der Blick für ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt, bei dem mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes soweit wie möglich vermieden werden sollten. In diesem Sinn ist § 6 Abs 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz vorbildhaft, weil es einen weiten Blick auf die Umwelt insgesamt einfordert. Aus diesem Dilemma kommt die Vollzugspraxis nur heraus, wenn sich die Akteure aufeinander zubewegen und gute, schutzgutübergreifende Maßnahmen entwickeln. Feldwisch & Koumans (2023)9 zeigen beispielsweise Wege auf, wie Bodenschutz und Naturschutz bei der Frage des Oberbodenabtrags, der auf die Herstellung von nährstoffarmen Rohböden abzielt, eine abgestimmte Vorgehensweise erreichen können. 4. Fazit Die BBodSchV n. F. ist aus Sicht des physikalischen Bodenschutzes zu begrüßen. Sie wirkt positiv auf behördliche Entscheidungen und Vorhabengenehmigungen, weil nun vermehrt Bodenschutzkonzepte und Bodenkundliche Baubegleitungen eingefordert werden. Damit steigt stetig die Qualität der Bauausführungen im Hinblick auf bodenphysikalische Vorsorgeanforderungen. Bauliche Beeinträchtigungen durch Verdichtungen, Vermischungen unterschiedlicher Substratschichten und weiteren baubedingten Beeinträchtigungen werden mittlerweile deutlich besser vermieden oder gemindert als vor den Neuerungen des Bodenschutzrechts und des einschlägigen Normungswesens. Gleichzeitig bleiben allerdings auch noch offene Punkte. So bleiben die zuständigen Bodenschutzbehörden und Bodenschutz-Fachbüros weiterhin auf ihre jeweilige eigene fachliche Expertise angewiesen, wenn es um die Festlegung der bodenphysikalischen Probenahmeverfahren, Probenahmeplanungen oder Analyseverfahren geht. Das bewirkt Unsicherheiten in der Praxis, die einer verbesserten Verbreitung des vorsorgenden Bodenschutzes entgegenstehen. Diese Lücke kann bzw. muss der Fachbeirat schließen und sich konzertiert mit bodenphysikalischen Untersuchungsmethoden und deren Fortentwicklung auseinandersetzen. Die Hochschulen und Universitäten mit Bodenschutzbezug nehmen diese Aufgabe aus verschiedenen Gründen nicht mehr wahr. 9 Feldwisch N. & C. Koumans (2023): Naturschutzfachliche Bodeneingriffe aus Sicht des Bodenschutzes. NATUR in NRW 2/2023, S. 14 – 19. Zeitschrift für Naturschutz in Nordrhein-Westfalen. Herausgeber: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Online-Ausgabe unter www.lanuv.nrw.de/naturinnrw/

Workshop 3 Sanierungsverfahren Moderation: Helga Ehmen Landkreis Leer Referate: Dr. Stefan Hüttmann Sensatec GmbH, Kiel Dan Leigh Evonik Operationen GmbH, USA Dr. Karsten Menschner CDM Smith, Leipzig Inhalt: Hier sollen sowohl die ingenieurtechnische als auch die sanierungstechnologische Seite der Planung und Durchführung komplexer Standortsanierungen mit innovativen, aber auch klassischen Ansätzen und als Treatment Trains diskutiert werden. An mehreren Fallbeispielen soll u.a. aufgezeigt werden, wie ergänzende technische Untersuchungen und Sanierungstests in Feld oder Labor auch zu in-situ-Technologien zielführend und angemessen angelegt werden können, um belastbare fallspezifische Grundlagen für die zu entwickelnden Sanierungsszenarien ableiten und dann auch in der Kosten-Nutzen-Analyse zur Sanierungsvariantenauswahl beurteilen zu können. Dabei werden teils durchaus auch überraschende Ergebnisse mit erheblichen Konsequenzen für die in der Folge zu entwickelnden komplexen innovativen Sanierungslösungen vorgestellt. Des Weiteren wird der aktuelle Stand der Sanierungspraxis insbesondere für in-situ- Sanierungstechnologien anhand diverser Fallbeispiele systematisch vorgestellt und diskutiert.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 3 Name Vorname Behörde / Unternehmen Boet t icher Bonse Borck Crede Dési Diet erich Dörre Dymek Lut z Clara Tobias Dr. Lars- St ef f en Robert Bj örn Anka WSP Deut schland AG St adt Wolf sburg St adt Braunschweig Fachbereich Umwelt ZECH Umwelt GmbH BWS GmbH DB Net z AG Landkreis Helmst edt Hans-Günt her GEO-dat a GmbH Fahldieck Wiebke DB Net z AG Falkenberg Friedrich Gaewel Giese Glunz Gross Hauf e Henneking Hiest er Höhn Lars Maria Alina Dr. Roland Axel Jens Frank Talit ha Dr. Uwe DEKRA Aut omobil GmbH WSP Deut schland AG Evonik Operat ions GmbH Zweigniederlassung Öst erreich GFI Grundwasser-Consult ing-Inst it ut GmbH GEONIK GmbH BAUER Resources GmbH Avacon Net z GmbH Bundesanst alt f ür Immobilienauf gaben Direkt ion Magdeburg reconsit e GmbH Dr. Rouven Hansest adt Lübeck Unt ere Bodenschut zbehörde Hut schenreut er Oliver ZÜBLIN Umwelt t echnik GmbH Hüwing Christ ian Behörde f ür Umwelt , Klima, Energie und Agrarwirt schaf t

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 3 Name Ihnen Kiesl Kist en Klopf leisch Kowalski Lange Löf f ka Lüpkes Mat ut t is Meier Michael Mohr Mueller Mysina Persicke Peymann Probst Romey Schlobach da Cost a Scholz Schupp Vorname Behörde / Unternehmen Thorst en H & M Ingenieurbüro GmbH & Co. KG Christ ian Dr. Christ ian- Pet er Volkhard GEO-dat a GmbH DB Immobilien Landkreis Helmst edt Oliver Kat rin Ina Nord Geo Bürogemeinschaf t GEO-dat a GmbH LBEG Dr. Karl-Heinz Dr. Lüpkes Sachverst ändige GbR Henning Dr. Silke Mark Robert Mike Elisabet h Anj a Züblin Umwelt t echnik GmbH Dr. Pelzer und Part ner DB Immobilien HPC AG Evonik Operat ions GmbH Zweigniederlassung Öst erreich Behörde f ür Umwelt , Klima, Energie und Agrarwirt schaf t ATS Umwelt t echnik GmbH Dr. Kirst en Landesamt f ür Bau und Liegenschaf t en (NLBL) Fabian Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Andreas St adt Braunschweig Maximilian STRABAG Umwelt t echnik GmbH Lukas Daniel NTP Umwelt GEO-LOG Ingenieurgesellschaf t mbH

Hannoverscher Altlastentag 2023 Workshop „Sanierungsverfahren“ Sanierungsverfahren – Aspekte zur Ausführung von In-situ-Sanierungsmaßnahmen S. Hüttmann In der EU-Bodenstrategie für 2030 sind überaus anspruchsvolle Ziele formuliert, die großen Einfluss insbesondere auf die Sanierung von Altlasten haben wird. Zum einen ist als gesellschaftspolitisches Ziel das Erreichen eines „guten ökologischen Zustandes der Böden in der EU“ vorgegeben und zum anderen ist das „Erreichen eines Netto-Null-Flächenverbrauches“ jeweils bis 2050 definiert (Quelle https://environment.ec.europa.eu/topics/soil-and-land/soil-strategy_en). Das Erreichen dieser Ziele erfordert gewaltige technologische und finanzielle Anstrengungen gerade auch in der Altlastenbranche, denn Erweiterungsflächen für wirtschaftliche Aktivitäten sind dann im Wesentlichen noch auf ehemaligen Brownfields zu finden, die es zu revitalisieren und zu sanieren gilt. Auch der viel zu häufig geübte, weil lukrative Reflex, kontaminiertes Bodenmaterial schlicht auszukoffern und auf Deponien zu verbringen, dürfte bei dem immer knapper werdenden Deponieraum in Zukunft deutlich schwieriger werden. Insofern wird es zunehmend notwendig, insbesondere bei der Brownfield-Revitalisierung auf nachhaltigere, ressourcenschonende Sanierungsverfahren zurückzugreifen. Eine effiziente Anwendung alternativer Sanierungsverfahren, insbesondere In-situ-Technologien erfordert aber im Gegensatz zu Aushubmaßnahmen wesentlich mehr Expertise, Erfahrung und Technikeinsatz. Dieser Beitrag dient dazu, sowohl die ingenieurtechnische als auch die sanierungstechnologische Seite der Planung und Durchführung komplexer Standortsanierungen mit innovativen aber auch klassischen Ansätzen und als Treatment Trains zu diskutieren. Beispiel 1: Verknüpfung von bildgebenden Erkundungsverfahren und minimalinvasiver Sanierung eines LCKW-Grundwasserschadens im Großraum Hamburg An dem Standort eines ehemaligen Großwäschereibetriebes wurde eine LCKW-Kontamination sowohl im oberflächennahen 1. Grundwasserleiter als auch im > 15 m mächtigen Mergelpaket und noch im oberen Bereich des 2. Grundwasserleiters nachgewiesen. Eine zunächst vom Gutachter vorgeschlagene Aushubmaßnahme mittels Großlochbohrungen wurde von Kundenseite aus Kostengründen und von Behördenseite aufgrund der damit verbundenen Elimination des Mergelhorizontes als Trennhorizont zurückgewiesen. Im Rahmen von 2 MIP-Bohrkampagnen konnte

die LCKW-Verteilung am Standort sowie die Schadensnester sowie die spezifische Detailschichtung innerhalb der Mergelstruktur sehr präzise lokalisiert werden (Abb. 1 und 2). Anschließend war es dann möglich, chemische Oxidationsmittel mittels minimalinvasiven Bohrinjektionen und Druckinfiltrationstechnik genau in diese Schadensareale einzubringen, bis es zu keinem Rebound im Rahmen des verfahrensbegleitenden Monitorings mehr kam (Abb. 3) Eine zentrale Erkenntnis aus diesem erfolgreichen Projekt lag darin, dass bei genauer Lokalisierung der Schadensherdareale und präziser Kenntnis der geologischen Strukturen die In-situ- Sanierungsverfahren und insbesondere die erforderliche Wirkstoffzugaben viel wirksamer und ressourcenschonender eingesetzt werden können. Die Präzision in der In-situ-Sanierungsmaßnahme war in diesem Fall nur durch die Kombination aus hochauflösender, bildgebender Erkundung des Schadensherdbereiches mit der minimalintensiven Sanierung des Standortes möglich. Abbildung 1: Darstellung der Ergebnisse einer MIP (Membrane Interface Probe)-Sondierkampagne

Abbildung2: Schnittdarstellung mit LCKW-Verteilung im Schadensherd Abbildung 3: Verlauf des LCKW-Abbaus innerhalb der Mergelstruktur Beispiel 2: Optimierung einer laufenden biologischen In-situ-Sanierung durch verfahrensbegleitende Prozessanalyse am Beispiel einer Vinylchlorid-Sanierung im Raum Berlin Bei der aeroben In-situ-Sanierung eines Vinylchlorid-Grundwasserschadens im Ostteil der Stadt Berlin stellten sich zunächst trotz der nachweisbar erreichten, guten Sauerstoffversorgung im Grundwasser nicht die gewünschten, mikrobiologischen Abbaureaktionen ein. Die daraufhin initiierte Ursachenanalyse für den ausbleibenden biologischen Schadstoffabbau richtete sich zum Einen auf eine verbesserte Biostimulation der Abbauleistung der Standort-Mikroorganismen, sowie ergänzend auf eine mögliche zusätzliche Cosubstratversorgung sowie zusätzlich auf die Animpfung mit

standortfremden, VC-abbauenden Mikroorganismen. Im Ergebnis konnte durch eine Kombination aus einer verfahrenstechnischen Anpassung und Bioaugmentation eine deutliche Verbesserung des Bioabbaus am Standort erzielt werden (Abb. 5). Abbildung 4: Standort der Sauerstoffversorgung mit Solarzellen-Stromversorgung Abbildung 5: Analyse der Entwicklung Vinylchlorid-abbauender Mikroorganismen Im Ergebnis ließ sich aus diesem Projektverlauf die Erkenntnis gewinnen, dass einfache Biostimulationsverfahren als In-Situ-Sanierungsmaßnahmen zwar technisch leicht implementiert werden können, dass aber ein erhebliches Maß an Expertise aufgewendet werden muss, wenn der Verfahrenseinsatz nicht sofort zum gewünschten Ergebnis führt und der Abbauprozess nicht ausreichend intensiv abläuft. Fast immer ist dann nicht „die In-situ-Technik falsch“, sondern der Abbauprozess und seine Stimulationsmöglichkeiten sind zu Sanierungsbeginn schlicht noch nicht

richtig verstanden gewesen. Erst durch entsprechende prozessbegleitende Bioanalysen war es möglich, die abbaulimitierenden Faktoren zu identifizieren und erfolgreich im Feld umzusetzen, so dass schließlich eine erfolgreich In-situ-Biostimulation realisiert werden konnte. Beispiel 3: Hochgeschwindigkeits-In-situ-Sanierung durch minimalinvasive Injektion smarter Mikro- Eisen-Kombipräparaten am Beispiel Großraum Frankfurt auf einem ehemaligen Kasernengelände Der Standort einer ehemaligen Kaserne im Großraum Frankfurt sollte einer Revitalisierung zugeführt werden, um anschließend wieder für Wohnbebauungszwecke zur Verfügung zu stehen. Für die Sanierung dieses ca. 4 Hektar großen, LCKW-kontaminierten Geländes stand ein Sanierungszeitraum von maximal 6 Monaten zur Verfügung. Im Rahmen vorangegangener Untersuchungen am Standort konnte bereits auf einer größeren Testfläche die hohe Wirksamkeit eines Kombiproduktes aus nullwertigem, mit organischem Material gecoateten Mikro-Eisen zur Unterstützung der abiologischen und biologischen LCKW-Reduktion in der gesättigten Bodenzone belegt werden, in dessen Zuge die LCKW bis unter die Nachweisgrenze eliminiert werden konnten. Die Gesamtmaßnahme bestand anschließend darin, eine Menge von ca. 200 Tonnen Wirkstoff- präparat lagenweise über den gesamten LCKW-belasteten Teufenbereich bis in ca. 12 m Tiefe im Schadensareal zu injizieren. Die dafür verfügbare 5-monatige Bearbeitungszeit wurde sicher eingehalten. Wenn Wirkstoffe lediglich mittels einer einzigen Injektion zum Sanierungserfolg führen sollen, wird die einbringbare Wirkstoffmenge durch deren Löslichkeit und das Porenvolumen limitiert. Diese Limitation kann durch die Injektion von Wirkstoffsuspensionen, sogenannten „Feststoffinjektionen“ (Aufhebung der Massenlimitation durch die Löslichkeit) und/oder mittels Environmental Fracturing (Aufhebung der Mengenlimitation durch das Porenvolumen) überwunden werden. Die am häufigsten eingesetzten Wirkstoffe für die Implementierung einer mikrobiellen reduktiven Dechlorierung von leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) (Melasse) oder die Initiierung einer in situ- chemischen Oxidation (Fentons Reagenz) haben gemeinsam, dass sie im Untergrund rasch verbraucht werden. Dem gegenüber stehen neu entwickelte, komplexe Wirkstoffformulierungen mit mehrstufiger Wirkungsweise, die auf eine lange Wirkdauer und eine Freisetzung der Wirkstoffe, die dem zeitlichen Verlauf einer in situ-Maßnahme angepasst ist, optimiert wurden. Spezielle Zusätze dienen der Unterbindung von Störreaktionen wie bspw. unerwünschte pH-Wert-Änderungen. Nicht nur konnte im Rahmen dieser Sanierungsmaßnahme die dabei entstandenen Abfälle (ca. 200 Holzpaletten und 6 Abrollmulden mit Papierverpackung des gelieferten Sanierungsproduktes), sowie auch die benötigten Maschinenstunden (ca. 3000 Std.), Dieselkraftstoff (ca. 24000 l) und die Menge an benötigtem Wasser (ca. 530 m³) sehr klein gehalten werden, sondern die Maßnahme konnte auch zeitlich sehr viel schneller umgesetzt werden als eine Aushubmaßnahme inklusive der damit

verbundenen, umfassenden Wasserhaltungsmaßnahmen. Aus finanzieller Sicht sparte der Kunden ca. 70% des Aufwandes, der für eine Aushubmaßnahme nötig gewesen wäre. Aus dieser realisierten Maßnahme lässt sich ableiten, dass großflächige, minimalinvasive In-situ- Sanierungen unter Einsatz smarter, d.h. spezifisch designter Sanierungsreagenzien bei einmaliger Wirkstoffinjektion nicht nur wesentlich ressourcenschonender, sondern auch schneller realisiert werden kann als eine vergleichbare Aushubmaßnahme (Abb. 6). Abbildung 6: Hochdruckinjektion von Wirkstoffen mittels TSE-Technologie Fazit: Die technischen Anforderungen an Standortsanierungen, insbesondere im Zusammenhang mit Brownfield-Revitalisierungen werden in den nächsten Jahren steigen. Aushubmaßnahmen werden dabei aufgrund des knapper werdenden Deponieraums, des damit verbundenen Kostendrucks sowie auch aufgrund zunehmender Anforderungen an nachhaltigere Sanierungsstrategien an Attraktivität verlieren. Aus den dargestellten Fallbeispielen lässt sich ableiten, dass in der Vorbereitungs- und Planungsphase eine umfassende Betrachtung aller für eine In-situ-Sanierung relevanten Faktoren von großer Bedeutung ist. Dabei kann es durchaus auch zu überraschenden Ergebnissen mit erheblichen Konsequenzen für die in der Folge zu entwickelnden komplexen innovativen Sanierungslösungen kommen. Die sich stetig weiterentwickelnde Erkundungs- und In-situ-Technologie hat mittlerweile smarte In- situ-Sanierungsprodukte hervorgebracht, die sich sogar mit Bezug auf die erforderliche Sanierungszeit durchaus attraktiver darstellen lassen als z.B. Aushubmaßnahmen.

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests 1 Einleitung Rechtliche Grundlagen für die Bearbeitung von Altlasten sind das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) sowie die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV, ab 01.08.2023 gültig in der neuen Fassung siehe Mantelverordnung). Ergänzend dazu sind die Handbücher und Materialien zur Altlastenbehandlung der Länder zu beachten. Eine der wichtigsten Phasen beim Übergang von Erkundung zur Sanierung ist die Sanierungsuntersuchung, weil sie die fallbezogenen Weichen für die konzeptionelle Entwicklung der bestgeeigneten Sanierungstechnologie stellen soll. Die schrittweise Vorgehensweise dazu wird z.B. im Freistaat Sachsen mit dem aktuellen Handbuch 8 Sanierungsuntersuchung (SU) untersetzt. Danach sind die Leistungen zur SU in 4 Teilschritten durchzuführen: I. Grundlagenermittlung / Bestandsaufnahme / Defizitanalyse / Auswahl grundsätzlich II. III. geeigneter Sanierungsverfahren Verfahrensbedingte Standortuntersuchungen Abschließende Auswahl standortspezifisch geeigneter Sanierungsvarianten / Sanierungsziele / Sanierungsvorschlag IV. Sanierungskonzept (im Sinne einer Vorplanung zur Vorzugsvariante) 2 Sanierungsverfahren Bei den möglichen Sanierungsverfahren (speziell für Grundwasser) kann grundsätzlich in aktive und passive Technologien differenziert werden. Die aktiven Verfahren unterscheiden sich von den passiven dadurch, dass hier durch induzierte Maßnahmen unter Einbringung von Energie oder Stoffen in verschiedener Form kontinuierliche oder diskontinuierliche Eingriffe in das Grundwasser erfolgen. Dies erfolgt zum Beispiel mittels Wasserentnahme durch Pumpen bei Pump&Treat- Maßnahmen, mittels biologischen oder chemischen Wirkzusätzen oder physikalischen Wirkinstallationen bei In-situ-Sanierungsverfahren. Im Zuge des technischen Fortschritts wurden zunehmend spezifische innovative in-situ- Sanierungstechnologien entwickelt, die im Rahmen einer SU auf begründeter fachlicher Basis neben den klassischen Verfahren fallbezogen ebenso zu beurteilen sind. Eine übersichtsmäßige Unterscheidung der diversen zur Verfügung stehenden sanierungs- technologischen Verfahrensgruppen wird in der nachfolgenden Tabelle vorgenommen. 30. Altlastentag Hannover 2023 - 1 - 07.09.2023

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests Tabelle 1: Technologische Verfahrensübersicht zur Grundwassersanierung. Aktive Verfahren Pump & Treat (ggf. mit Reinfiltration) Multi-Phasen-Extraktion (Bohraustauschverfahren) In-situ-Verfahren: Biologische, Chemische und Physikalische Verfahren, ggf. in Verbindung mit hydraulischen Maßnahmen mit/ohne Zirkulation Passive Verfahren Permeable reaktive Systeme: Reactive Wall / Funnel & Gate, Funnel & Reactor, Drain & Gate Nanopartikelinjektion (Passive) unterstützte natürliche Schadstoffminderungsprozesse (NA, MNA, ENA) Bei komplexen Schadensfällen mit schwierigen Standortbedingungen und differenzierter Schadstoffausbreitung führt oft nicht eine einzelne Sanierungstechnologie effizient zum Ziel, sondern kann ein integrales Sanierungskonzept mit räumlich und zeitlich aufeinander aufbauenden Sanierungselementen (als sog. „Treatment Train“) Vorteile aufweisen. Kernthese 1: Allein mit herkömmlichen Technologien wie Pump & Treat sind komplexe Schadensfälle in Boden und Grundwasser in „endlichen“ Zeiträumen und mit angemessenem Aufwand meist nicht nachhaltig sanierbar. Eine Steigerung der Sanierungsleistung ist oft nur möglich (ggf. durch Kombination) mit modernen in-situ- Sanierungsverfahren, die Mobilisierungsprozesse bewirken und die natürlichen Abbau- oder Umwandlungsprozesse gezielt verstärken und nutzen. Zu beachten sind dabei regelmäßig die (vor und parallel zu Schadstoffabbau/-präzipitation) ablaufenden konkurrierenden Redox-Prozesse (ggf. als MNA-Komponente einbeziehbar). 3 Untersuchungsverfahren und Sanierungstests Die Basis für erfolgreiche Sanierungslösungen stellen systematische ergänzende Standort- untersuchungen und technologische Sanierungstests dar, für die in den letzten Jahren auch etliche neue methodische Entwicklungen auf den Markt gekommen sind, wie: • Thermo-Flowmeter-Messungen • Direct-push-Sondierungen mit Direktmessungen wie CPT-U, MIP, LIF/ROST und XFR, in-situ-Probenahmen, aber auch als zielgenaue Injektionstechnologie • Biogeochemische Baseline-Monitorings, direkte Frachtmessungen, Säulenversuche und abbausensitive Isotopenuntersuchungen • Quellstärken- und Immissionspumpversuche • Biosparging-, Airsparging- und MPE-Sanierungstests im Klein-Feldmaßstab • Biotische und abiotische Abbauversuche (ISBR, ISCR, Nano-Rem) im Labormaßstab • Push-Pull-Tests und Zirkulationsversuche mit in-situ-Zusätzen im Klein-Feldmaßstab • 3D-Visualisierungen für konzeptionelle Standortmodelle und Sanierungskonfigurierung In diesem Beitrag soll an mehreren Fallbeispielen gezeigt werden, wie ergänzende technische Untersuchungen und Sanierungstests in Feld und Labor zielführend und angemessen angelegt werden können. Aus deren Ergebnissen können dann belastbare fallspezifische Grundlagen für die zu entwickelnden Sanierungsszenarien abgeleitet und dann auch in der Kosten-Nutzen-Analyse zur Sanierungsvariantenauswahl beurteilt werden. 30. Altlastentag Hannover 2023 - 2 - 07.09.2023

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests Kernthese 2: Ergebnisoffene technologische Untersuchungen und Tests zeigen teils durchaus auch überraschende Ergebnisse mit erheblichen Konsequenzen für die in der Folge zu entwickelnden Sanierungslösungen, die die Wichtigkeit gezielter verfahrensbedingter Standortuntersuchungen unterstreichen. 4 Ergänzende Standortuntersuchungen / für CSM Zur Präzisierung konzeptueller Standortmodelle (CSM) zu Geologie, Hydrogeologie, Schadstoffchemie mit Transport-, Mobilisierungs- und Umwandlungseigenschaften dienen Untersuchungsprogramme zur gezielten Kenntnisdefizitbeseitigung. → Fallbeispiel LCKW-Schaden, Defizitanalyse mit Abwägung zur Durchführung (ErgStU) 30. Altlastentag Hannover 2023 - 3 - 07.09.2023

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests ❖ Fallbsp.: Ergebnis → 3D-Visualisierung für LCKW-Schaden, mit Sanierungselementen 5 Verfahrensbedingte Untersuchungen Untersuchungsprogramme zur gezielten Kenntnisdefizitbeseitigung dienen ebenso der Gewinnung fallspezifischer technologischer Grundlagen für die zu entwickelnden Sanierungsszenarien inklusive Basisdaten für Kosten-Nutzen-Analysen → Fallbeispiel LCKW-Schaden, Defizitanalyse zu Sanierungstests mit Abwägung 30. Altlastentag Hannover 2023 - 6 - 07.09.2023

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests ❖ Beispiel: Quellstärken- und Immissionspumpversuche für Quell-Abstromverhalten (Test für hydraulische Verfahren, aber auch mit Datengewinnung für CSM) ❖ Beispiel LCKW: Airsparging-Sanierungstest, mit Basisdatengewinnung zu Austrag, ROI und p-V-t sowie zur Machbarkeitsbeurteilung mit Randbedingungen wie Flurabstand ❖ Beispiel LCKW: Labortest ISBR (In-situ-Biologische Reduktion) mit 4 Wirkstoffen Ergebnis für Herd: Keine LCKW-Reduzierung, nur bei V2 Abbau nur bis zu CIS Konsequenz: Keine weitere Verfolgung in der SU ❖ Beispiel LCKW: Labortest ISCO (In-situ-Chemische Oxidation) mit 3 Wirkstoffen Ergebnis für Herd: Nur V2 Permanganat geeignet, aber dies sehr gut Konsequenz: Weitere Verfolgung in der SU, Dimensionierung ermöglicht ❖ Beispiel LCKW: Labortest Nano-Partikel-Sanierung mit 5 Wirkstoffen Ergebnis für Herdabstrom: V5+V6 sehr gut geeignet, V4 bedingt, V2+V3 nicht Konsequenz: Dimensionierung ermöglicht, zunächst für Pilotsanierung mit Injektion kolloidaler adsorptiv-reaktiver Nanopartikel als permeable Wand (PARB) → Fallbeispiel Chrom-VI-Schaden, Defizitanalyse mit Untersuchungs+Testprogramm Ergänzende Standortuntersuchungen / Abgestufte Sanierungstests ➢ Direct-Push-Sondierungen mit direkter Chrom-Detektion ➢ Labortests auf ISBRM (Laktat, Melasse o.ä) und ISCR (Fe-Sulfat, ZVE) ➢ Push-Pull-Tests parallel auf ISBRM und ISCR an GWM ➢ Zirkulationstests mit ISBRM- und ISCR-Favoriten ➢ Ggf. TSE-Tests mit Direct Push in bindigen Bereichen 30. Altlastentag Hannover 2023 - 7 - 07.09.2023

CDM Smith, Dr. Karsten Menschner: Erfolgreiche Sanierungslösungen auf der Basis von systematischen ergänzenden Standortuntersuchungen und Sanierungstests 6 Schlussfolgerungen für erfolgreiche Sanierungslösungen Basis für erfolgreiche SU nach der Verfahrensvorauswahl sind belastbare systematische verfahrensbedingte Standortuntersuchungen und Sanierungstests, mit klassischen Methoden, aber insbesondere mit Tests zu innovativen in-situ-Sanierungstechnologien, die aktuell noch mehr Erfolgsnachweise und Dimensionierungsdaten im Vorfeld benötigen. ➢ Wie an mehreren Fallbeispielen gezeigt ➢ können stoff- und technologiebezogene Verfahrensuntersuchungen ➢ bei angemessenem Aufwand zielführend angelegt werden, ➢ um bestgeeignete Verfahren nachzuweisen und zu dimensionieren, ➢ ➢ und so Risiken von Fehlentscheidungen zu minimieren, ➢ aber auch keine aussichtsreichen, oft ökologisch guten, nachhaltigen, jedoch noch in der Kosten-Nutzen-Analyse hinreichend beurteilen zu können nicht so bekannten Technologien „außen vor“ zu lassen, ➢ die dann oft noch zu höherer Kosteneffizienz führen. Im Ergebnis sind in den nächsten Planungs- und Realisierungsschritten auch bei komplexen schwierigen Schadensfällen effiziente angemessene und nachhaltige Sanierungslösungen in Qualität und Quantität viel sicherer auszuführen. Oft weisen integrale Sanierungslösungen mit räumlich und zeitlich aufeinander aufbauenden Sanierungselementen (als sog. „Treatment Train“) deutliche Vorteile gegenüber einzelnen Sanierungstechnologien auf. Anschrift des Autors Dr. Karsten Menschner CDM Smith Consult GmbH Weißenfelser Str. 65H 04229 Leipzig Tel.: +49 (0)341 33389500 Fax: +49 (0)341 33389392 karsten.menschner@cdmsmith.com 30. Altlastentag Hannover 2023 - 8 - 07.09.2023

Workshop 4 Bewertung von Grundwasserschäden Moderation: Bernd Früchel Stadt Osnabrück Referate: Yorck Adrian LBEG - Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Hannover Christian Poggendorf BIG - Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH, Hannover Inhalt: Bei Sanierungsmaßnahmen spielt die Verhältnismäßigkeit eine entscheidende Rolle. Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen: Wie können Sanierungsziele formuliert werden? Welche Festlegungen müssen sein, welche Spielräume müssen erhalten bleiben? Können Geringfügigkeitsschwellenwerte als Sanierungsziele herangezogen werden? Können die ermessensleitenden Kriterien bei der Bearbeitung altlastenbedingter Grundwassergefahren und -schäden hier helfen? Diesen Fragestellungen wird in diesem Workshop anhand von Praxisbeispielen nachgegangen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 4 Name Vorname Behörde / Unternehmen Albrecht Baumann Beer Bert ram Boick Borggreve Brennecke Delling Dreier Eggelsmann Fischer Friedrich Fronzek Hammerl Heider Henscher Heymann Ivert Jacobi Jelen Kern Dr. Morit z Landesamt f ür Bau und Liegenschaf t en (NLBL) St ephan Ramboll Deut schland GmbH Nadine Sascha Claudia Gerard Lukas Region Hannover bsp ingenieure GmbH Landkreis Uelzen Unt ere Wasserbehörde NTP Umwelt Dr. Pelzer und Part ner Dr. Nikolai Wint ershall Dea Deut schland GmbH Lea St ella Ulrich Rike Julia Talea Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH LBEG GEO-dat a GmbH Hansest adt Lübeck Unt ere Bodenschut zbehörde Hansest adt Lübeck Unt ere Bodenschut zbehörde GEO-dat a GmbH Werner Abf allwirt schaf t sbet rieb St adt Oldenburg Max Ursula St ef an Lara Paul Region Hannover Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün Bundesanst alt f ür Immobilienauf gaben Direkt ion Magdeburg Ramboll Deut schland GmbH Region Hannover Daniel St adt Wolf sburg

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 4 Name Vorname Behörde / Unternehmen Klemens Pat rick GEO-dat a GmbH Koch Ingo Region Hannover Fachbereich Umwelt Kurschnereit Vanessa Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Levermann Lars Umt ec Prof . Biener l Sasse l Konert z, Part nerschaf t Berat ender Ingenieure und Geologen mbB Dr. Lüpkes Sachverst ändige GbR Landkreis Celle UWB/ UBB DB Net z AG ukon Umwelt konzept e GmbH & Co. KG GEO-dat a GmbH Landkreis Uelzen Unt ere Wasserbehörde GEONIK GmbH Michael Nils Anke Sa Dag Andrea Sandra Lüpkes Mauri Müller Nguyen Nieke Nokel Oehlmann Pet er Pf eif f er- Grot hkopp Piet schner Rockmann Schmit z Seibert z Sparla Unger Weinhart Wiemann Joachim Dr. Pelzer und Part ner Sabine Frank Lisa Krist ina Klodwig Frederik Vict oria Hamburg Port Aut horit y AÖR BAUER Resources GmbH St andort Hamburg DB Immobilien IGB Ingenieurgesellschaf t mbH Behörde f ür Umwelt , Klima, Energie und Agrarwirt schaf t Wint ershall DEA Deut schland GmbH Landesamt f ür Umwelt Brandenburg Franziska BWS GmbH Jürgen Consens Umwelt planung GmbH

Bewertung von Grundwasserschäden – Eine Übersicht Yorck Adrian Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Referat L3.3 Grundwasserschutz, Altlasten, Deponien Stilleweg 2, 30655 Hannover. E-Mail: yorck.adrian@lbeg.niedersachsen.de Die Gefährdungsbeurteilung und Sanierung von Grundwasserschäden ist ein wesentlicher Bestandteil der Bewältigung der Altlastproblematik in Niedersachsen. Zur Beurteilung und Bewertung von Grundwasserschäden werden dabei verschiedene Gesetze, Verordnungen und Regelwerke herangezogen, auf die im Weiteren kurz eingegangen werden soll. Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) Seit Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) im Jahr 1999 bestehen bundeseinheitliche Vorschriften für die Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen, altlastverdächtigen Flächen, schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten. Den rechtlichen Rahmen bildet dabei das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG), dessen Zweck es ist, „nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen“ (§ 1 BBodSchG). Des Weiteren „sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen“. Die bodenschutzrechtliche Bearbeitungssystematik von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten ist durch einen gestuften Ablauf mit aufeinander folgenden Untersuchungs- und Entscheidungsebenen charakterisiert. Für den Wirkungspfad Boden – Grundwasser finden sich im BBodSchG und in der BBodSchV zahlreiche Regelungen, die für die Bearbeitung von altlastverdächtigen Flächen den rechtlichen Rahmen bilden. Nach § 2 Abs. 1 BBodSchG ist der Boden definiert als „die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.“ Dabei ist für den Wirkungspfad Boden – Grundwasser § 2 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG besonders hervorzuheben, da der Boden „natürliche Funktion […] als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers“ besitzt. Begriffe „Verdachtsflächen“, „Altlasten“ und Die „altlastverdächtige Flächen“ werden in § 2 Abs. 3 bis 6 BBodSchG bestimmt. Bodenveränderungen“, „schädliche Die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBodSchG festzulegenden bodenschutzrechtlichen Prüfwerte dienen der Gefährdungsabschätzung. Ein hinreichender Gefahrenverdacht liegt in der Regel dann vor, wenn Prüfwerte überschritten sind. In diesem Fall kann die zuständige Behörde nach § 9 Abs. 2 BBodSchG eine Detailuntersuchung gegenüber dem Pflichtigen anordnen.

Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) Am 01.08.2023 ist die neue Fassung des Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) in Kraft getreten. Die novellierte BBodSchV enthält u. a. Vorgaben für die Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen, altlastverdächtigen Flächen, schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten. Die § 10 und § 11 BBodSchV beschreiben die Erforderlichkeit von Untersuchungen, sowie die allgemeinen Anforderungen an Untersuchungen. Dabei erfolgt das Vorgehen zur Ausräumung oder Bestätigung eines Verdachts stufenweise und wirkungspfadbezogen. Nach § 12 BBodSchV ist dazu zunächst eine orientierende Untersuchung vorgesehen und ggf. anschließend nach § 13 eine Detailuntersuchung mit deren Hilfe eine abschließende Gefährdungsabschätzung ermöglicht werden soll. Bereits in der orientierenden Untersuchung soll nach § 12 Abs. 3 eine Sickerwasserprognose durchgeführt werden, wenn im Rahmen der Untersuchungen für den Wirkungspfad Boden – Grundwasser ein Prüfwert nach Anlage 2 Tabelle 1 oder 3 am Ort der Probennahme überschritten wird. Die Neufassung der BBodSchV beinhaltet Ergänzungen (z. B. Einmischungsprognose, siehe Abbildung 1) und Konkretisierungen zum Wirkungspfad Boden – Grundwasser. Im Rahmen der Detailuntersuchung (§ 13 BBodSchV) soll mit Hilfe vertiefender und weitergehender Untersuchungen eine abschließende Gefährdungsabschätzung erstellt werden. Mit Bezug auf § 12 Abs. 3 BBodSchV kann auch in der DU durch eine Sickerwasserprognose Schadstoffeinträge in das Grundwasser abgeschätzt werden, wobei auch hier die Beachtung der Einmischprognose erfolgen kann (§ 13 Abs. 5 BBodSchV). Nach § 14 kann die Prognose der Stoffkonzentration für einen Prüfwertvergleich am Ort der Beurteilung, auch unter Anwendung von Stofftransportmodellen, vorgenommen werden. Dies kann auf drei Wegen geschehen: 1. auf der Grundlage von Materialuntersuchungen durch Elution mit Wasser in Verbindung mit einer Transportprognose, 2. durch Rückschlüsse oder Rückrechnungen aus Untersuchungen im Grundwasserabstrom unter Berücksichtigung der Stoffkonzentration im Grundwasseranstrom, der Verdünnung, des Schadstoffverhaltens in der wasserungesättigten und der wassergesättigten Bodenzone sowie des Schadstoffinventars im Boden oder 3. auf der Grundlage von in situ-Untersuchungen.

Abbildung 1: Prinzipskizze zur Einmischzone (Quelle: Geoberichte 22) Bei der Bearbeitung altlastverdächtiger Flächen wird die Bewertung des Wirkungspfades Boden – Grundwasser abgedeckt durch die Berücksichtigung der − Stoffeinträge über das Sickerwasser, − Stoffeinträge über die Bodenluft und − Stoffeinträge über flüssige Phasen. Zu beachten ist dabei, dass nach § 15, Abs. 8 BBodSchV die Kriterien „auf Dauer“, „geringe Schadstofffracht“ und „lokal begrenzt“ bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse und bei der Entscheidung über weitere Maßnahmen zu berücksichtigen sind (siehe auch Abschnitt niedersächsische Arbeitshilfen). Bei Sanierungsmaßnahmen spielt die Verhältnismäßigkeit eine entscheidende Rolle. Die Untersuchungsergebnisse aus der orientierenden Untersuchung sowie der Detailuntersuchung dienen als Grundlage für die Behörde, über die grundsätzliche Notwendigkeit von (Sanierungs-) Maßnahmen zu entscheiden. Auf der Datenbasis werden ggf. vorläufige Sanierungsziele und -zielwerte festgelegt (s.u.). In den weiteren Abschritten wird zunächst auf die Geringfügigkeitsschwellenwerte der Bund- /Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) von 2016, auf Sanierungsziele allgemein und anschließend auf niedersächsische Arbeitshilfen, mit denen die Verhältnismäßigkeit geprüft und Bagatellfälle ausgeschlossen werden können, eingegangen. Geringfügigkeitsschwellenwerte Im Jahr 2016 wurde der Bericht zur „Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser“ der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser veröffentlicht. Die Geringfügigkeitsschwelle (GFS) ist definiert als „Konzentration, bei der trotz einer Erhöhung der Stoffgehalte gegenüber regionalen Hintergrundwerten keine relevanten ökotoxischen Wirkungen (LAWA) auftreten können und die Anforderungen der Trinkwasserverordnung oder entsprechend abgeleiteter Werte eingehalten werden“ (LAWA, 2016). GFS-Werte liegen für eine Vielzahl an organischen und anorganischen Stoffen bzw. Stoffgruppen vor und begründen sich sowohl human- als auch ökotoxikologisch, insbesondere gemäß den

Anforderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Neben den 2016 veröffentlichten GFS-Werten wurden weitere GFS-Werte für NSO-Heterocyclen und Per- und Polyfluorierte Chemikalien (PFAS) abgeleitet. Letztere wurden als Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden – Grundwasser in der novellierten BBodSchV übernommen. Anwendung finden die GFS-Werte im Bereich der Vor- und der Nachsorge. Sie können auch auf Grundwasserbelastungen aus Punktquellen angewendet werden. Die GFS-Werte werden auch zur Beurteilung von Grundwasserbelastungen, die nicht nachweislich über den Boden eingetragen worden sind, verwendet. Die Überschreitung der GFS stellt eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit dar. Ein Erreichen oder Überschreiten der GFS-Werte im Grundwasser stellt noch keine Präzedenz für die Beurteilung dar, ob Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Werden GFS-Werte überschritten ist eine Prüfung im Einzelfall durchzuführen um festzustellen, ob eine schädliche Grundwasserverunreinigung vorliegt. Hierzu dienen die Anwendungsgrundsätze nach Kapitel 3.3 des Berichts. Diese Anwendungsgrundsätze sollen bei der Frage berücksichtigt werden, ob eine schädliche Gewässerveränderung des Grundwassers vorliegt oder zu erwarten ist. Weiterhin sind Kriterien wie bspw. lokal oder regional höhere geogene Hintergrundkonzentrationen oder einzelfallspezifische Randbedingungen mit zu betrachten (LAWA, 2016). Sanierungsziele Bei Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast oder einer dadurch verursachten Gewässerverunreinigung besteht nach § 4 Abs. 3 BBodSchG eine Pflicht zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen. Dies insbesondere dann gegeben, wenn Altablagerungen oder Altstandorte eine Gefahr verursachen (§ 2 Abs. 3 und 5 BBodSchG). ist Unter Sanierungsmaßnahmen werden hier Maßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 7 Nr. 1 bis 3 BBodSchG verstanden, soweit sie den Wirkungspfad Boden – Grundwasser betreffen. Wichtig dabei ist, dass nach § 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 BBodSchG der zuständigen Behörde ein Ermessensspielraum bei der Anordnung von Maßnahmen eingeräumt wird. Das bedeutet, dass die Behörde einen Handlungsspielraum besitzt, da für den zu betrachtenden Fall mehrere unterschiedliche Bearbeitungsmöglichkeiten rechtlich zulässig wären. Aus § 10 Abs. 1 BBodSchG ergibt sich, dass die Behörde die notwendigen Maßnahmen ergreifen kann. Gemäß § 4 Abs. 4 BBodSchG bestimmen sich, die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen nach dem Wasserrecht. Da die GFS-Werte zunächst nur eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit anzeigen, sind diese nicht unmittelbar als Sanierungsziele für das Grundwasser heranzuziehen. Sanierungsziele sind einzelfallbezogen festzulegen. Sie beziehen sich nicht nur auf die Konzentration, sondern auch weitere Bewertungskriterien (z. B. abströmende Fracht im Grundwasser, hydrogeologische und verfahrenstechnische Rahmenbedingungen) müssen berücksichtigt werden und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (s.u.) folgen. Sanierungsziele können unterteilt werden in - - allgemeine Sanierungsziele, die für den gesamten Schaden gelten, Sanierungsziele, die nur für Teilabschnitte des Schadens gelten,

- technische Sanierungsziele (feste Aushubflächen/Tiefen, Fördermengen oder -Zeiten, Behandlungsziele), - Maßnahme- und Schutzziele. Da die Sanierung der ungesättigten und gesättigten Zone miteinander verbunden ist, dürfen Ziele und Zielwerte für beide Bereiche nicht voneinander unabhängig festgelegt werden (LAWA, 2006; LABO, 2015). Die Festlegung eines Sanierungsziels ist Aufgabe der Behörde. Sie gibt dem Pflichtigen und dessen Gutachter vor, welche Grundwasserqualität durch die Sanierungsmaßnahme zu erreichen ist. Häufig wird das Sanierungsziel als Konzentrationswert festgelegt, es sind jedoch auch weitere Varianten möglich (bspw.: Abströmende Fracht oder Schadstoffe dürfen das Grundstück nicht verlassen). Auch kann der Gutachter Vorschläge für vorläufige Sanierungsziele nennen. Sanierungsziele sind darauf auszurichten, Gefahren von betroffenen Schutzgütern abzuwehren. Sie beschreiben den am Standort durch eine Sanierung anzustrebenden Endzustand. Grundsätzlich ist eine Sanierung bis zur Unterschreitung der Gefahrenschwelle anzustreben. ist die Vorgabe eines zu Grundvoraussetzung für eine qualifizierte Sanierungsuntersuchung erreichenden Ziels. Die Durchführung der ersten Stufe des Auswahlermessens ist ohne Zielvorgabe nicht möglich, da die Prüfung der Eignung von Maßnahmen immer die Eignung zur Erreichung eines Ziels untersucht. Die Festlegung von Sanierungszielen ist i.d.R. ein gestufter Prozess: - Vor Sanierungsuntersuchungen werden „vorläufige“ Sanierungsziele benannt, - im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung werden diese ggf. angepasst, bis eine verhältnismäßige Maßnahme gefunden wird. - Bei der endgültigen Entscheidung über Art und Umfang von Sanierungsmaßnahmen sind „verbindliche“ Sanierungsziele festzulegen. Sanierungsziele können durch Sanierungszielwerte konkretisiert werden. In der Regel werden als Sanierungszielwerte Konzentrationen oder Frachten für die Schadstoffe vorgegeben, die an definierten Messpunkten erreicht oder unterschritten werden müssen. Berücksichtigt werden dabei Schadstoffart, Konzentration und Fracht der bereits vorhandenen oder in überschaubarer Zukunft im Grundwasser zu erwartenden Schadstoffe sowie ihres Ausbreitungsverhaltens in der ungesättigten und gesättigten Zone (LAWA, 2006; LABO, 2015). Sanierungsziele können auch angepasst werden. Die mögliche Anpassung richtet sich u.a. nach der Fahnenentwicklung, der Abbaubarkeit und Rückhalt des Schadstoffes, der Ausbreitung in weitere Grundwasserstockwerke und die Gefährdung weiterer Schutzgüter. Sanierungszonen Ein Grundwasserschaden kann in Sanierungszonen aufgeteilt werden, wenn für den gesamten Grundwasserschaden keine verhältnismäßige Sanierungsmaßnahme existiert (LABO, 2015). Grundlage für die Aufteilung des Grundwasserschadens in Sanierungszonen sind die Ergebnisse aus der Detailuntersuchung, der Grundlagenermittlung im Rahmen der Sanierungsuntersuchung und ggf. ergänzender Standortuntersuchungen. Für die Sanierungszonen können dann räumlich differenzierte Sanierungszielwerte formuliert werden und verschiedene Sanierungsverfahren angewendet werden.

Zu beachten ist, dass die Schadstoffquelle deutlich von der Schadstofffahne abzugrenzen ist (LABO, 2015). Eine Unterteilung in Sanierungszonen kann dann sinnvoll sein, wenn z. B. - Bereiche mit unterschiedlichen Belastungen existieren, - die hydrogeologischen Untergrundverhältnisse im Bereich der Fahne eine Zonierung erlauben. - Bereiche mit unterschiedlichen hydrochemischen Verhältnissen vorliegen oder - im Bereich der Fahne verschiedene Schutzgüter betroffen sind. Durch die Aufteilung jeweiligen Sanierungszonen eine verhältnismäßige Maßnahme zu ermitteln, die eine möglichst weitgehende Gefahrenabwehr gewährleistet. in Sanierungszonen ergibt sich die Möglichkeit, für die Verhältnismäßigkeit Vorrangiges Ziel der Altlastensanierung ist die Gefahrenabwehr. Grundsätzlich kann dieses Ziel erreicht werden durch eine Dekontamination oder Sicherung. Für Verunreinigungen, die nach Inkrafttreten des BBodSchG 1998 eingetreten sind, ist die Beseitigung der Schadstoffe gesetzlich vorrangig, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung verhältnismäßig ist. Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung werden neben rechtlichen, technischen, ökologischen auch wirtschaftliche Aspekte mitbetrachtet, einschließlich der Auswirkungen auf Betroffene und die Umwelt. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung werden nacheinander die Geeignetheit der Maßnahme, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit geprüft (Abbildung 2). Abbildung 2: Stufen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des Auswahlermessens (ITVA-Arbeitshilfe H1-16, 2018). Im ersten Schritt wird die Geeignetheit einer Maßnahme bzw. Maßnahmenkombination geprüft. Geeignet sind die Maßnahmen bzw. Maßnahmenkombinationen, die erwarten lassen, dass damit das Sanierungsziel erreicht werden kann. In der Regel gibt es mehrere geeignete Maßnahmen (LABO, 2015) Im weiteren Schritt wird die Erforderlichkeit einer Maßnahme geprüft. Dabei handelt es sich um die Maßnahme, die den Pflichtigen und ggf. weitere Betroffene und die Umwelt voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt (LABO, 2015). Zu beachte ist, dass Maßnahmen nicht tatsächlich oder

rechtlich unmöglich sein dürfen. Ein wirtschaftliches Unvermögen begründet keine Unmöglichkeit oder Untauglichkeit einer Maßnahme. Zuletzt wird die Angemessenheit betrachtet. Darunter wird die Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne verstanden. Im Rahmen dessen ist Abzuwägen, ob der ermittelte Aufwand für eine als erforderlich eingestufte Maßnahme in einem vertretbaren Verhältnis zum Erreichen des Sanierungsziels steht (LABO, 2015). Wenn alle drei Kriterien erfüllt sind, ist eine Maßnahme verhältnismäßig. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung prüft die zuständige Behörde die Verhältnismäßigkeit der in der Sanierungsuntersuchung betrachteten Maßnahmen und ggf. weiteren Maßnahmen und Maßnahmenkombinationen. Für die Ermittlung der geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen sind die inhaltlichen Vorgaben für Sanierungsuntersuchungen in § 16 BBodSchV zu berücksichtigen, einschließlich der Auswirkungen auf Betroffene und die Umwelt. Nach § 16 Abs. 1 BBodSchV ist das Ziel von Sanierungsuntersuchungen, „anhand eines Sanierungsziels zu ermitteln, mit welchen Maßnahmen eine Sanierung im Sinne des § 4 Absatz 3 des Bundes-Bodenschutzgesetzes erreicht werden kann, inwieweit Veränderungen des Bodens nach der Sanierung verbleiben und welche rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Umstände für die Durchführung der Maßnahmen von Bedeutung sind.“ In § 16 Abs. 2 BBodSchV wird konkretisiert, dass „im Rahmen von Sanierungsuntersuchungen sind die geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen unter Berücksichtigung von Maßnahmenkombinationen zu ermitteln“ sind. Niedersächsische Arbeitshilfen Auf Grundlage von § 21 BBodSchG können zu den §§ 4–16 BBodSchG landesrechtliche Regelungen erlassen werden. Niedersachsen hat auf dieser Grundlage die Geoberichte 22: Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und –schäden (ElKriBaG) veröffentlicht. Neben der Arbeitshilfe Geoberichte 22 wird seitens des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie auch ALTEX-1D (Analytische Lösung der 1D-Transportgleichung mit MS-EXCEL) bereitgestellt und betreut. Sickerwasserprognose Der Altlastenausschuss (ALA) der Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO) hat zwei Arbeitshilfen zur Durchführung der Sickerwasserprognose erstellt, die von der Umweltministerkonferenz (UMK) den Ländern zur Anwendung im Vollzug empfohlen wurden. In den Dokumenten wird die Vorgehensweise bei Orientierenden Untersuchungen und bei Detailuntersuchungen beschrieben. in Niedersachsen kostenfrei das Excel-Tool ALTEX-1D Hierzu wird in der Version 3.4.5 (https://www.lbeg.niedersachsen.de/boden_grundwasser/altlasten/arbeitshilfen/sickerwasserprogn ose/sickerwasserprognose-870.html) zum Download bereitgestellt. Mit Hilfe von ALTEX-1D können Sickerwasserkonzentrationen und -frachten am Ort der Beurteilung quantitativ abgeschätzt werden. In dem Umweltministerkonferenz-Umlaufverfahren 17/2019 ist der Veröffentlichung des weiterentwickelten Berechnungsinstruments zur Sickerwasserprognose ALTEX-1D (Programmversion 3) zugestimmt worden. Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und –schäden (Geoberichte 22)

Die bodenschutzrechtliche Bearbeitungssystematik von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten ist durch einen gestuften Ablauf mit aufeinander folgenden Untersuchungs- und Entscheidungsebenen charakterisiert und findet auch bei den ermessensleitenden Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und –schäden (ElKriBaG) (Engeser, 2012) durch punktuelle Schadstoffquellen Anwendung. Wie bereits erwähnt, wird der zuständigen Behörde nach § 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 BBodSchG ein Ermessensspielraum bei der Anordnung von Maßnahmen eingeräumt. Mit Bezug auf diesen Ermessensspielraum werden in der Arbeitshilfe fachliche Kriterien abgeleitet, unter welchen Voraussetzungen bei altlastbedingten Grundwassergefahren oder -schäden auf Untersuchungs- oder Sanierungsmaßnahmen verzichtet werden kann (Ausscheidung von Bagatellfällen), um den Fokus auf bedeutendere Fälle zu konzentrieren. Im Rahmen der Arbeitshilfe werden die Begriffe „Gefahr“ und „Schaden“ in Bezug auf das Grunwasser durch Einführung der Kriterien „Gefahrenschwelle“ und „Schadensschwelle“ definiert. Darauf aufbauend erfolgt die Ableitung der Maßnahmenschwelle, bei deren Unterschreitung in der Regel auf aktive Sanierungsmaßnahmen verzichtet werden kann. Die Maßnahmenschwelle kann auch als Kriterium bei der Entscheidung über die Beendigung oder den Abbruch von Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden. Die Einhaltung der Kriterien wird mit Hilfe von Kontrollebenen überprüft. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei die Ermittlung von repräsentativen Konzentrationen und Frachten in den relevanten Kontrollebenen. oder -schäden auf Grundwassergefahren Mit Bezug auf den Ermessensspielraum nach § 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 BBodSchG werden in den Arbeitshilfe Geoberichte 22 fachliche Kriterien abgeleitet, unter welchen Voraussetzungen bei altlastbedingten oder Sanierungsmaßnahmen verzichtet werden kann. Die Arbeitshilfe konkretisiert die in § 15 Abs. 8 der novellierten BBodSchV, bzw. § 4 Abs. 7 Satz 2 BBodSchV(alt) aufgeführten, aber unbestimmten Begriffe unter Berücksichtigung der materiellen Maßstäbe des WHG und der von der LABO vorgeschlagenen Anwendungsregel (LABO, 2010). Im § 15 Abs. 8 BBodSchV wird ausgeführt: „Bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse und der Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen ist zu berücksichtigen, ob erhöhte Schadstoffkonzentrationen im Sickerwasser oder Untersuchungs- andere Schadstoffausträge auf Dauer nur geringe Schadstofffrachten und nur lokal begrenzt erhöhte Schadstoffkonzentrationen in Gewässern erwarten lassen.“ Bei der Bewertungssystematik nach ElKriBaG kommen verschiedene Fallgestaltungen zur Anwendung (Abbildung 3). Im Folgenden wird weiter auf die Fallgestaltung „Schaden“ (FG IIa und b) eingegangen. Voraussetzung für eine sachgerechte Bewertung ist die repräsentative Beprobung des von der Quelle beeinflussten Abstromquerschnitts in der Kontrollebene KE I (im unmittelbaren Abstrom der Quelle).

Abbildung 3: Fallgestaltungen zum Tatbestand Gefahr (FG I) und Schaden (FG IIa und IIb) (Engeser, 2012). Eine Quelle wird dabei als „lokal begrenzt“ betrachtet, wenn sie entsprechend der Definition als punktförmig bezüglich eines definierten Betrachtungsabstandes angesehen werden kann. Angelehnt wird die Betrachtung an den in der Grundwasserverordnung (§ 7 Abs. 3 Nr. 1c) aufgeführten Wert von insgesamt 25 km² als maximal zulässiger Belastungsfläche, bei der ein Grundwasserkörper trotz einer infolge von Altlasten verursachten Überschreitung der Schwellenwerte ausnahmsweise noch in einen guten Zustand eingestuft werden kann. Davon abgeleitet wird ein Betrachtungsabstand von 5 km. Die Konzentrationsunterschiede im Betrachtungsabstand von 5 km zwischen einer Quelle mit einer Abstrombreite von 100 m sowie einer Abstrommächtigkeit von <35 m und einer punktförmigen Quelle betragen weniger als 5 %. Quellen mit dieser Abmessung können, ausgehend von einem Betrachtungsabstand von 5 km, mit guter Näherung als punktförmig beschrieben werden (Engeser, 2012). Daher folgt als Definition, dass eine Schadstoffquelle als „lokal begrenzt“ bezeichnet werden kann, wenn im unmittelbaren Abstrom der Quelle die Abmessungen des kontaminierten Abstromquerschnitts die Werte • Abstrombreite bq: 100 m, • Abstrommächtigkeit zq: 35 m nicht überschreiten und sich die Verunreinigung des Grundwassers auf das oberste Stockwerk beschränkt. Das Kriterium „geringe Fracht“ ist gem. Geoberichte 22 eingehalten, wenn die von der Quelle abströmende Fracht den Wert für Eger nicht überschreitet. Der Wert Eger für die „geringe Fracht“ ist demnach stoff- und standortspezifisch und ergibt sich als Produkt aus der Quellstärke Jq und dem Abstromquerschnitt Aq. Für eine detaillierte Beschreibung siehe Geoberichte 22, Kap. 5.2.1.2. Das Kriterium „auf Dauer“ ist eingehalten, wenn die Schadstofffracht im unmittelbaren Abstrom der Quelle dauerhaft den standortspezifischen Wert für die geringe Fracht Eger nicht überschreitet. Die Anwendung der Geoberichte 22 ist abhängig von der Fallgestaltung (FG I oder FG II). Im Weiteren wird auf die FG-II weiter eingegangen. Hier wird zunächst die Schadenschwelle überprüft. Dazu wird die Konzentration und Fracht in der KE-I bestimmt und anschließend die maximal zulässigen Fracht Eschwell ermittelt.

Gem. der Geoberichte 22 ist die Schadensschwelle dadurch charakterisiert, „dass im unmittelbaren Abstrom einer Quelle (Kontrollebene I) die über eine Mächtigkeit von einem Meter gemittelte Stoffkonzentration im Grundwasser im Jahresdurchschnitt die GFS an keiner Stelle des Aquifers überschreitet und die von der Beschaffenheitsveränderung betroffene Querschnittsbreite senkrecht zur Grundwasserfließrichtung die Kleinräumigkeitsschwelle (10 m) nicht übersteigt.“ Werden folgende Bedingungen im Jahresmittel gleichzeitig eingehalten, ist die Schadensschwelle unterschritten: - Bq ≤ 10 m cKE ≤GFS - EKE ≤ Eschwell - Wichtig hierbei ist, dass für einen Schadensausschluss die Filterstrecken der Messstellen bzw. Sondierungen im zentralen Abstrom (sowohl lateral wie auch vertikal) platziert sind und maximal 1 m lang sind. Falls nur Messstellen mit längeren Filterstrecken (z. B. voll verfiltert) zur Verfügung stehen, ist für einen Schadensausschluss zu prüfen, ob auch bei Mittelung über 1 m die Kriterien eingehalten werden. Für die Maßnahmenschwelle im FG II wird die Konzentration und Fracht in der relevanten Kontrollebene KE ermittelt. Relevante Kontrollebene ist im allgemeinen Fall KE-I und im Ausnahmefall KE-II (abstromseitige Grundstücksgrenze). Anschließend wird die standortspezifische geringe Fracht Eger ermittelt. Die Maßnahmenschwelle MS-S ist unterschritten, wenn im Jahresmittel folgende Bedingungen gleichzeitig eingehalten werden und die Verhältnismäßigkeitskriterien eingehalten werden.: - Breite Bq ≤ 100 m - Mächtigkeit ≤ 35 m - Gemittelte Konzentration cKE ≤ GFS - EKE ≤ Eger Der Abstromquerschnitt der relevanten Kontrollebene muss dabei durch eine ausreichende Anzahl geeigneter Grundwassermessstellen bzw. Sondierungen erfasst werden, auch um die Kontrollebene in rechteckige Stromröhren zu unterteilen. Den Stromröhren werden anschließend die entsprechenden hydrogeologischen Parameter und die repräsentative Konzentration zugeordnet und dann die Volumen- und Massenströme ermittelt. Zuletzt werden die Teilströme der Stromröhren aufsummiert und repräsentative mittlere Werte für die Kontrollebene ermittelt. Die aus der Bewertung resultierenden Konsequenzen sind abhängig von der bodenschutzrechtlichen Bearbeitungsebene (Tabelle 1).

Tabelle 1: Folgen aus der Bewertung im Hinblick auf die Maßnahmenschwelle (Geoberichte 22. Bewertungs-/ Entscheidungsebene Durchführung/Anordnung Maßnahmen Beendigung/Abbruch Maßnahmen Maßnahmenschwelle Überschritten Maßnahmen i. d. R erforderlich, unter weitere Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Prüfung Fortsetzung der Maßnahmen i. d. R. erforderlich, weitere Prüfung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes i. d. R. Unterschritten nicht Maßnahmen erforderlich, Monitoring im Rahmen der Nachsorge, ggf. Schutz- oder Beschränkungsmaß- nahmen Fortsetzung der Maßnahmen i. d. R. erforderlich, Monitoring im Rahmen der Nachsorge, ggf. Schutz- oder Beschränkungsmaßnahmen nicht Auf der Seite des LBEG steht ein Excel-Tool für die FG I und FG II zum Download zur Verfügung. Mit dem Excel-Tool können für die Kontrollebenen die Schadens- und Maßnahmenschwelle beurteilt werden. Dazu können in einzelnen Tabellenblättern die Kontrollebenen definiert und für jede Stromröhre die hydraulischen Parameter und jeweiligen Konzentrationen eingegeben werden. Die zur Bewertung relevanten Parameter für die Schadensschwelle und Maßnahmenschwelle (s.o.) werden nach Konstruktion der Stromröhren berechnet, wie in Abbildung 4 und Abbildung 5 beispielhaft für das Fallbeispiel 3 im Anhang der Geoberichte 22 dargestellt..

Derzeit beziehen sich die Geoberichte 22 auf die GFS-Werte von 2004. Daher sollten bei der Anwendung die GFS-Werte von 2016 verwendet werden sowie die Anwendungsgrundsätze beachtet werden. Die Überarbeitung der Geoberichte 22 ist geplant. Quellen Bundesbodenschutzgesetz (1998): Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten, Bundes-Bodenschutzgesetz vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 306) geändert worden ist Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), die zuletzt durch Artikel 126 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist Deutscher Bundestag zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung (2021), Drucksache 19/29636, Verordnung Engeser, B. Grundwassergefahren und –schäden (ElKriBaG). Geoberichte 22. (2012): Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter ITVA, 2018 - Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e.V. (2018): Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Sanierungsuntersuchung. ITVA-Arbeitshilfe H1-16. Berlin. LABO, 2015 - Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (2015): Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung. Ständiger Ausschuss Altlasten – ALA. Ad-hoc Unterausschuss „Natürliche Schadstoffminderung" LAWA, 2006 - Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO) (2006): Grundsätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen 2016 - (2016): LAWA, von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser. Aktualisierte und überarbeitete Fassung 2016. Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser Ableitung

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Altlastentag Hannover 2023 Workshop 4: Bewertung von Grundwasserschäden Praxisbeispiele Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH Standortinformation Ausgangslage Beispiel 1: Ehemaliges Kalibergwerk 1 1.1 Der Standort liegt im südlichen Niedersachsen in einer breiteren Flussniederung mit der Prä- gung eines Mittelgebirges. Bei dem Altstandort handelt es sich um ein ehemaliges Kaliberg- werk, das bis 1932 betrieben wurde. Ab 1934 wurde der Schacht zur Munitionsanstalt ausge- baut. 1947 kam es zu einer Explosion der dort eingelagerten Munition. Der Schacht wurde in den Jahren 1976 und 1977 bis auf eine Tiefe von 383 m unterhalb der Geländeoberkante verfüllt und mit Lauge geflutet. Die Restverfüllung erfolgte im Jahre 1987. Nach verschiedenen gewerblichen Nutzungen des Gebäudebestandes in der Nachkriegszeit wurde auf dem Gelände eine Kompostierungsanlage betrieben. Aktuell wird das Gelände als Grüngutannahmestelle und zur Bauschuttaufbereitung genutzt. Die ehemals vorhandenen Ge- bäude sind bis auf wenige Reste abgebrochen und zumindest zum Teil flächig vor Ort zur Geländeauffüllung genutzt worden. Am nördlichen Rand des Altstandortes befindet sich eine Altablagerung. Hierbei handelt es sich um einen verfüllten Klärteich (Endlaugenbehälter) des Kaliwerks, der 1977 mit dem Bau- schutt des ehemaligen Verwaltungsgebäudes verfüllt wurde. Im Folgenden wird die gesamte Fläche als Altstandort bezeichnet. 1.2 Geologie und Hydrogeologie Unterhalb von anthropogenen Auffüllungen wurden überwiegend bindige Sedimente (sandige Schluffe mit schwach tonig bzw. kiesigen Beimengungen) mit einer mittleren Mächtigkeit von ca. 3,0 - 4,0 m angetroffen, die als holozäne Auenlehme gedeutet wurden. Unterlagert werden die Auenlehme durch pleistozäne Ablagerungen der Weichsel-Kaltzeit, die häufig anteilig Fein- und Grobkiese sowie Mittel- und Grobsande enthalten. Die angetroffenen Sande und Kiese werden als Flussablagerungen der Niederterrasse des nahen Flusses gedeutet. Der oberste Grundwasserkörper ist als Porengrundwasserleiter mit hoher Durchlässigkeit aus- gebildet. Die Grundwasserfließrichtung wird nach Norden bis Nordwesten in Richtung des Vor- fluters angenommen. Mit den Ergebnissen der Voruntersuchungen konnte wird die zwischen

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Vorerkundungen Nordwest - West gerichtete Grundwasserfließrichtung bestätigt werden. Informationen zur Tie- fenlage der Grundwasseroberfläche gehen aus den digitalen Kartenwerken nicht vor, können aber aus den Untersuchungsergebnissen der Geländearbeiten auf einen Tiefenbereich von 81,0 - 83,0 m NHN abgeschätzt werden. Gemäß Topographischer Karte liegen die Gelände- höhen am Standort im Mittel zwischen 85,0 - 89,0 m NHN, somit beträgt der mittlere Grund- wasserflurabstand zwischen 4 - 6 m unter Geländeoberkante (u. GOK). Das nächstgelegene Oberflächengewässer ist ein kleiner Bach, der von Ost nach Nord-West direkt entlang der nordöstlichen Standortgrenze verläuft. Dieser mündet ca. 500 m nordwest- lich des Standortes in die Leine. Dieser Bach ist in den Auenlehmhorizont eingelagert und korrespondiert nicht mit dem eigentlichen Grundwasserkörper. Weiterhin befinden sich etwa 100 m östlich des Altstandortes drei Teiche. 1.3 Im Zuge der durchgeführten Detailuntersuchung wurde festgestellt, dass u. a. aus den flächen- deckend verbreiteten Auffüllungen Schadstoffe gelöst und mit versickerndem Niederschlags- wasser in das Grundwasser eingetragen werden. Dies betrifft insbesondere die Parameter Bor, Chlorid und Sulfat sowie punktuell vereinzelt geringfügig auffällige Konzentrationen an po- lyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie vereinzelt Schwermetalle. Ferner ergaben die Erkundungen, dass die flächig im Bereich des Altstandortes verbreiteten Auffüllungen in ihrer Zusammensetzung als einheitlich zu beschreiben sind. Auf Grund von Stoffkonzentrationen im Grundwasser oberhalb der jeweiligen parameterspe- zifischen Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) wurde eine nachteilige Beeinträchtigung der Grundwasserbeschaffenheit für die Pa- rameter Bor, Chlorid und Sulfat abgeleitet. Als Ergebnis der weiterführenden Sanierungsunter- suchung aus wurden die ermittelten Stoffgehalte nachweislich auf Einträge im Bereich des Altstandortes zurückgeführt. Als Ursache für die nachteilige Grundwasserveränderung wurde eine Mobilisierung der Stoffe aus den Auffüllungen mittels durchsickerndem Niederschlagswasser und Verlagerung in den Grundwasserleiter gesehen. Zusätzlich erfolgte für die als auffällig eingestuften Parameter eine standortbezogene Frachtermittlung für das abstromige Grundwasser im Bereich der Grundstücksgrenze. Die berechneten Frachten wurden als hoch eingestuft. Im Hinblick auf die erzielten Ergebnisse wurde im Rahmen der Sanierungsuntersuchungen ein wasserrechtlicher Handlungsbedarf abgeleitet und als Maßnahme zur Minderung der Stofffrachten (vorrangig Minimierung der Quellkonzentration) eine Sicherung durch Abdeckung mittels geeignetem Bo- denmaterial vorgeschlagen. Diese Maßnahme wurde bis zur Vorlage eines Sanierungsplanes verfolgt. 2. Erneute Bewertung 2.1 Da es hinsichtlich der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der im vorliegenden Sanierungsplan beschriebenen Maßnahmen zur Sicherung des Standortes Zweifel gab, wurde die Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH mit ergänzenden Standortuntersuchungen und einer Aufgabenstellung

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Feldarbeiten erneuten Bewertung des Grundwasserschadens beauftragt. Von den Ergebnissen dieser Ar- beiten wird nachfolgend berichtet. 2.2 Da die Bewertung des bereits festgestellten Grundwasserschadens über eine Frachtbetrach- tung entsprechend des ElKriBAG-Papiers erfolgen sollte, wurden der Fokus der neueren Grundwasseruntersuchungen auf Messstellenkonfigurationen gelegt, die eine qualifizierte Er- mittlung der Schadstofffrachten im Grundwasser ermöglichen würden (Transsekten). Hierzu wurden für den mittelbaren Abstrom des Altstandortes (Kontrollebene II) eine Galerie von vier neuen Grundwassermessstellen etwas abstromig des Geländes in linienhafter Anordnung er- richtet. Für den unmittelbaren Abstrom ließen sich die bestehenden Messstellen nutzen. In einer weiteren Untersuchungsserie wurde auch der Anstrombereich mit neuen Messstellen detaillierter untersucht. Aktuelle Untersuchungsergebnisse Alle Messstellen wurden auf die relevanten Stoffe hin beprobt und die Höhenlage des Grund- wasserspiegels aufgenommen. 2.3 Die aktuellen Untersuchungen bestätigten die früheren Ergebnisse. Im Ergebnis der Grund- wasseruntersuchungen wurden während der zwei durchgeführten Grundwasserbeprobungs- kampagnen signifikant erhöhte Gehalte an Bor, Chlorid und Sulfat ermittelt, die in mehreren Messstellen deutlich oberhalb der parameterspezifischen GFS-Werte der LAWA liegen. Zusätzlich wurden temporär auch GFS-Überschreitungen für die Schwermetalle Blei, Chrom, Kupfer, Quecksilber und Zink an einzelnen Grundwassermessstellen ermittelt, vereinzelt ge- ringe Gehalte an Trichlormethan und Phenol.

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Bewertung 2.4 2.4.1 Bewertung nach den Geringfügigkeitsschwellen Für die Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurden im ersten Schritt die LAWA-Gering- fügigkeitsschwellenwerte unter Berücksichtigung der Anwendungsregeln für den nachsorgen- den Grundwasserschutz angewendet (Kap. 3.3 „Gefahrenbeurteilung und Gefahrenabwehr im Anwendungsbereich des Bodenschutzrechts - Nachsorge“). Demnach kann in der Nachsorge (Gefahrenabwehr) unter bestimmten Bedingungen eine differenzierte Betrachtung der human- bzw. ökotoxikologisch abgeleiteten GFS erfolgen (vgl. Kap. 3.3, Punkt 5): • „Überschreiten die Stoffkonzentrationen im Grundwasser die Schwellen der gesundheitli- chen/sensorischen Wirkung (I) liegt in jedem Fall eine schädliche Gewässerveränderung vor. • Unterschreiten die Stoffkonzentrationen die Schwellen der gesundheitlichen/sensorischen Wirkung (I), überschreiten jedoch die Schwellen für die ökotoxische Wirkung (II), ist zu prüfen, inwieweit Beeinträchtigungen von Oberflächengewässern oder grundwasserab- hängigen Landökosystemen vorliegen können.“ Nachfolgend sind aus dem Anhang 3 des GFS-Papiers die human- bzw. ökotoxikologisch be- gründeten Werte zur Ableitung der GFS dargestellt (fett ist der für die Angabe des GFS heran- gezogene Wert): Parameter Humantoxikologisch Ökotoxikologisch Chlorid Sulfat Bor begründet Wirkung (I)“ „gesundheitlich/sensorische 250 mg/l (TrinkwV) 250 mg/l (TrinkwV) 1 mg/l (TrinkwV) begründet „ökotoxische Wirkung (II)“ 94 mg/l 75 - 675 mg/l 0,18 mg/l (PNEC) Zur Bewertung der Anwendbarkeit dieser Regel wurden Überlegungen zur Gefährdung des Schutzgutes Oberflächengewässer durch den Parameter Bor angestellt. Vereinfacht wurde dazu angenommen, dass die gesamt Bor-Fracht an der Kontrollebene KE-II in den Vorfluter eintritt und sich dort in das Flusswasser einmischt. Mit grob abgeschätzten Abflussmengen des Vorfluters ergibt sich die folgende Einmischrechnung: Abfluss Vorfluter am Standort (geschätzt) Fracht in der KE II Zusätzliche Konzentration im Vorfluter: Die Borkonzentration in Binnengewässern wird in der Literatur im Bereich von 10 - 50 µg/l angegeben. Auch wenn die getroffenen Annahmen für die obige Rechnung unsicher sind, kann bei der extrem geringen zusätzlichen Borbelastung im Vorfluter sicher davon ausgegangen werden, dass eine schädigende Wirkung auf das Oberflächengewässer selber bzw. der dort vorhandenen Ökosysteme durch diese zusätzliche Belastung ausgeschlossen werden kann. MQ Chlorid Sulfat Bor Chlorid Sulfat Bor ca. 20 m³/s 5.930 g/d 7.430 g/d 11,6 g/d 3,5 µg/l 4,3 µg/l 0,006 µg/l

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Mit dieser Überlegung können für Bor unter Berücksichtigung der Anwendungsregeln im vor- liegenden Fall die höheren Werte der Trinkwasserverordnung von 1 mg/l genutzt werden. Parameter Chlorid Sulfat Bor Humantoxikologisch begründet 250 mg/l (TrinkwV) 250 mg/l (TrinkwV) 1 mg/l (TrinkwV) Ökotoxikologisch begründet 94 mg/l 75 - 675 mg/l 0,18 mg/l (PNEC) Mit diesen Geringfügigkeitsschwellen ergibt sich folgende Bewertung: Werksgelände GWM-01 GWM-02 GWM-03 GWM-04 GWM-05 110 85 0,11 68 160 5,02 140 550 1,9 83 170 0,76 910 660 1,44 GWM-06 GFShumantox 250 GFSökotox 94 675 0,18 250 1 Chlorid Sulfat Bor in mg/l Abstrom Chlorid Sulfat 110 360 1,71 94 675 0,18 GWM-07 GWM-08 GWM-09 GFSökotox Begründung 360 400 1,01 430 350 0,59 520 240 0,25 GWM-10 GFShumantox 250 86 85 0,13 250 1 Trinkwasser (Säuglinge); Geschmack Trinkwasser (Säuglinge) Bor in mg/l Im Gegensatz zu den früheren Bewertungen werden nur noch für die Parameter Chlorid und Sulfat Überschreitungen der humantoxikologisch bzw. sonsorisch begründeten GFS-Werte und damit eine entsprechende nachteilige Veränderung des Grundwassers festgestellt. 2.4.2 Bewertung nach Frachten Ökotoxizität (Trinkwasser 1,0) 2.4.2.1 Rechtlicher Rahmen Für die Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen sind die folgenden Kriterien zu bewerten: Die Erforderlichkeit einer Sanierung ergibt sich aus dem vorhandenen, sanierungsbedürfti- gen Grundwasserschaden selbst. Ein geeignetes Verfahren zur Sanierung des vorhandenen Schadens im Boden und Grund- wasser, ist eine Entfernung der Schadstoffe im Untergrund. Weiterhin könnte durch hydrauli- sche Maßnahmen eine Sickerwasserbildung in der ungesättigten Bodenzone oder ein Abstrom von kontaminiertem Grundwasser verhindert werden. Zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sind weitergehende Betrachtungen anzustellen, die sich mit der Effizienz der Sanierung und den spezifischen Kosten sowie dem sonstigen Auf- wand der Sanierung beschäftigen. Im Bodenschutzrecht finden sich nur vereinzelt Hinweise auf die Thematik der Verhältnismä- ßigkeit von Maßnahmen. So formuliert § 4 (7) BBodSchV Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. z.B.: „Wenn erhöhte Schadstoffkonzentrationen im Sickerwasser oder andere Schadstoff- austräge auf Dauer nur geringe Schadstofffrachten und nur lokal begrenzt erhöhte

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Schadstoffkonzentrationen in Gewässern erwarten lassen, ist dieser Sachverhalt bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigen.“ (Unterstreichungen durch den Autor) Zur genaueren Bestimmung dieser Kriterien bestehen in den Bundesländern verschiedene Arbeitshilfen. In dem Papier der LAWA/Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO) „Grund- sätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen“ sind z.B. Vergleichsflächen und -volumina angegeben, in denen Überschreitungen der GFS-Werte denkbar sein können. Das Bundesland Hessen stellt eine „Arbeitshilfe zur Sanierung von Grundwasserverunreinigungen“ bereit, in der mittels Fließdiagrammen Entscheidungen über das Erfordernis von Sanierungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der rechtlichen Rahmenbe- dingungen des Wasser- und des Bodenschutzrechtes in Abhängigkeit von ermittelten Stoff- mengen und -frachten getroffen werden können. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen schließlich wurde die „Vollzugshilfe zur Gefährdungsabschätzung „Boden-Grundwasser“ (MALBO 17)“ eingeführt, die verbalargumentative Entscheidungskriterien zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen auflistet. In Niedersachsen hat das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) die Arbeits- hilfe „Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und -schäden“ veröffentlicht0, die auf einer sehr detaillierten und theoretischen Grundlage De- finitionen der Gefahren-, der Schadens- und der Maßnahmenschwelle enthalten. Auch bei die- ser Betrachtung sind die Kriterien der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt. Eine zentrale Be- deutung kommt hierbei der Frachtberechnung zu, für die das ElKriBaG-Papier ein Excel-ba- siertes Berechnungstool bereitstellt. Der Schadensschwelle wird dabei die Schwellenfracht, der Maßnahmenschwelle die geringe Fracht gegenübergestellt. Die Zusammenhänge können vereinfacht wie folgt dargestellt werden: 2.4.2.2 Ergebnisse Über beide Messkampagnen wird bei den zur Frachtenberechnung ausgewählten Parametern eine durchgängige Überschreitung der Schwellenfracht ermittelt, so dass bei den Kontrollebe- nen eine permanente Überschreitung der Schadensschwelle festgestellt wird. Eine durch die Quelle verursachte Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit im wasserrechtlichen Sinne ist also bereits eingetreten. Die Frachtermittlungen mittels ElKriBaG ergaben folgende Werte:

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Es zeigt sich, dass für alle Parameter mit Ausnahme des Bors die geringen Frachten einge- halten werden. Auffällig ist für Bor, dass die Anstromfracht bereits höher liegt als die Frachten in den Kontrollebenen KE-I und KE-II, wobei diese Fracht aufgrund weniger Messstellen im Anstrom mit einer geringeren Genauigkeit ermittelt wurde. Neuere Untersuchungen belegen tatsächlich einen lokalen Schaden im Anstrom in Standortnähe mit einer hohen Freisetzung von Bor. 2.4.3 Gesamtbewertung Die gemessenen Stoffe Sulfat, Chlorid und Bor haben am Standort und im Anstrom zum Stand- ort zu einem Grundwasserschaden geführt. Temporäre spielen an einzelnen Messstellen auch schädliche Einträge anderen Schadstoffe eine Rolle (PAK, Schwermetalle und andere), aller- dings in geringerer Höhe und nicht dauerhaft. Die durchgeführten Frachtberechnung belegen durch die Überschreitung der Schwellenfracht diesen Schaden. Allerdings unterschreiten die relevanten Stoffe die „geringe Fracht“ im Grund- wasser und damit die Maßnahmenschwelle gem. ElKriBaG. Für Bor allerdings auch nur, weil die Kontamination bereits im Anstrom vorhanden ist. Damit unterschreitet die vom Standort ausgehende „zusätzliche Fracht“ auch für Bor die Maßnahmenschwelle. In Verbindung mit der Tatsache, dass die Oberflächengewässer nicht durch die aus dem Grundwasser zutretenden Stoffe gefährdet werden, ist damit eine Verhältnismäßigkeit für wei- tergehende Maßnahmen zur Sicherung oder Dekontamination des Standortes nicht erkenn- bar.

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Beispiel 2: CKW-Schadensfall Standortbeschreibung Ausgangslage und Aufgabenstellung 1 1.1 Die Ausgangssituation des nachfolgend beschriebenen Projektes zur Ableitung von Kriterien für den Abbruch oder die Weiterführung der hydraulischen Maßnahmen und der Entwicklung von Sanierungszielen ist sehr typisch für CKW-Schadensfälle allgemein: Nach mehrfachen Versuchen, die Quelle des Schadensfalles zu sanieren und mit einer langjährigen hydrauli- schen Maßnahme den Grundwasserabstrom zu sichern, haben sich scheinbar stagnierende Schadstoffausträge eingestellt. Zwischen den Projektbeteiligten wurde die Frage, ob eine hyd- raulische Sanierung weiterhin vertretbar und verhältnismäßig ist oder ob sie abgebrochen wer- den kann, kontrovers diskutiert. Schließlich war eine Perspektive hinsichtlich der Kriterien für eine zukünftige Beendigung der aktiven Maßnahmen am Standort zu entwickeln. Die Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH wurde mit einer externen gutachterlichen Bewertung die- ser Fragenstellung („Second Opinion“) beauftragt und hat die nachfolgend beschriebene Vor- gehensweise erarbeitet. Lage, Nutzung und Standorthistorie 1.2 Der Standort, dessen genaue Lokalität in Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer nicht preisgegeben werden soll, liegt im Umfeld der Stadt Berlin im Land Brandenburg. Die Sanie- rung des Standortes wird im Rahmen der Altlastenhaftungsfreistellung durch die Bundesre- publik mit finanziert. Abb. 1: Lage und Umfeld des Sanierungsbereiches Es handelt sich um das Gelände einer Großwäscherei mit chemischer Reinigung aus der Zeit der DDR. Am Standort wird heute noch eine Wäscherei betrieben. Der Standort ist eingebettet in ein Gewerbegebiet, das im Süden durch Wohnbereiche, im Norden durch Grün- und Sport- anlagen begrenzt wird. Ein für das Verständnis des Standortes relevantes Element ist der nördlich des Standortes gelegene Graben, der eine wichtige Funktion für die Entwässerung des Gebietes spielt.

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Durch den Betrieb der chemischen Reinigung ist es an den üblichen Stellen zum Eintrag von LCKW in den Untergrund gekommen (Standort der Reinigungsmaschinen, Schlammsammel- becken, Abwassersystem mit Abscheidern usw.) Außerdem spielte in der Vergangenheit die Ableitung von LCKW-haltigen Abwässern in den nördlich verlaufenden Graben eine wichtige Rolle. Eingesetzt wurden in der Betriebszeit unter anderem Tri- und Perchlorethen, wobei die in den Untergrund eingedrungene Menge dieser Stoffe nicht bekannt ist. Sie dürfte sicherlich im Bereich einiger Tonnen gelegen haben. Als der Schadensfall entdeckt wurde, wurden im Grundwasser Schadstoffkonzentrationen bis 100.000 µg/l an LCKW gemessen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass am Standort ursprünglich LCKW in Phase vorhanden wa- ren. Unmittelbar nach der Wende begannen die Untersuchungen des Standortes hinsichtlich von Boden- und Grundwasserbelastungen, die in mehreren Etappen bis 1997 fortgesetzt wurden. 1998 wurden am Standort erste Bodensanierungsmaßnahmen zur Reduktion der Schadstoffe in den Eintragsbereichen durchgeführt. Danach schloss sich im Jahr 2000 eine intensive Kam- pagne zur Untersuchung des Grundwassers und zu Prüfung der Möglichkeiten einer Grund- wassersanierung an. Seit 2000 ist als Sofortmaßnahme eine hydraulische Sicherung des Stan- dortes installiert, die mit mehrfachen Optimierungen bis heute betrieben wird. Zur Eingrenzung des Schadens im Quellbereich wurden in den Jahren 2002 - 2004 weitere Untersuchungen durchgeführt. In den Jahren 2007 und 2008 schlossen sich entsprechende Sanierungsmaß- nahmen durch Bodenaustausch an. Im Jahre 2012 schließlich wurde in einem längeren Feld- versuch der Einsatz des Verfahrens der In situ-chemischen-Oxidation (ISCO) erprobt. Dieser ISCO-Feldversuch spielt für die weiteren Betrachtungen noch eine wesentliche Rolle, obwohl er als nicht zielführend abgebrochen wurde. 1.3 Geologie und Hydrogeologie Am Standort herrscht eine für den norddeutschen Raum typische Abfolge aus quartären Sedi- menten vor. Kiesig-sandige Lagen und ein dazwischenliegender mächtiger Geschiebemergel trennen zwei Aquifere. Während der untere Grundwasserleiter, ursprünglich auch durch die CKW-Einträge im Bereich der Wäscherei verunreinigt, inzwischen als saniert angesehen wer- den kann, wird im oberen Grundwasserleiter derzeit noch aktiv hydraulisch saniert. Die Grundwasserhydraulik ist geprägt durch ein wesentlich von Nordosten nach Westen ver- laufendes großräumiges Strömungsbild. Lokal sind die Absenkungen des Grundwasserspie- gels durch die hydraulischen Maßnahmen am Standort sehr deutlich ausgeprägt und führen bei aktivem Betrieb der hydraulischen Maßnahme zu einer allseitigen Fassung des Wassers aus dem belasteten Bereich. Im unmittelbaren Abstrom des Schadensfalls kann eine Stagna- tionszone hinsichtlich der Grundwasserströmung identifiziert werden, die auch in der Vertei- lung der Schadstoffe im Grundwasser erkennbar ist (vgl. Abb. 2). Insgesamt wird die Grund- wasserhydraulik gesteuert durch den beschriebenen Graben westlich des Schadensfalls, der großräumig als Vorflut für den oberen Grundwasserleiter anzusehen ist. Schadstoffe im Untergrund 1.4 Die aktuelle Verteilung der Schadstoffe im Grundwasser (Abb. 2) korreliert sehr gut mit den seit vielen Jahren konstant ausgebildeten Absenktrichtern der hydraulischen Maßnahme. Im Inneren des hydraulisch gefassten Bereiches werden quellnah LCKW-Konzentrationen von 5.000 – 8.000 µg/l gemessen. Auf dem Standort herrschen ansonsten niedrigere Konzentrati- onen zwischen 1.000 und 5.000 µg/l vor. Auch der gesamte abstromig gelegene Aquifer ist

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf durch die Schadstoffe des Schadensfalles geprägt, es hat sich eine großräumige Kontamina- tionsfahne ausgebildet, die noch in größerer Entfernung Konzentrationen zwischen 100 und 500 µg/l zeigt. Die Vorflutfunktion des Grabens kann anhand der Schadstoffverteilung im Gra- benwasser gut nachvollzogen werden. In den Bereichen, in denen aufgrund der Grundwas- sergleichen von einer Vorflutfunktion des Grabens auszugehen ist, steigen die LCKW-Kon- zentrationen im Grabenwasser deutlich an (von etwa 5 auf 30 µg/l). Insoweit ist dieses Ober- flächengewässer unmittelbar vom Schadensfall beeinträchtigt. Abb. 2: Konzentrationsverteilung im Grundwasser (2014) Ausgehend von diesem äußerlich erkennbaren Schadensbild kann in Abhängigkeit auch der Erkenntnisse aus der Standorterkundung und den durchgeführten Sanierungsmaßnahmen von dem in Abb. 3 dargestellten konzeptionellen Standortmodell ausgegangen werden: Im un- mittelbaren Eintragsbereich der LCKW in den Untergrund haben intensive Sanierungen statt- gefunden, so dass die Quelle an sich als saniert angesehen werden kann. Allerdings haben sich um die sanierten Bereiche herum sowie auch unterhalb des eigentlichen Sanierungsbe- reiches Zonen mit Resten des Primärschadens ausgebildet. Durch die jahrelang vorhandenen sehr hohen Belastungen von LCKW im Untergrund haben sich aber auch Zonen mit sekundä- ren Schadstoffanreicherungen eingestellt. Hier sind vor allem die feinsandigen Bereiche des Untergrundes zu nennen und vor allem auch der Geschiebemergel, von dem Belastungen nachgewiesen sind. Abb. 3: Konzeptionelles Modell der heutigen Untergrundbelastung

Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf In Abhängigkeit der unterschiedlichen hydraulischen Durchlässigkeiten der einzelnen Sedi- mentbereiche kann grundsätzlich von unterschiedlichen Frachten ausgegangen werden. Kleine Frachten können aus Zonen mit geringen Schadstoffkonzentrationen, aber hohen Was- sermengen, sowie aus Zonen mit geringen Wassermengen aber hohen Konzentrationen an- genommen werden. Im Gegensatz dazu liefert der gut durchlässige Bereich direkt oberhalb des Geschiebemergels große Frachten, weil sich hier große Wassermengen und hohe Schad- stoffkonzentrationen überlagern. Dieses Schadstoffmodell ist Ausgangspunkt der nachfolgen- den Überlegungen, wobei aufgrund des Ausbaus der am Standort vorhandenen Grundwas- sermessstellen eine vertikale Differenzierung unterschiedlicher Frachten nicht möglich ist. Allgemeines zum Verhalten der LCKW im Untergrund 1.5 Für die nachfolgenden Überlegungen ist das Verständnis des Verhaltens der LCKW im Boden und Grundwasser von wesentlicher Bedeutung. Bekannt ist das Bild des Vorkommens von LCKW im Untergrund in Form von residualen Phasentröpfchen („blobs“) sowie die Bildung von LCKW-Pools auf der Oberseite von Grundwasserstauern. Die Verteilung der LCKW-Phasen im Untergrund erfolgt dabei bevorzugt an Schichtgrenzen von besser und weniger durchlässi- gen Sedimenten. In der Mikrostruktur des Sedimentes teilen sich die LCKW-Phasen und das Wasser die Poren- räume. Diese stehen auf Grund ihrer Struktur für den Grundwasserfluss zur Verfügung. Am Grundwasserumsatz beteiligt sind offene, miteinander vernetzte Porenräume. In vollständig geschlossenen Porenräumen findet hingegen keine Wasserbewegung statt. Wichtig für das Verständnis des Verhaltens von LCKW sind vor allem die teilgeschlossenen Porenräume, die mit den durchflossenen Porenräumen nur punktuell in Verbindung stehen. Diese als „Dead end“-Poren bezeichneten Räume können zwischen Sedimentkörnern, aber auch innerhalb der Sedimentkörner vorkommen. Schadstoffanreicherungen können zum einen in Form der Blobs in den gut hydraulisch erreich- baren Porenräumen, zum anderen in Form von Blobs bzw. hochgesättigtem Wasser in den „Dead End“-Poren oder durch Sorption an den Oberflächen der Sedimentkörner vorkommen. Während in den hydraulisch durchströmten Porenräumen die Schadstoffe durch direkte Lö- sung sanierbar sind, findet die Schadstofffreisetzung aus den teilgeschlossenen Porenräumen nicht durch unmittelbare Lösung, sondern nur durch die diffusionsgesteuerte Freisetzung in den durchströmten Porenraum und damit vor allem auch zeitabhängig und damit überlange Zeiträume statt. Herleitung von Sanierungszielen Rechtlicher Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung 2 2.1 Die Bewertung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen muss ansetzen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. In der BBodSchV werden bezüglich der Verhältnismäßigkeit weitgehend unbestimmte Kriterien genannt („geringe Schadstofffrachten“, „lokal begrenzt er- höhte Schadstoffkonzentrationen“ usw.). Inhaltliche Erläuterungen zu diesen rechtlichen Be- griffen sind in den Arbeitshilfen verschiedener Bundesländer gegeben. Die Verhältnismäßig- keit kann allgemeiner definiert werden durch die folgenden Aspekte: • Erforderlichkeit, • Geeignetheit, • Angemessenheit.

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Im vorliegenden Fall kann angesichts des aktuell noch vorhandenen massiven Grundwasser- schadens sicherlich von der Erforderlichkeit weiterer Sanierungsmaßnahmen ausgegangen werden (erheblicher Grundwasserschaden im wasserrechtlichen Sinne). Auch scheinen im vorliegenden Fall die hydraulischen Maßnahmen derzeit noch ein geeignetes Mittel zur Siche- rung und durch den Schadstoffaustrag auch zur Dekontaminatin des Schadens zu sein. Inso- weit spielt nachfolgend vor allem die Angemessenheit der Sanierungsmaßnahmen eine Rolle, die sich einerseits aus den Aspekten der Effizienz und andererseits aus den Kosten der hyd- raulischen Maßnahmen zusammensetzt. Bewertung der Anlageneffizienz 2.2 Eine Auswertung der Schadstoffausträge aus der hydraulischen Maßnahme für den hier be- trachteten LCKW-Schadensfall ist in Abb. 4 wiedergegeben. Erkennbar ist, dass in den letzten Jahren hohe Schadstoffausträge von 20 - 50 kg LCKW/Monat stattgefunden haben, wobei al- lerdings bereits eine deutlich abnehmende Tendenz der Austragsmengen erkennbar ist. Wei- terhin sind die spezifischen Kosten des Schadstoffaustrages zu bewerten. Während im Jahr 2009 die Kosten für die Sanierung noch 50 – 100 Euro/kg aus dem Grundwasser gewonnenen LCKW betragen haben, sind im Jahre 2014 diese Kosten auf 160 – 250 Euro/kg angestiegen. Abb. 4: Austragsmengen und spezifische Kosten seit 2012 In der Literatur finden sich verschiedene Untersuchungen, die sich mit den Kosten der LCKW- Sanierung beschäftigen, z.B. in Arbeitshilfen der Bundesländer Sachsen (SMUL 2007) und Baden-Württemberg (LUBW 2012; Abb. 5) dargestellt. Allen diesen Abbildungen ist gemein, dass die spezifischen Sanierungskosten nicht linear ansteigen, sondern dass häufig oberhalb eines spezifischen Kostenansatzes die Kosten für die weitere Sanierung überproportional an- steigen (halblogarithmische Darstellung in Abb. 5). Bezogen auf den untersuchten Standort kann festgestellt werden, dass im Vergleich zu ande- ren ausgewerteten Schadensfällen die aktuellen spezifischen Kosten am Beispielstandort von 250 €/kg eher im unteren Bereich dieser Fälle liegen. Insoweit scheint hinsichtlich der Kosten der Anlagenbetrieb derzeit noch relativ kostengünstig zu sein.

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Abb. 5: Spezifische Sanierungskosten (€/kg) ausgewählter Sanierungsfälle (LUBW 2012) Auch hinsichtlich der Bewertung der Anlageneffizienz sind die zwei Ausarbeitungen aus Sach- sen (SMUL 2007) bzw. Baden-Württemberg (LUBW 2012) interessant. Mit ihrer Hilfe ist es möglich anhand der grafischen Auswertung der Austragsmengen (vgl. Abb. 4) über die Nei- gung der Kurve der Austräge auf die Art zu schließen, auf der der Schadstoffaustrag aus dem Untergrund jeweils beruht. Für den vorliegenden Fall kann daraus geschlussfolgert werden (Abb. 6), dass sich die Sanierung derzeit in der Phase befindet, in der die Schadstoffe noch advektiv zugänglich sind und insoweit eine Sanierung mithilfe des Verfahrens der hydrauli- schen Maßnahmen noch als effizient bewertet werden kann. Abb. 6: Bewertung der Anlageneffizienz (LUBW 2012; ergänzt aus SMUL 2007) 2.3 Generelle Sanierungsziele Obwohl am Standort kein relevanter LCKW-Abbau erkennbar ist, können hinsichtlich eines nach zukünftiger Abschaltung der hydraulischen Sicherung noch tolerierbaren Grundwasser- schadens einige der Kriterien des LABO-Positionspapiers zur natürlichen Schadstoffminde- rung (LABO 2009) genutzt werden:

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf den. • Die zukünftige Schadstofffahne soll „quasi-stationär“ oder schrumpfend sein. • Es sollen keine weiteren Schutzgüter oder abliegende Grundwasserkörper gefährdet wer- • Die weitere Sanierung der Schadensquelle muss unverhältnismäßig sein. Aus diesen Anforderungen kann gefolgert werden, dass an dem vorliegenden Standort die Sanierung nicht abgebrochen werden kann, da sie derzeit noch verhältnismäßig ist, sondern solange fortgesetzt werden sollte, bis die Grenze der Verhältnismäßigkeit erreicht ist. Kriterien für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sind wie dargestellt definiert. Nach einer Abschaltung der hydraulischen Maßnahme soll sich danach eine stationäre Fahne einstellen, die den Graben als schützenswertes Oberflächengewässer nicht erreicht. Eine sol- che Grundwassersituation könnte dann tolerierbar sein. Allerdings stellt sich die Frage, bei welchen Schadstoffverhältnisse im Zustand der hydraulischen Sicherung sich nach Abschal- tung eine solche stationäre Fahne einstellen würde. Sanierungszielwerte 2.4 Für die Beantwortung dieser Frage wurden die Daten aus der Aufzeichnung der Grundwas- serkonzentrationen während des oben erwähnten ISCO-Versuchs genutzt. In dieser Phase war für mehrere Monate die hydraulische Sicherung abgeschaltet. Auswertungen der Grund- wasserbelastung zeigten dabei an einigen Messstellen massive Anstiege der Schadstoffkon- zentrationen (Abb. 7). ISCO-Versuch Abb. 7: Rebound-Effekt während des ISCO-Versuchs an der GWM P1/2000 Dieser Rebound-Effekt trat aber nicht an allen Messstellen auf. Einige der Messstellen zeigten gleichbleibende Konzentrationen an, wobei dieses gerade bei den hochbelasteten sowie bei sehr niedrig kontaminierten Messstellen erkennbar war. Eine Auswertung der Konzentrations- anstiege in Abhängigkeit des Konzentrationsniveaus vor der Abschaltung (Anmerkung: zur Un- terdrückung statistischer Schwankungen wurde diese durch eine „charakteristische Konzent- ration“ ausgedrückt) zeigt, dass bei Konzentrationen oberhalb von etwa 2.000 µg/l kein Rebound eintrat, während unterhalb dieser Belastung die Konzentrationen im Mittel um etwa den Faktor 2 anstiegen. Dieser zuerst einmal überraschende Effekt kann anhand der beiden für die Lösung von LCKW in Wasser typischen Lösungsvorgänge erklärt werden. Während bei hohen Konzentrationen

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf die Schadstoffgehalte auf der direkten Lösung der LCKW in Wasser beruhen, bestimmt bei niedrigeren Schadstoffniveaus die zeitabhängige Diffusion die gelöste Konzentration und führt bei der Anlagenabschaltung zu Konzentrationserhöhungen. Diese Erkenntnis kann für eine halbquantitative Vorhersage der zukünftigen Schadstoffkonzentrationen nach einem Abbruch der Sanierungsmaßnahmen genutzt werden. Tab. 1: Auswertung des Rebound-Effektes in Abhängigkeit der Konzentrationen (sortiert nach den charakteristischen Konzentrationen) Konzentration Förderung 2009/2010 Rebound Juni 2011 von [µg/l] bis [µg/l] charakt. [µg/l] 5.000 5.000 3.000 100 1.000 500 1.000 1.000 20 20 23.000 15.000 15.000 > 100.000 10.000 18.000 15.000 5.000 3.000 4.000 7.000 7.000 2.000 1.500 (1.000) 5.000 5.000 7.000 2.000 4.500 1.400 95.000 1.000 < 1.000 120 80 30 30 55 30 [%] 0 % 0 % 0 % 0 % 0 % 300 % 140 % 0 % 180 % 0 % Messstelle P11/2002 P1/2001 P2/2000 P6/2002 P4/2000 P8/2002 P1/2009 P2/2007 P1/2007 P3/2007 Zur Ableitung von Abbruchkriterien für die hydraulische Sicherung wurde dieser Ansatz in Kom- bination mit einer Frachtermittlung nach dem gebräuchlichen Stromröhrenmodell verwendet. Ausgehend von der heutigen Schadstoffverteilung würde bei einer sofortigen Anlagenabschal- tung unter Berücksichtigung des Rebound-Effektes eine LCKW-Fracht von etwa 210 g/d so- wohl für einen quellnahen, als auch für einen an der Grundstücksgrenze liegenden Abstrom- querschnitt ermittelt. Eine solche Fracht wäre sicherlich nicht tolerierbar und bestätigt die Not- wendigkeit des weiteren Anlagenbetriebes. Auf der Grundlage der Arbeitshilfen einiger Bundesländer können Größenordnungen einer ge- rade noch tolerierbaren Schadstofffracht abgeschätzt werden: • Baden-Württemberg (LUBW 1998): • Hessen (HLUG 2008): • Niedersachsen (LBEG 2012): Emax = 20 g/d „Große Fracht“ = 10 g/d „Geringe Fracht“ = 2,8 g/d

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Geht man z.B. von einer zulässigen Gesamtfracht von 20 g/d aus, kann man daraus mit Hilfe des oben verwendeten Frachtenmodells für die vorliegenden Standortverhältnisse rückwärts die zugehörigen Schadstoffkonzentrationen im quellnahen Bereich errechnen: • Maximale Konzentration im Abstrom aus dem Quellbereich: 1.000 µg/l • Maximale Konzentration an der Grundstücksgrenze: 500 µg/l Diese Konzentrationen stellen die prognostizierten Gehalte nach Abschaltung der hydrauli- schen Sicherung unter Berücksichtigung des Rebound-Effektes dar. Als Abschaltkriterien bei laufender Anlage können unter Berücksichtigung des eines Rebound-Faktors von 2 für diesen Konzentrationsbereich dabei jeweils die halben Werte definiert werden. Es zeigt sich bezogen auf die in Abb. 4 dargestellte Austragskurve, dass diesem Konzentrati- onsniveau eine aus dem Grundwasser ausgetragene Schadstoffmenge von etwa 5 kg LCKW/Monat entspricht. Es wurde erwartet, dass eine solche Austragsmenge sich bei fortge- setztem Anlagenbetrieb etwa im Jahr 2019 einstellen könnte. Zusammenfassend wurden den Projektbeteiligten folgende Maßnahmen und Sanierungsziele vorgeschlagen: • Weiterbetrieb der Sanierungsanlagen: − Laufende Kostenoptimierung − Weitere Optimierungen (Variation der einzelnen Förderraten u.ä.) zur Erhöhung des − Noch kein Übergang in einen intermittierenden Betrieb, da Austrag derzeit noch nicht Schadstoffaustrags diffusionsgesteuert stattfindet • Abbruch der hydraulischen Sanierung wenn − Erreichung vorläufiger Abbruchkriterien (500 bzw. 1.000 µg/l) oder − Unterschreitung eines monatlichen Austrags von 5 kg/Monat oder − Starker Anstieg der spezifischen Sanierungskosten oder − Ablauf des Jahres 2018. • Danach Abschaltung der Anlage für 6 Monate − Beobachtung der Hydraulik und der Konzentrationen („Rebound-Versuch“) − Ableitung der dann vorhandenen Fracht • Entscheidung über Wiederinbetriebnahme bzw. endgültige Abschaltung Literaturverzeichnis 3 Beispiel 1: Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): Empfehlungen für die Erkundung, Bewertung und Behandlung von Grundwasserschäden, Januar 1994 Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser, 2016 Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) / Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO): Grundsätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen, 2006 Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG): Ermessensleitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und -schäden, 03.2016

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Altlastentag Hannover 2023 Praxisbeispiele WS 4: Grundwasserschadensfälle Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie: Arbeitshilfe zur Sanierung von Grundwasserverunreinigungen, Band 3, Teil 7; 2018 Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen: Vollzugshilfe zur Gefährdungsabschätzung "Boden-Grundwasser" (MALBO 17); 2003 Beispiel 2: Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie Handbuch (HLUG) (2008): Altlasten Band 3, Teil 7: Arbeitshilfe zur Sanierung von Grundwasserverunreinigungen Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO) (2009): Positionspapier „Berücksichtigung der na- türlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung“ Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Niedersachsen (LBEG) (2012): Ermessens- leitende Kriterien bei der Bearbeitung altlastbedingter Grundwassergefahren und -schäden; GeoBerichte 22 Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) (1998): Verwaltungsvorschriften über Orientierungswerte für die Bearbeitung von Altlasten und Scha- densfällen Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) (2012): Er- mittlung fachtechnischer Grundlagen zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von langlaufenden Pump-and-Treat-Maßnahmen Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Referat Grundwasser und Altlasten (SMUL) (2007): Materialien zur Altlastenbehandlung - Entscheidungshilfe Grundwassersanierung: Ef- fizienz von Pump and Treat-Sanierung Stupp, K.-H., Bakenhus, A., Stauffer, R., Lorenz, D. (2006): Kosten zur Sanierung von Grund- wasserverunreinigungen durch CKW und Ansätze zur Definition der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen; Altlasten Spektrum 2/2006 (wortgleich zu finden auch unter http://www.dscweb.de/Publikationen/ckw-menge/ckw-menge.html (Abruf 23.03.2015) Anschrift des Autors Dipl.-Ing. Christian Poggendorf Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH Bemeroder Str. 71 30559 Hannover Tel.: 0511 899223-23 Mob: 0175 1611738 E-Mail: christian.poggendorf@burmeier-ingenieure.de Internet: www.burmeier-ingenieure.de

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Workshop 5 Asbest in Boden und Bauschutt Moderation: Dr. Michael Kerth Dr. Kerth + Lampe Geo-Infometric GmbH, Detmold Referate: Monika Machtolf IFUA Institut für Umweltanalyse Projektgesellschaft mbH, Bielefeld Uwe Kaufmann Barsinghausen Inhalt: Obwohl in den vergangenen Jahren immer wieder in Einzelfällen „Asbest im Boden“ zum Thema wurde, fehlen bisher ausreichende Erkenntnisse zu einer sachgerechten Methodik der Ermittlung von Asbestgehalten, zur tatsächlichen Verbreitung von Asbest im Boden und vor allem auch zur Bewertung der von Asbest im Boden ausgehenden Gefährdungen. Vorgestellt und diskutiert werden sollen vorhandene Erfahrungen zum Umgang mit Asbest-haltigen Böden und erste Untersuchungsergebnisse aus einem Untersuchungsvorhaben, das im Rahmen des Länderfinanzierungsprogramms „Boden, Wasser und Abfall“ durchgeführt wurde.

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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 5 Name Andrae Aßmann Balon Barkmann Vorname Behörde / Unternehmen Ulrich Malena Meike Tobias ukon Umwelt konzept e GmbH & Co. KG GEO-LOG Ingenieurgesellschaf t mbH DB Net z AG WSP Deut schland AG Behnen Wilhelm Eurof ins Umwelt Nord GmbH Biedermann Bönig Brackmann Anj a Rolf Anit a Eurof ins Umwelt Nord GmbH REMEX Nord GmbH NGS mbH Chmilewski Maximilian Dr. Moll GmbH & Co. KG de Wall Delker Döring Anneke Landkreis Aurich Unt ere Bodenschut zbehörde Louis LD Umwelt GmbH Sebast ian Compet enza GmbH Esser-Mönning Dr. Kat rin Frenken Holst Ihle Jahns Jordan Knieke Kühn Mart ens Gisela Marco Eurof ins Umwelt Nord GmbH Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün Compet enza GmbH Dr. Frank IGB Ingenieurgesellschaf t mbH Gero Pat rick Lena Marco LBEG Umwelt dienst e Kedenburg GmbH GBA Gesellschaf t f ür Bioanalyt ik mbH Landkreis Heidekreis Thomas Wessling GmbH

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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 5 Name Melloh Rakel Sasse Schneider Schnibben Vorname Behörde / Unternehmen Bodo Landschaf t liche Brandkasse Hannover Claudia Dr. Lüpkes Sachverst ändige GbR Sven Pet ra Linda IAG mbH NGS mbH STRABAG Umwelt t echnik GmbH Schuller Alexander DB Net z AG Schulz Singer Sobot t ka Pet ra Marco Dario Region Hannover bsp ingenieure GmbH Wessling Consult ing Engineering GmbH & Co. KG St üdemann Carl Immo DB Net z AG Tödt er Wagner Weller Wieneke Wörmann Malt e Baugrundlabor Lüneburg GmbH Sebast ian Landkreis Cuxhaven Lot har Mart in Marc DEKRA Aut omobil GmbH Region Hannover ukon Umwelt konzept e GmbH & Co. KG

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ Asbest: sichtbar – messbar – bewertbar? Ansätze zur bodenschutzkonformen Bewertung von Asbest im Boden Monika Machtolf (IFUA-Projekt-GmbH, Bielefeld) 0. Einleitung Die aktualisierte BBodschV ist nun gerade am 01.08.2023 in Kraft getreten. Sie beinhaltet zum Teil aktualisierte oder ergänzende Bewertungsmaßstäbe für eine Reihe von Schadstoffen, die insbesondere für den Wirkungspfad Boden-Mensch der Gefahrenabwehr dienen sollen. Für Asbest, für das sich aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften die Bewertung im Boden im Grundsatz von der Bewertung anderer Schadstoffe im Boden unterscheidet, liegen bislang keine Ansätze vor. Betrachtung sind Boden - Mensch des Wirkungspfades nach Zur bodenschutzrechtlichen Vorgaben repräsentative Mischproben aus der zu betrachtenden Fläche unter Beachtung der relevanten Beprobungstiefe je nach Nutzung zu entnehmen, um eine repräsentative Bewertung der beprobten Fläche zu erlauben. Das Vorkommen von Asbest wird dagegen in der Praxis durch Sichtung vor Ort und Einzelfunden bestimmt oder aus Hinweisen auf belastete Gebäudesubstanz abgeleitet. Daraus lässt sich erkennen, dass ein Bewertungskonzept für Asbest in Böden zur Expositionsabschätzung und Bewertung von Schadstoffen im Boden gerecht werden muss, andererseits aber auch den gesamten Untersuchungs- und Bewertungsablauf berücksichtigen und vorhandene Erkenntnisse zur Asbestuntersuchung und – bewertung integrieren sollte. bodenschutzrechtlichen Standards einerseits den üblichen Vor diesem Hintergrund wird von der LABO derzeit ein LFP-Projekt gefördert, mit dem Ziel, Grundlagen für den Umgang mit Asbest auf altlastverdächtigen Flächen und Altlasten zu ermitteln. Im Teilprojekt 1 wurden hierzu bereits exemplarische Untersuchungen an fünf ausgewählten Standorten durchgeführt und ausgewertet. Im Ergebnis konnte eine mit vertretbarem Aufwand umsetzbare Methodik zur Beprobung und Erstbewertung Asbest-verdächtiger Böden abgeleitet werden. Ziel des Teilprojektes 2 ist es nun, einen rationalen Umgang mit Asbest in Altablagerungen und Altstandorten hinsichtlich der Gefahrenbeurteilung zu entwickeln. Hierzu ist geplant, im Sinne eines Trichtermodells alle erforderlichen Arbeitsschritte zusammenfließen zu lassen, um schließlich einen praxistauglichen Vorschlag zur Bewertung von Asbest in Böden von sensibel genutzten Standorten zu entwickeln. Im folgenden Beitrag sollen einige Vorüberlegungen und erste Ergebnisse dazu erörtert werden. Nachfolgende Abbildung 1 veranschaulicht die Vorgehensweise. P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 1

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ 1. Anhaltspunkte für das Vorkommen von Asbest Nicht auf jeder Verdachtsfläche, auf der schädliche Bodenveränderungen zu befürchten sind, ist auch grundsätzlich mit Asbest zu rechnen. Vielmehr sind hier Fälle zu unterscheiden, die Hinweise auf das Vorkommen von Asbest liefern: A. Standorte, auf denen Asbest verwendet oder verarbeitet wurde B. Standorte auf denen sich Gebäude mit asbesthaltigen-Baumaterialien befinden C. Standorte, auf denen asbesthaltiges Material eingebracht/verbaut/durch Unfälle wie Brandereignisse freigesetzt wurde. Diese in der Regel aus historischen Recherchen, Vorerkundungen oder Vorinformationen zur Nutzung des Standortes / der Fläche vor. Informationen liegen D. Standorte, auf denen im Zuge der Begehung / Probennahme Asbesthaltige Materialen visuell erkannt werden. Insbesondere für Fall D, ggf. aber auch für die übrigen Fälle, dürften jedoch erst im Zuge einer Ortsbegehung und/oder Probennahme Anhaltspunkte für eine ggf. vorliegende Asbestbelastung erkennbar werden. Allen Fallgestaltungen ist gemeinsam, dass zwar der positive Befund erste Anhaltspunkte für Asbest im Boden liefert, dessen Erheblichkeit jedoch weiter zu differenzieren ist. 2. Toxikologie von Asbest Mit dem Begriff Asbest werden natürlich vorkommende mineralische Silikatfasern zusammengefasst. Dabei wird unterschieden in Serpentinasbest, mit Chrysotil ("Weißasbest") als dem am häufigsten verwendeten Asbest, und in die alkalihaltigen Amphibolasbeste, vertreten durch Krokydolith ("Blauasbest"), sowie die alkalifreien oder alkaliarmen Amphibolasbeste, zu denen Amosit („Braunasbest“), Aktinolith, Anthophyllit und Tremolit zählen. Die verschiedenen Asbestarten unterscheiden sich sowohl in ihrer mineralischen Zusammensetzung als auch in ihrer kristallinen Struktur. VDI-konforme Verfahren unter Verwendung von Rasterelektronenmikroskopie kombiniert mit energiedispersiver Röntgenanalyse erlauben eine Unterscheidung zwischen Chrysotil und Amphibolasbesten. ihrer Trotz teilweise unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften werden die einzelnen Asbestarten im Allgemeinen toxikologisch analog betrachtet. Es finden sich jedoch auch Ansätze (vgl. RIVM 2004), nach denen in Abhängigkeit von der Faserlänge Äquivalenzfaktoren für Amphibolasbeste und Chrysotil zur Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Toxizität vergeben werden. Der Hauptaufnahmeweg für Asbest erfolgt für den Menschen über den Atemtrakt. Weitere Möglichkeiten einer Aufnahme bestehen durch Ingestion, in unbestimmtem Ausmaß auch durch Haut- und Augenkontakt. Inhalation und Ablagerung von Asbeststaubteilchen im Atemtrakt hängen insbesondere von Form, Größe, Masse und Dichte der Teilchen ab. Konventionsgemäß (TRGS 517) werden als toxikologisch relevante Asbestfasern solche Fasern bezeichnet, die nach ihrer chemischen Zusammensetzung den sechs Asbestmineralen zuzuordnen sind und Abmessungen mit > 5 µm Länge, < 3 µm P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 3

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ Durchmesser und Länge-zu-Durchmesserverhältnis > 3 : 1 aufweisen. Es können jedoch auch Fasern (vor allem solche mit geringem Durchmesser) bis 200 µm Länge in tiefere Lungenabschnitte vordringen. Grundsätzlich sind faserbezogene Angaben erforderlich, um die Wirkung von Asbestfasern beurteilen zu können. Nach Aufnahme in den Organismus können insbesondere Chrysotilfasern sowohl durch Magensaft als auch in der Lunge chemisch verändert werden, wenngleich von einem regelrechten Metabolismus nicht gesprochen werden kann. Die Veränderungen der Chrysotilfasern können beispielsweise zu einer Aufspaltung von Faserbündeln führen, so dass sich die Gesamtfaserzahl erhöht. Andererseits können diese Veränderungen auch zu kürzeren Fasern führen, die leichter ausgeschieden werden können. Humandaten weisen bei chronisch exponierten Personen auf Clearance- Halbwertszeiten von 4 und 8 Jahren (kurze bzw. lange Chrysotilfasern) sowie 8 und 16 Jahren (kurze bzw. lange Tremolitfasern) hin. Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass Asbest nach beruflich inhalativer Exposition nicht-kanzerogene Veränderungen des Atemtraktes (Asbestose, eine Form der Lungenfibrose) und des Brustfells ("pleural plaques") verursacht. Asbest erwies sich zudem in zahlreichen Untersuchungen als krebserzeugend und verursacht insbesondere Lungentumoren sowie Mesotheliome des Rippen- und des Bauchfells. Darüber hinaus wurde ein Synergismus zwischen Asbestexposition und Rauchen bei der Entwicklung von Lungenkrebs festgestellt. Die Latenzzeiten bei asbestinduziertem Lungenkrebs und Mesotheliom betragen in der Regel >10 bzw. >15 Jahre. In der Literatur sind auch mittlere Angaben von 38 Jahren dokumentiert. Auch bei in der Nachbarschaft von Asbestfabriken und -minen lebenden Personen sowie Menschen, die mit beruflich exponierten Personen zusammenlebten, wurden Mesotheliome beobachtet. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass das Krebsrisiko nach beruflich inhalativer Asbestexposition von einer Reihe von Faktoren abhängt, wie beispielsweise der Fasergeometrie, Faserart, Höhe und Dauer der Exposition sowie vom Alter bei Expositionsbeginn (GESTIS 2011; ATSDR 2001). Zusammenfassend wurde die Evidenz für eine Kanzerogenität von Asbest beim Menschen als ausreichend (IARC Group 1) gewertet. Der LAI (2004) hat in Anlehnung an die WHO (2000) basierend auf diesen Daten ein Unit Risk in Höhe von 2 x 10-5 (bei 100 Fasern/m³) für Asbest herangezogen. Für Raucher wird das Risiko von der WHO (2000) als doppelt so hoch (4 x 10-5 bei 100 Fasern/m³) eingeschätzt. Im vorsorgenden Gesundheitsschutz werden in der Regel zusätzliche Krebsrisiken von 10-6 toleriert. für die Ableitung eines Beurteilungsmaßstabes Nach oraler Aufnahme von Asbest über das Trinkwasser wurde beim Menschen (Allgemeinbevölkerung) teilweise ein erhöhtes Krebsrisiko (vor allem für Organe des Magen-Darm-Traktes) festgestellt. Die Ergebnisse hierzu sind jedoch nicht konsistent und werden von verschiedenen Institutionen unterschiedlich bewertet. So hat die WHO (2017) keinen Beurteilungswert für Asbest im Trinkwasser abgeleitet. 3. Freisetzungsszenarien Die Formulierung von Anhaltspunkten für das Vorliegen von Asbest ist noch nicht gleichbedeutend mit dessen Bewertungsrelevanz. Das Bodenschutzrecht bewertet Schadstoffe immer vor dem Hintergrund der Nutzung der Fläche. So sind für den Wirkungspfad Boden - Mensch Nutzungsszenarien definiert worden, unter Beachtung P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 4

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ des Verhaltens der betrachteten Schadstoffe im Boden. Da sich Asbest jedoch von den bisher bewerteten Schadstoffen hinsichtlich seines Wirkmechanismus und Verhaltens unterscheidet und insbesondere aufgrund seiner Faserstruktur gesundheitlichen Wirkungen bedingt, sind mögliche Freisetzungsszenarien zu entwickeln und zu prüfen. 4. Expositionsabschätzung für Nutzungsszenarien Um eine mögliche Exposition der Allgemeinbevölkerung gegenüber Schadstoffen aus kontaminierten Böden abzuschätzen, wurden für den Wirkungspfad Boden - Mensch (Direktpfad) Nutzungsszenarien entwickelt (vgl. UBA 1999ff), die eine Quantifizierung der möglichen Bodenaufnahme sowie der darin enthaltenden Schadstoffe ermöglichen. Zu nennen sind hier die Nutzungsszenarien „Kinderspielfläche“, „Wohngebiet“, „Park- und Freizeitanlagen“ sowie „Haus- und Kleingärten“. Für diese Nutzungsszenarien wurden Kleinkinder als die sensibelste Bevölkerungsgruppe festgelegt und die Bodenaufnahme entweder für die direkte orale Aufnahme (Verschlucken von Boden) oder für die Inhalation bodenbürtiger Stäube quantifiziert. Für Industrie- und Gewerbegrundstücke werden dagegen Erwachsene betrachtet, die innerhalb ihrer Arbeitszeit exponiert sein können und über bodenbürtige Stäube Schadstoffe inhalativ aufnehmen können. Zur Quantifizierung werden jeweils Standardannahmen für die Bodenaufnahme, Aufenthaltshäufigkeiten und -dauer, aber insbesondere auch für Staubkonzentrationen in der (bodennahen) Luft getroffen. Inwieweit toxikologisch relevante Asbestfasern aus Asbestprodukten, -resten, oder Asbeststückchen, die sich im Boden befinden, über den Wirkungspfad Boden - Mensch zum Menschen gelangen können, bleibt zu klären. Zur Abschätzung der inhalativen Aufnahme von Schadstoffen aus bodenbürtigen Stäuben (Bezugshorizont: 0-0,02 m) gilt für Kinderspielflächen die Standardannahme von 1 mg Staub pro m³. Dabei wird für die Ableitung der Prüfwerte von einer Schadstoffanreicherung aus der Gesamtbodenfraktion in die Feinfraktion (<10 µm) ausgegangen, die als lungengängig gilt. Als Anreicherungsfaktoren wurden für Organika 10 und für Metalle 5 standardmäßig festgelegt. Analog wären zur Quantifizierung von Expositionen gegenüber Asbest Annahmen dafür zu treffen, wie viele Fasern für Prüfwertableitung) aus Asbestvorkommen im Boden freigesetzt werden. im ungünstigen Fall (Konvention Im Hinblick auf die möglichen Expositionsszenarien ist bei der humantoxikologischen Bewertung von Asbest auch ein Augenmerk auf mögliche Risikogruppen zu richten, die sich ggf. als besonders sensibel gegenüber Asbestexpositionen zeigen. Hierbei ist der Zeitbezug der betrachteten Expositionszeiträume von Bedeutung, da kanzerogene Wirkungen lebenslang betrachtet und bewertet werden. Vorgaben und Konventionen hierzu sind in den Methoden zur Ableitung der Prüfwerte dokumentiert und sind in Analogie zu anderen kanzerogenen Schadstoffen im Boden heranzuziehen. 5. Transferabschätzungen Asbest im Boden / Asbest in der Atemluft Asbest kommt im Regelfall quantitativ im Boden überwiegend festgebunden (Grobbestandteile) vor, in Einzelfällen können aber auch „freie“ bzw. „freisetzbare“ P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 5

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ Asbestfasern und -faserbündel vorliegen. Diese Anteile sind jedoch nicht ohne Weiteres zu bestimmen, sondern müssen aus den Asbestfunden abgeschätzt werden. Da Asbest durch verschiedene Prozesse aus Grobbestandteilen , insbesondere durch mechanische Beanspruchung (z. B. Bodenbearbeitung) und durch Verwitterung freigesetzt werden kann, sind für Transferabschätzungen für Asbest aus dem Boden in die atembare Luft (als Faser direkt oder in bodenbürtigen Stäuben) nicht nur kontinuierliche, sondern insbesondere auch diskontinuierliche Freisetzungsprozesse zu berücksichtigen. In Konzepten des RIVM (2003; 2004)1 werden zur Abschätzung der Freisetzung von atembaren Asbestfasern (pro cm³) aus Hausstaub (pro cm²) sogenannte K-Werte in Höhe von 10-4 bis 10-7 herangezogen, wohlwissend, dass damit große Unsicherheiten verbunden sind. Neben Asbestbelastungen durch Baumaterialien wird vom RIVM auch kontaminierter Boden für Hausstaubbelastungen in die Betrachtungen miteinbezogen (SWARTJES & TROMP 20082). im Falle räumlicher Nähe (<100 m) als Quelle Für eine quantitative Abschätzung nutzungsabhängiger Asbestexpositionen wäre also zu überprüfen, mit welchen Asbestfaserfreisetzungen aus kontaminierten Böden im Freien und ggf. auch in Räumen zu rechnen ist. Modellhafte Untersuchungen hierzu wurden von SWARTJES & TROMP (2008) und KAUFMANN (2019) durchgeführt, mit der Erkenntnis, dass Fasertyp, Bindungsform und Freisetzbarkeit der Fasern sowie Bodenbedingungen auch Witterungsbedingungen wie Wind eine wesentliche Rolle spielen. Als weitere Faktoren sind bei KAUFMANN (2019) nutzungsbedingter Scherbenbruch und –abrieb, Frost- Tau-Prozesse, Adsorption an Tonmineralien, Festlegung durch Biomasse und Schutzschichtbildung aus Bodenpartikeln genannt. Bodenfeuchte) oder (insbesondere die 6. Untersuchungsstrategien Einen wichtigen Bestandteil für das Transfermodell liefert die Untersuchungsmethodik, mit Hilfe derer die Asbestbelastung auf der Fläche bestimmt und ggf. quantifiziert wird. Erste Erfahrungen hierzu können aus den Ergebnissen des Teilprojektes 1 abgeleitet werden. Angestrebt wird, vor dem Hintergrund der Prüfwerte-Philosophie zunächst adäquate Untersuchungsmethoden integrieren, die einen Gefahrenverdacht auch im ungünstigen Fall begründet ausschließen oder im ungünstigen Fall erkennen Inwieweit Methoden zur vertiefenden Sachverhaltsermittlung verfügbar und belastbar sind, kann derzeit noch nicht vorhergesehen werden. in das Modell zu lassen. 1 2 RIVM (2003): Beoordeling van de risico’s van bodem-verontreiniging met asbest. RIVM rapport 711701034/2003 RIVM (2004): Relevancy of human exposure via house dust to the contaminants lead and asbestos. RIVM report 711701037/2004 SWARTJES, F.; TROMP, P. (2008): A Tiered Approach fort he Assessment oft he Human Health Risks of Asbestos in Soils. Soil & Sediment Contamination, 17, S. 137-149 P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 6

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ 7. Bodenschutzrechtliche Bewertungsmaßstäbe für eine Gefahrenbeurteilung In der Zusammenschau der Ergebnisse zur humantoxikologischen Bewertung von Asbest sowie den Expositionsbetrachtungen und Modellierungen zum Transfer von Asbest aus Boden in die atembare Luft können für die als relevant erachteten Nutzungsszenarien und unter Beachtung der jeweils relevanten sensibelsten Nutzergruppen Bewertungsmaßstäbe für Asbest im Boden abgeleitet werden. Voraussetzung im Boden nachgewiesenem Asbest. ist die Klärung des Freisetzungspotenzials von 8. Aspekte zur Diskussion Folgende Fragen zur humantoxikologischen Bewertung und Expositionsabschätzung von Asbest im Boden sind zu diskutieren: Fasereigenschaften Welche Bedeutung haben die Eigenschaften verschiedener Fasern für die humantoxikologische Bewertung, und welche Bewertungskonzepte zur Krebsrisikoabschätzung können herangezogen werden? Risikogruppen für Asbest Sind die Risikogruppen für Expositionen gegenüber Asbest aus Böden dieselben wie diejenigen, die zur Ableitung der Prüfwerte der BBodSchV für den Wirkungspfad Boden-Mensch betrachtet werden (Kinder)? Zeitbezüge für Wirkungen von Asbest Die gesundheitliche Belastung durch Asbestfasern wird als akkumulativer Prozess verstanden. Wie sind Bewertungskonzepte aus dem Arbeitsschutz (Erwachsene) hinsichtlich der Betrachtungs- und Expositionszeiträume auf die Allgemeinbevölkerung (Kinder, Lebenszeit) zu übertragen? Aufnahmewege Stellt die Inhalation den einzig relevanten Aufnahmepfad dar oder muss auch die orale Aufnahme berücksichtigt oder integrativ betrachtet werden? Asbestgehalt im Boden Welche Methode ist geeignet, den Asbestgehalt im Boden im Sinne eines Prüfwertes zu bestimmen? Prüfwerte für Asbestgehalt im Boden Mit welchen Modellen zur Faserfreisetzung können Prüfwerte für Asbestgehalte im Boden im Sinne der bodenschutzrechtlichen Vorgaben für die verschiedenen Nutzungsszenarien begründet werden? Detailuntersuchung für Asbest Welche Möglichkeiten wie beispielsweise Staubungsversuche gibt es für die Detailuntersuchung nach Feststellung einer Prüfwertüberschreitung? Welche standortspezifischen Gegebenheiten zu für Faserfreisetzungen sind P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 7

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ berücksichtigen, wie beispielsweise die konkrete Nutzung, die Bodenbedeckung oder die Faserart und -geometrie sowie Bodeneigenschaften oder besondere Witterungseinflüsse, etc.? Expositionsszenarien Sind die in der BBodSchV definierten Expositionsszenarien ausreichend, um mögliche Expositionen gegenüber Asbestbelastungen im Boden abschätzen zu können oder müssen ergänzende Überlegungen und Standardannahmen (beispielsweise Anwohnerschutz bei Baumaßnahmen oder im Umfeld von Brachflächen, etc.) entwickelt werden? Vorsorgeaspekte Ergänzend ist zu beachten, dass im Hinblick auf die humantoxikologische im Rahmen von Planungsverfahren Bewertung von Asbest vorsorgende entsprechende zu Bewertungsmaßstäbe anzuwenden sind. Schutzansprüche im Boden beachten und Grundsätzlich ist geplant, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse aus den fachlichen Diskussionen mit dem ITVA-/BVB-Arbeitskreis sowie dem Workshop des Altlastentags Hannover 2023 zu integrieren, um schließlich einen praxistauglichen Vorschlag zur bodenschutzrechtskonformen Untersuchung und Bewertung von Asbest-verdächtigen Standorten zu entwickeln. Monika Machtolf (Dipl.-Oec.troph.) IFUA-Projekt-GmbH Milser Straße 37 33729 Bielefeld Fon: +49 (0)521-97710-12 Fax: +49 (0)521-97710-20 http://www.ifua.de Email: Monika.Machtolf@ifua.de 9. Literatur ATSDR (AGENCY FOR TOXIC SUBSTANCES AND DISEASE REGISTRY) (2001): Toxicological profile for Asbestos, National Technical Information Service (NTIS) GESTIS (Gefahrstoffinformationssystem der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) (2011): Asbest. Datenbankhersteller: für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IFA (ehemals Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz – BGIA) Institut HARDAKER, B. (2009): Risk Assessment of Asbestos-Contaminated Soils: An International Perspective. Winston Churchill Memorial Trust of Australia ILO (International Labour Organization) (1986): Convention concerning Safety in the Use of Asbestos (C162 Asbestos Convention). Inkraftsetzung am 16.06.1989, Genf 1986 KAUFMANN, U. (2019): Asbestzement im Boden – Herkunft, Beurteilung und Erfahrungen. Altlasten Spektrum, 3, S. 95-102 P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 8

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Altlastentag Hannover 2023: Workshop 5 „Asbest im Boden“ LAI (BUND/LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR IMMISSIONSSCHUTZ) (2004): Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind, Bericht vom 21. September 2004. RIVM (2003): Beoordeling van de risico’s van bodem-verontreiniging met asbest. RIVM rapport 711701034/2003 RIVM (2004): Relevancy of human exposure via house dust to the contaminants lead and asbestos. RIVM report 711701037/2004 SWARTJES, F.; TROMP, P. (2008): A Tiered Approach for the Assessment of the Human Health Risks of Asbestos in Soils. Soil & Sediment Contamination, 17, S. 137-149 UBA (UMWELTBUNDESAMT) (1999ff): Berechnung von Prüfwerten zur Bewertung von Altlasten. Loseblattsammlung, Erich Schmidt Verlag, Berlin WHO (WORLD HELATH ORGANIZATION (2017): Guidelines for Drinking-water Quality. Fourth Edition Incorporation the first Addendum WHO (WORLD HELATH ORGANIZATION) (2000): WHO air quality guidelines for Europe, 2nd edition, http://www.euro.who.int/en/health-topics/environment-and-health/air- 2000 quality/publications/pre2009/who-air-quality-guidelines-for-europe,-2nd-edition,-2000-cd- rom-version Online: P:\ifua-txt\werbung\vortraege\Moni\Asbest\Vortrag_Altlastentag_Machtolf_20230807.docx 9

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Asbest im Boden – Was nun? Probleme und behördliche Handlungsspielräume Autor: Dipl.-Geol. Uwe Kaufmann, Barsinghausen Ein Wort vorweg Dieser Artikel entstand aufgrund meiner Erfahrung aus der jahrelangen Tätigkeit in der Unteren Bodenschutzbehörde der Region Hannover. Er entstand aber auch (da mittlerweile im Ruhestand) als private Meinungsäußerung. Die hier veröffentlichten Empfehlungen oder Handlungsvorschläge entsprechen daher nicht zwingend der Meinung der Region Hannover. Was ist Asbest? Asbest ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene natürlich vorkommende, faserförmige kristallisierte Silikat-Minerale, die nach ihrer Aufbereitung technisch verwendbare Fasern unterschiedlicher Länge ergeben. Chrysotil (Weißasbest) ist dabei das bedeutendste Mineral, da es die technisch weitaus breiteste Anwendung fand. Es ist die klassische Armierungsfaser im Asbestzement und gehört mineralogisch zur Serpentin-Gruppe. Weitere zum Asbest zählende Minerale sind Krokydolith (auch Blauasbest genannt), Grunerit oder Amosit (Brauner Asbest), Anthophyllit und Aktinolith (siehe auch Tabelle 1). Diese Mineralien gehören mineralogisch zu der Gruppe der Amphibole oder Hornblenden. Diese Mineralien kommen hauptsächlich in kristallinen Schiefern, also metamorphen Gesteinen, vor. Untergeordnet entstehen sie auch aus der Umwandlung von Olivin oder Pyroxenen in basischen Magmatiten (Gabbro, Diabas). In Niedersachsen ist das vor Allem der Harzburger Gabbro. Es ist auch seine Verwendung im Straßenbau, die zu der Asbestproblematik beim Fräsen von Asphaltdecken beitrug. Asbest Handelsname Chrysotil-Asbest Weißasbest Anthophyllit t s e b s A - l o b h p m A i Amosit Braunasbest Aktinolith-Asbest Tremolit-Asbest Krokydolith Blauasbest Mineralname Idealformel Serpentin Var. Chrysotil Magnesio-Anthophyllit Ferro-Anthophyllit Mg Cummingtonit Grunerit Cummingtonit Ferro-Akinolth Aktinolith Tremolit Riebeckit Mg-Riebeckit Mg3Si205(0H)4 (Mg,Fe)7,Si8022(OH)2 (Fe,Mg)7,Si8022(OH)2 (Mg,Fe)7,Si8022(OH)2 (Fe,Mg)7,Si8022(OH)2 (Mg,Fe)7,Si8022(OH)2 Ca(Fe,Mg)5,Si8022(OH)2 Ca(Mg,Fe)5,Si8022(OH)2 Ca(Mg,Fe)5,Si8022(OH)2 Na2(FeMg)3Fe2Si8022(OH)2 Na2(FeMg)3Fe2Si8022(OH)2 Tabelle1: Übersicht über die Asbeste (nach [1])

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Wie kommt Asbest in den Boden? Da die Mineralien geogen entstehen, können sie auch durch geogene Prozesse (Verwitterung, Sedimentation) verbreitet werden. Problematisch kann dies im Umfeld der großen Lagerstätten, z.B. in Kanada, Russland, USA oder Südafrika sein. In Deutschland sind die Ausgangsgesteine nur selten anzutreffen und große Lagerstätten fehlen. Bei der anthropogenen Verbreitung stehen zwei Verbreitungspfade in einem besonderen Fokus: • Verbreitung über den Luftpfad Dies betrifft vor Allem Standorte der Asbestverarbeitung. Hier können in der Abwindfahne größere Mengen Asbestfasern verteilt worden sein. Eine weitere nicht zu vernachlässigende Quelle dürfte der Verkehr sein, da früher Bremsbelege asbesthaltig waren. Der Anteil und die Bedeutung der Freisetzung von Fasern durch die Verwitterung von verbauten Asbestzementplatten (speziell Dächer und Fassaden) wird in der Literatur unterschiedlich eingeschätzt und bewertet. Während eine Schweizer Studie 2005 [2] keine luftgetragenen Fasern an Dächern feststellte, wurden in anderen Studien im Umfeld asbestzementgedeckter Häuser erhöhte Konzentrationen an Fasern im Boden festgestellt. Welchen Einfluss dabei klimatische Aspekte (ein Teil der Studien stammt aus Südafrika), Einbau, Nutzung (speziell Reinigung) und Qualität der Asbestzementplatten haben, ist nicht erkennbar. Die Tatsache, dass in Sedimenten von Dachrinnen deutliche Belastungen festgestellt wurden, deutet darauf hin, dass ein nicht unbedeutender Anteil von verwitterungsbedingt freigesetzten Fasern mit dem Regenwasser von Dächern abgeschwemmt wird. Eine Übersicht zu diesem Thema findet sich bei RIES (2021) [3] Auch aus anderen technischen Anwendungen können vereinzelte Fasern in die Umgebungsluft gelangen und sich verbreiten. Dies gilt insbesondere für schwach gebundene Asbestprodukte, bei denen die größte Gefahr in diesem Zusammenhang vom Rückbau, insbesondere dem nicht ordnungsgemäßen, ausgeht. Bei dem auf dem Luftweg transportierten Asbest handelt es sich um freie Fasern (einzelne Fasern oder kleine Faseraggregate), die auch zumindest in Teilen lungengängig sind. Sie sedimentieren oft erst nach einer längeren Schwebphase, werden aber bei Regen aus der Luft ausgewaschen. „Die durch natürliche Verwitterung und durch industrielle Aktivität freigesetzten Fasern zirkulieren in der Atmosphäre rund um die Erde. Atembare Asbestfasern waren schon in der Steinzeit Bestandteil der Atmosphäre. Japanische Messungen in der Antarktis belegen für Asbest Konzentrationen von mehreren Fasern je Liter Eis für mehr als 10.000 Jahre vor heute, für 1930 und für 1970.“ [1]

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• Verbreitung als Feststoff Die meisten Bodenbelastungen mit Asbest dürften durch eine unkontrollierte Verteilung von Asbestzementscherben erfolgt sein. In der Literatur schwanken die Angaben etwas, aber man kann davon ausgehen, dass ca. ¾ der importierten Asbeste zu Asbestzement- produkten verarbeitet wurden. Zwischen 1950 und 1990 importierte Deutschland (BRD und DDR) insgesamt ca. 5,7 Mio. Tonnen [4] Asbest. Ausgehend von einem Anteil von 10 % Rohasbest in den Produkten entspricht dies einer Produktion von ca. 43 Mio. Tonnen Asbestzement [4] oder umge- rechnet in Wellasbestplatten ca. 2500 km², was ziemlich genau der Fläche des Saarlandes (2570 km²) entspricht [5]. Diese großen Mengen, in Verbindung mit der Tatsache, dass es bis ca. 1990 üblich (und legal) war, Asbestzement im Bauschutt mit zu verwerten, führte zu einer weiten Verbreitung von Asbestzementscherben. Häufig findet man sie im Wegebau, in Altab- lagerungen, ehemaligen Bauschuttdeponien oder in Fundamenten von Gebäuden. Hinzu kommt eine weite Verbreitung im Zuge von Abbruchmaßnahmen oder eine unsachgemäße Nachnutzung der Platten (z. B. als Beetbegrenzung oder Zaunelement). Auch hier liegt der Schwerpunkt in der Zeit vor 1990, aber unsachgemäße Abbrüche finden auch heute noch gelegentlich statt und unsachgemäße Nachnutzungen findet man in fast jeder Schrebergartenkolonie. Im landwirtschaftlichen Bereich findet darüber hinaus häufig eine Verschleppung einzelner Scherben aus Wegebefestigungen in die Ackerflächen statt. Anders als bei den luftgebundenen Einträgen liegen die Fasern in diesen Fällen einge- bunden in eine Zementmatrix in größeren kompakten Bruchstücken vor, d. h. die einzelnen Fasern sind nicht frei, möglicherweise aber über die Zeit freisetzbar. Ob und wie schnell diese Freisetzung erfolgt, ist schwer abschätzbar und von vielen Parametern (Frost-Tau-Wechsel, mechanische Beanspruchung, Bodenfeuchte, Einbindung in das Bodengefüge etc.) abhängig. Parallel zu der Freisetzung der Fasern gibt es aber auch eine mehr oder weniger dauer- hafte Festlegung eigentlich freier Fasern. So verringert sich bei der Erhöhung der Bodenfeuchte von 0% auf 10% die Zahl der freisetzbaren Fasern je nach Bodenart auf ein Zehntel bis Zehntausendstel. [6] • Exkurs: Brände und Asbest Ein Grund für den Einsatz von Asbest in vielen Produkten war auch seine Hitzebeständig- keit. In letzter Zeit führen aber immer wieder Brände asbestzementgedeckter Hallen zu Problemen. [7] Die Probleme werden dadurch verursacht, dass das im Zement eingelagerte Kristallwasser bei großer Hitze verdampft, so dass die Asbestzementplatten

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regelrecht explosionsartig zerbersten und die Stückchen in die Umgebung versprengt werden. Es ist zu vermuten, dass diese Reaktion zu einer Freisetzung von Fasern führt. Auch wenn der größte Teil dieser Fasern durch das Löschwasser meist schnell wieder niedergeschlagen wird, kommt es zu einer Verteilung auf angrenzenden Flächen und zu einer Ansammlung in „Senken“ wie Dachrinnen oder Mulden. Auch für die verteilten Bruchstücke leichtere ist durch die Schwächung des Bindemittelgefüges eine Faserfreisetzung anzunehmen. Brände von asbestzementgedeckten Hallen, Scheunen oder anderen Bauwerken führen damit zu einer Verteilung von Asbest im Boden, die zwischen den beiden oben geschilderten Szenarien steht. • Exkurs: Grundwasser und Asbest Lange Zeit galt die allgemeine Annahme, dass Asbest nicht aus dem Boden ins Grund- wasser transportiert wird. Man sprach dem Boden eine deutliche Filterwirkung zu. Jüngere Untersuchungen in den USA und Kanada (seit ca. 2015) zeigten aber an einigen Standorten der Asbestgewinnung doch eine Belastung des Grundwassers auch in einiger Entfernung von der Quelle. In Laborversuchen konnte dabei gezeigt werden, dass organische Substanz im Boden und insbesondere Humin- und Fulvosäuren und die daraus resultierende pH- Wert-Änderung bei den Transportprozessen eine Rolle spielen [8]. Inwieweit sich die Laborversuche übertragen lassen, ist noch offen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Abraumhalden der Asbestgewinnung ein deutlich anderes Material enthalten, als in Deutschland üblicherweise anzutreffen. Sicher nicht ohne weiteres übertragbar sind die Untersuchungen für Ablagerungen mit Asbestzement. Hier sorgt der Zement für ein deutlich alkalischeres Milieu, sodass die pH-Wert- Verschiebung durch natürliche Säuren nicht zum Tragen kommen dürfte. Festzuhalten ist aber, dass auch in diesem Bereich zukünftig noch Forschungsergebnisse zu erwarten sind, die zumindest im Einzelfall eine erweiterte Betrachtung der Gefährdung nötig machen können. BBodSchG ./. KrWG? Oder gibt es noch mehr? Werden im Boden Asbest oder Asbestprodukte angetroffen, so stellt sich für die Behörde immer die Frage nach der rechtlichen Grundlage der Bewertung. Der wesentliche Unterschied zwischen der abfallrechtlichen und bodenschutzrechtlichen Betrachtung von Schadstoffen liegt in den zwei unterschiedlichen Ansätzen. Das Abfallrecht richtet sich in der Bewertung nach dem Vorsorgeprinzip, d. h. eine Gefahr soll in keinem Fall eintreten können. Das Bodenschutzrecht oder genauer der Teil des Bodenschutzrechts, der sich mit schädlichen Bodenveränderungen bzw. Altlasten befasst, bewertet die bestehende

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Gefährdung. Man könnte auch sagen Abfallrecht ist zukunftsorientiert, das Altlastenrecht versucht die Folgen der Vergangenheit zu bewältigen. Das Bodenschutzrecht als Ganzes hat darüber hinaus natürlich auch die Vorsorge im Blick (insbesondere mit den Vorsorgewerten, der Sickerwasserbetrachtung, den Regeln zum Ein- und Aufbringen von Bodenmaterialien etc.). Beim Flächenrecycling von Grundstücken, auf denen Asbestrückstände nachgewiesen oder vermutet werden, unterliegen sämtliche Abbruchmassen und i. d. R. auch der anfallenden Bodenaushub dem Abfallrecht. Die Einstufung der Materialien richtet sich dabei im Wesentlichen nach der Deponieverordnung (DepV) und der Ersatzbaustoffverordnung (EBV). Für asbesthaltige Materialien gelten die Bewertungskriterien der LAGA M23. Asbesthaltige Auffüllungen, die nicht ausgehoben werden, unterliegen dagegen dem Bodenschutzrecht. Dies gilt auch für Bauwerke oder Teile davon, die im Boden verbleiben. Erfolgten die Auffüllungen nach 1993 kommt aber eine Inanspruchnahme des Verursachers wegen illegaler Abfallbeseitigung in Frage. Darüber hinaus gibt das Bodenschutzrecht die Möglichkeit, in geringem Umfang auch verunreinigte Materialien auf der Baustelle wieder zu verwerten, dies gilt zum Beispiel für Aushubmaterial von Leitungsgräben, wenn asbesthaltige Auffüllungen gequert werden. Größere Mengen können im Rahmen eines für verbindlich erklärten Sanierungsplans auch zu Landschaftsbauwerken auf dem Sanierungsgelände verwertet werden (Rodelhügel, Lärm- schutzwall). Die Sanierung dieser Bauwerke kann dann durch eine Abdeckung erfolgen, da nach dem BBodSchG die Dekontamination und die Sicherung gleichwertige Sanierungs- maßnahmen sind. Ein erhebliches Problem stellt auf asbestbelasteten Standorten die Zuständigkeit dar. Viele Aufgaben sind bei unterschiedlichen Behörden angesiedelt und auch auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen. Die folgende Tabelle zeigt, dass die Verhältnisse kompliziert sein können. Da auch bei den federführenden Behörden nicht immer das notwendige Fachpersonal vorhanden ist, sind bei Entscheidungen häufig eine größere Anzahl von Fachbehörden hinzuzuziehen. Bei Planungs- und Antragsverfahren führt das zu einem Mehraufwand, der zu verschmerzen ist. Ist aber ein schnelles Handeln notwendig (z. B. im Brandfall) kann dies zu erheblichen Fehleinschätzungen führen. Für Gutachter wird die Sache noch undurchsichtiger, weil die Zuständigkeiten in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt sind. Die folgende Tabelle erfasst nur die Verhältnisse in Niedersachsen und auch nur die Fälle, bei denen Asbest-belastete Böden anfallen können. Sie ist darüber hinaus sicher nicht vollständig. Bei allen Eingriffen in den Boden kann natürlich die Einbindung der Kampfmittelräumung notwendig sein.

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Aufgabe Abfall Bodenschutz Arbeitsschutz Überplanung Altstandort für Bebauung Überplanung Altstandort für Straße oder Schiene Gefahrenabwehr im Brandfall Andere Stellen bei gefährlichen Abfällen NGS, Entsorgungsanlage ggf. Investor oder Sanierungspflichtiger Berufsgenossenschaft Investor, Planungsbüro Betroffene Feuerwehr, Versicherung Zuständige Behörde Abfallbehörde [UAB] (Kreis) ggf. GAA, ggf. Genehmigungsbehörde der Entsorgungsanlage Bodenschutzbehörde [UBB] (Kreis, in Ausnahmen das GAA), ggf. Immissionsschutzbehörde und weitere Fachbehörden (Kreis, Gemeinde) GAA (Stadt-)Planungsamt (Gemeinde), unter Einbeziehung der Fachbehörden, insbesondere UAB und UBB Straßenbaulastträger (Bund, Land, Kreis, Gemeinde) oder Eisenbahnneubauamt, Beteiligung vieler weiterer Fachbehörden in der Planfeststellung Ordnungsamt (Gemeinde), Wasserbehörde [UWB], ggf. NLWKN, ggf. weitere Fachbehörden GAA, Bergbehörde [LBEG], diverse Fachbehörden auf Kreis- und Gemeindeebene im BImSch- oder bergrechtlichen Verfahren Betriebe mit Gewinnung und Verarbeitung Asbest- haltiger Gesteine Anmerkung:. Die Kreisebene umfasst neben den Kreisen auch die kreisfreien Städte und die Region Hannover. Die i. d. R. federführenden Behörden sind fett gesetzt. Betroffene Tabelle 2: Zuständigkeiten beim Vorliegen von Böden mit Asbestverunreinigungen Und was kann die Behörde nun tun? Wie oben schon geschildert erlaubt das Bodenschutzrecht in bestimmten Fällen die Wieder- verwertung auf einer Baustelle. Hierzu sind gewisse Voraussetzungen einzuhalten: • Das Material muss dem Bodenschutzrecht unterliegen. Dies gilt natürlich immer, wenn das Material überhaupt nicht aufgenommen wird. In diesem Fall ist zu entscheiden, ob von dem Material eine Gefahr ausgeht. Bei Böden, die nur in geringem Umfang mit Asbestzementscherben belastet sind, dürfte dies kaum der Fall sein. • Das Material darf nur im Rahmen der Baumaßnahme „verwertet“ oder besser umgelagert werden. Dies ist abweichend zu den Regeln des LAGA Merkblatts M23 möglich, weil die Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) vom 9. Juli 2021 als höherwertiges Recht in §6 festlegt: (2) Das Auf- und Einbringen von Materialien oder die Herstellung einer durchwurzelbaren Boden- schicht ist nur zulässig, wenn 1. nach Art, Menge, Schadstoffgehalten, Schadstoffkonzentrationen und physikalischen Eigenschaften der Materialien sowie nach den Schadstoffgehalten der Böden am Ort des

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Auf- und Einbringens das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung nach § 3 nicht zu besorgen ist und 2. mindestens eine der in § 2 Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nachhaltig verbessert, gesichert oder wiederhergestellt wird. (3) Eine schädliche Bodenveränderung im Sinne des Absatzes 2 ist aufgrund von Schadstoffgehalten nicht zu besorgen, wenn Bodenmaterial oder Baggergut am Herkunftsort oder in dessen räumlichen Umfeld unter vergleichbaren Bodenverhältnissen sowie geologischen und hydrogeologischen Bedingungen umgelagert wird und das Vorliegen einer Altlast oder sonstigen schädlichen Bodenveränderung aufgrund von Schadstoffgehalten auszuschließen ist. (4) Eine schädliche Bodenveränderung im Sinne des Absatzes 2 ist auch dann nicht zu besorgen, wenn Industriestandorten mit erhöhten Schadstoffgehalten in Böden Bodenmaterial mit erhöhten Schadstoffgehalten innerhalb des Gebietes oder Standortes umgelagert wird und die in § 2 Absatz 2 Nummer 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nicht zusätzlich beeinträchtigt werden sowie die stoffliche Situation am Ort des Auf- oder Einbringens nicht nachteilig verändert wird... räumlich abgegrenzten in Gebieten oder Kurz zusammengefasst ergeben sich hieraus folgende Voraussetzungen, bzw. Anforderungen: ✓ Die Möglichkeit besteht ausschließlich für Bodenmaterial oder Bagger- gut. Abbruchmassen oder vor Ort befindliche Haufwerke mit eine Scherbenbelastung sind von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. ✓ Es darf keine Gefahr einer neuen schädlichen Bodenveränderung entstehen. ✓ Die Umlagerung muss im Rahmen der Baumaßnahme erfolgen und sollte gesichert (unter Versiegelung oder Überdeckung mit Geotextil und unbelastetem Boden) erfolgen. ✓ Am Ort der Umlagerung müssen vergleichbare Bodenverhältnisse, sowie geologische und hydrogeologische Verhältnisse herrschen. ✓ Die Maßnahme ist mit der zuständigen Bodenschutzbehörde abzustimmen. Ist die betroffene Fläche als Altlast eingestuft kann über einen Sanierungsplan mit Verbindlichkeitserklärung eine Verwertung auf dem Gelände geregelt werden. • • Die Lösung darf nicht gegen andere Rechtsnormen verstoßen. Exemplarisch seien hier mal genannt: o Es kann durch die Maßnahme zu Abschwemmungen von asbesthaltigem Material in ein Gewässer kommen. o Der Bebauungsplan lässt keine Landschaftsbauwerke zu. o Ein mit Asbestzementscherben gebauter Waldweg kann nicht durch eine Asphaltdecke gesichert (also saniert) werden, wenn die Satzung des Naturschutzgebietes dies verbietet. Grundsätzlich gilt auch im Bodenschutz, dass von dem Grundstück keine Gefahr ausgehen darf. Dies gilt sowohl nach einer Baumaßnahme, als auch während der Bauzeit. Während dies im Fall eines Sanierungsplans festzuschreiben ist, kann für andere Fälle die Tabelle 3 einen Anhalt geben:

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Belastungsgrad im Boden ≤ 0,1 Gew% Asbest Umlagerung in einem gesicherten Einbau vor Bodenschutzrecht (BBodSchG) > 0,1 Gew% Asbest aber < 10 % Asbest- zementscherben Ort in Abstimmung mit der zuständigen Bodenschutzbehörde möglich, als Trennelement reicht ein Geovlies aus; wenn keine anderen Schadstoffe auftreten. Entsorgung analog zur LAGA M23– oder Umlagerung in einem gesicherten Einbau vor Ort in Abstimmung mit der zuständigen Bodenschutzbehörde möglich, als Trennelement reicht ein Geovlies aus; wenn keine anderen Schadstoffe auftreten. ≥ 10 % Asbest- zementscherben Entsorgung analog zur LAGA M23 ggf. Sanierungsplan nach BBodSchG Tabelle 3 Einstufung asbestzementbelasteter Böden Arbeitsschutz (TRGS 519) Es ist hier grundsätzlich von Tätigkeiten mit geringer Exposition auszugehen Es kann von Tätigkeiten mit geringer Exposition ausgegangen werden, wenn nicht aufgrund örtlicher Besonderheiten (Nachweis freier Fasern, stark erodierte Scherben) Hinweise auf höhere Belastung vorliegen Tätigkeiten mit geringer Exposition nur nach entsprechender Messung Noch eine Anmerkung zur Bauphase [9]: Grundsätzlich gilt bei Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien für die Faserfreisetzung ein Minimierungsgebot. Für den Umgebungsschutz gibt es jedoch keine verbindlichen Regelungen. Der von der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vorgeschlagene Wert von 220 Fasern/m³ [10] ist als Jahresmittelwert zum Vergleich mit Einzelmessungen ungeeignet. Die TRGS 519 bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die klassischen Asbestsanierungen im Innenraum. Sie beinhaltet zwei Werte, die auch im Umgebungsschutz angewandt werden können. Für die abgeleitete Luft aus Sanierungsbereichen bei der Gebäudesanierung gibt es einen Grenzwert von 1.000 Fasern/m³. Nach einer Asbestsanierung in einem Gebäude (z.B. einer Schule) muss die Faserkonzentration im Rahmen der Freimessung vor der Wiedernutzung unter 500 Fasern/m³ liegen. Wird bei Baumaßnahmen im Umfeld (also am Bauzaun) der Wert von 500 Fasern/m³ nicht überschritten, so ist davon auszugehen, dass eine Gefährdung für Anwohner ausgeschlossen ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Expositionsdauer. Auch etwas höhere Werte stellen nicht grundsätzlich ein Problem dar, wenn sichergestellt ist, dass die Expositionsdauer erheblich kürzer ist. Wo liegen eigentlich die Probleme? Kurz zusammengefasst lässt sich sagen: Die Behörde, aber auch die Gutachter, Investoren und alle anderen Beteiligten müssen Entscheidungen auf der Basis unzureichender Informationen treffen. Eine detaillierte Betrachtung zu dem Thema findet sich in dem Beitrag „Asbest: sichtbar – messbar – bewertbar?“ von Frau Machtolf (IFUA-Projekt-GmbH, Bielefeld), aber auf einige Aspekte sei auch hier hingewiesen:

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• Medium und Transfer Das Bodenschutzrecht baut auf der Betrachtung von Wirkungs- und Aufnahmepfaden auf. Eine Schwierigkeit macht dabei die inhalative Aufnahme von Schadstoffen. Die Diskussionen zu Prüfwerten für Benzol oder CKW machen die Probleme der Bewertung flüchtiger Stoffe deutlich. Bei Bodenbelastungen mit diesen Stoffen ist die relevante Innenraumbelastung von Häusern eher von der Bauqualität des Kellers als vom Schadstoffgehalt in der Bodenluft abhängig. Das heißt, die Abschätzung des Transfers von der Bodenluft in die Raumluft ist hier die Herausforderung. Für Asbest als freie oder freisetzbare Faser oder Faserbündel gelten dagegen die Anforderungen an die Bewertung von bodenbürtigen Stäuben, die beispielsweise auch klimatische Einflüsse (Luftdruck, Temperatur, Niederschlag) berücksichtigen. So können insbesondere Luft- und Bodenfeuchtigkeit, wie beispielsweise andauernder Regen oder eine geschlossene Schneedecke das Gefährdungspotenzial von Asbest- fasern im Boden temporär deutlich vermindern. • Medium (Teil 2) In den aus dem Abfallrecht abgeleiteten Betrachtungen findet keine Unterscheidung zwischen freien oder freisetzbaren (engl. friable) und gebundenen Fasern statt. Für die Abschätzung der aktuellen Gefährdung ist diese Unterscheidung unabdingbar. Abbildung 1: Average airborne asbestos concentrations from several comparable measurements (symbols) in fibers/m3 air and 95% confidence intervals (hyphens), from worst case simulation experiments (squares) and from field measurements with friable (diamonds) and bound (triangles) asbestos, as a function of asbestos concentration in soil. Straight lines represents the 95% confidence intervals of all data.

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Freie oder freisetzbare Fasern können in absehbarer Zeit mobilisiert und dann auch als Schwebstaub von Menschen eingeatmet werden. Die fest eingebunden Fasern spielen für die aktuelle Gefährdung nur in Ausnahmen eine Rolle. Die obige Grafik aus [11] zeigt dies sehr eindrucksvoll. Die gebundenen Fasern (grüne Dreiecke) zeigen erst bei sehr hohen Konzentrationen im Boden (hier angegeben in mg/kg, nicht in Fasern/m³) auch nennenswerte Belastungen in der Luft. Sicher stellt sich dabei die Frage, ob nicht alle Fasern irgendwann in ferner Zukunft durch Beanspruchung und Verwitterung freisetzbare Fasern werden, aber zumindest im Rahmen der Priorisierung von Maßnahmen darf man diesen Aspekt nicht aus den Augen lassen. • Hintergrundbelastung In der Literatur findet man häufig einen Wert von 100 bis 150 Fasern/m³ als ubiquitäre Belastung. Einen nachvollziehbaren Beleg für den Wert findet man jedoch nicht. Die übliche Nachweisgrenze bei Außenluftmessungen liegt bei etwa 100 Fasern/m³. Man darf dabei nicht vergessen, dass es sich bei Hintergrundwerten immer um Durchschnittswerte handelt. Auch bei einem deutlich darüber liegenden Einzelwert lässt sich nicht zwingend eine Gefahr und damit eine Handlungsnotwendigkeit ableiten. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) hält sogar einen Jahresmittelwert von 220 Fasern für vertretbar. Wissenschaftliche Unter- suchungen zu diesen Jahresmitteln findet man aber kaum. Ein Jahresmittelwert, der immer wieder zitiert wird, ist eine Messung aus Essen [10]. Hier lag das Jahresmittel bei 88 Fasern/m³. Während der Sanierung (Sicherung) einer Asbestzementhalde in Wunstorf wurden bei 219 Messungen im weiteren Umfeld nur in 10% der Proben Fasern festgestellt. Das Maximum lag dabei bei 260 Fasern/m³, der Mittelwert bei knapp 40 Fasern/m³. Für die Messungen ohne Faserfund ging dabei die Nachweisgrenze von ca. 30 bis 35 Fasern/m³ in die Berechnung ein. Diese niedrige Nachweisgrenze wurde durch eine kostenintensive Vergrößerung der Auswertefläche der Filter erreicht. Da die TRGS 519 als Sanierungsziel für Innenräume 500 Fasern/m³ festlegt, stellt sich für die Bodenschutzbehörde die Frage, ab welcher festgestellten Luftbelastung eine Gefährdung besteht. • Chrysothil ./. Amphibole Bei den heutigen Betrachtungen werden nur die Fasern gezählt, eine Unterscheidung der einzelnen Minerale erfolgt dabei nicht. International werden verschiedene Modelle einer gewichteten Faserkonzentration diskutiert. Bei diesen Modellen werden

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die Amphibolasbeste aufgrund ihrer höheren Kanzerogenität deutlich höher bewertet und auch die Faserlänge wird in die Gewichtung mit einbezogen. Fazit Trotz vieler offener Fragen müssen heute Entscheidungen getroffen werden. Eine panische „jede Faser ist zu viel“-Haltung ist dabei genauso wenig hilfreich wie ein Wegschauen. Da sicher viele Untere Behörden in diesem Bereich überfordert sind, wäre es hilfreich, wenn die Bundesländer (gemeinsam, oder auch einzeln) mit ihren Fachbehörden Handlungshilfen entwickeln würden. Literatur [1] [2] Spektrum.de > Lexika > Lexikon der Geowissenschaften Ch. Heierl, R. Weber: Messungen von Asbestfasern bei Asbestzementdächern. Umwelt-Materialien Nr. 203, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern. 24 S. 2005 [3] G. Ries: Asbest – was ist mit der Verwitterung von Asbestdächern? SciLogs »Mente [4] et Malleo» Umweltgeologie, 2021 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Nationales Asbest-Profil Deutschland, Dortmund/Berlin/Dresden 2015 [5] U. Kaufmann: Asbestzement im Boden - Herkunft, Beurteilung und Erfahrungen; in: altlasten spektrum, 3, 2019 [6] [7] [8] F.A. Swartjes, P.C.Tromp, J.M. Wezenbeek: RIVM rapport 711701034/2003 Beoordeling van de risicvo’s van bodemverontreiniging met asbest, Bilthoven 2003 Freundliche mündliche Mitteilung Dr, Michael Kerth S. K. Mohanty, A. Salamatipour, J. K. Willenbring: Mobility of asbestos fibers below ground is enhanced by dissolved organic Matter from soil amendments, in: Journal of Hazardous Materials Letters 2 (2021) [9] U. Kaufmann: Asbest in der Altlastensanierung (K)ein Problem, in GAB: Altlastensymposium 2018 Würzburg, München: Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH, 2018 [10] Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI): Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind. Bericht des LAI (September 2004) [11] F.A. Swartjes, P.C.Tromp, A Tiered Approach for the Assessment of the Human Health Risks of Asbestos in Soils, in: Soil & Sediment Contamination, 17:137- 149,2008

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Hinweis: Auf die Aufnahme von allgemein bekannten Gesetzen, Verordnungen und technischen Richtlinien (TRGS, LAGA) in das Literaturverzeichnis wurde verzichtet. Der größte Teil der Literatur ist im Internet abrufbar, hier die entsprechenden Links (letzte Überprüfung der Verfügbarkeit: 05.07.2023): [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/asbest/974 https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/chemikalien/uw-umwelt- wissen/messungen_von_asbestfasernbeiasbestzementdaechern.pdf.download.p df/messungen_von_asbestfasernbeiasbestzementdaechern.pdf https://scilogs.spektrum.de/mente-et-malleo/asbest-was-ist-mit-der- verwitterung-von-asbestdaechern/ https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd80- 3.pdf?__blob=publicationFile&v=6 https://altlastendigital.de/ce/asbestzement-im-boden-herkunft-beurteilung-und- erfahrungen/detail.html (nur Abonnenten, sonst leider kostenpflichtig) https://www.rivm.nl/bibliotheek/rapporten/711701034.pdf ---- https://www.sciencedirect.com und Titel (Mobility of Asbestos…) im Suchfeld eingeben Tagungsband bestellbar: https://www.altlasten- bayern.de/publikationen/tagungsbaende-altlastensymposium/ [10] https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/gesundheit/pdf/LAI2004.pdf [11] https://www.researchgate.net/publication/232823142_A_Tiered_Approach_for _the_Assessment_of_the_Human_Health_Risks_of_Asbestos_in_Soils/download Autor: Dipl.-Geol. Uwe Kaufmann Nienstedter Stadtweg 12 30890 Barsinghausen

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Workshop 6 Rüstungsaltlasten Moderation und Referat: Dr. Franziska Jänig LBEG - Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Hannover Referat: Dr. Tobias Bausinger Envilytix GmbH, Wiesbaden Inhalt: Mit der sogenannten Energiewende geraten auch ehemals militärisch bzw. zur Munitionsherstellung und -lagerung genutzte Flächen ins Blickfeld einer potenziellen Nachnutzung. Diese Rüstungsaltlastverdachtsflächen sind Anfang/Mitte der 1990er Jahre im Rahmen des niedersächsischen Rüstungsaltlastenprogramms überwiegend nur bis zur Historischen Erkundung (damals „Erfassung und Erkundung“) bearbeitet worden. Nur für wenige Flächen liegen Berichte zu einer Orientierenden Untersuchung oder einer Detailerkundung vor. In den meisten Fällen wurde die Gefährdungsabschätzung nicht abgeschlossen. Erfahrungsgemäß sind die vorliegenden Berichte aus heutiger Sicht oft wenig aussagekräftig, da sich mit der Entwicklung von Erkundungsstrategien auch u.a. Erhebungsverfahren, Untersuchungstechnik und Bewertungsmaßstäbe geändert haben. Damit stellen diese Berichte keine optimale Grundlage mehr dar, um darauf aufbauend sinnvolle und wirtschaftliche Untersuchungs- und erforderlichenfalls Sanierungskonzepte zu entwickeln und damit eine abschließende Bewertung dieser Flächen für eine Nachnutzung herbeiführen zu können. Im Workshop werden Möglichkeiten der ergänzenden Historischen Erkundung (eHE) vorgestellt und diskutiert sowie Besonderheiten bei der Untersuchung besonders großflächiger Altlastverdachtsflächen betrachtet.

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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 6 Name Vorname Behörde / Unternehmen Basedow Hans-Werner LBEG Bernhardt Bit t ner Clemens Eckardt Esser Gahre Guhl Hammer Jessat Joos Kliem Klopp Köhler Kremeike Lorenz Lücke Lueer Masuch Minkler Morit z Corvin Pet er St ephan Paul Carina Henning Johanna Julia Janis NGS mbH Hagedorn Hannover GmbH Bundesanst alt f ür Immobilienauf gaben Direkt ion Magdeburg Wint ershall DEA Deut schland GmbH GEO-LOG Ingenieurgesellschaf t mbH bsp ingenieure GmbH Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün Mull und Part ner Ingenieurgesellschaf t mbH Werner Ot t o GmbH Annet t e IABG mbH Brit t a Daniel Fred Ralf GEO-dat a GmbH ZÜBLIN Umwelt t echnik GmbH Mineral Wast e Manager GmbH Anst alt Niedersächsische Landesf orst en Dennis Prof . Burmeier Ingenieurgesellschaf t mbH Dr. Michael Anst alt Niedersächsische Landesf orst en Hagen-Eike WSP Deut schland AG Corinna Robert Landesamt f ür Umwelt Brandenburg DB Net z AG Sebast ian Landesamt f ür Bau und Liegenschaf t en (NLBL)

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Rüstungsaltlasten – Last oder Chance? Das Potential der erweiterten Historischen Erkundung (eHE) 1. Veranlassung Altlasten – oder insbesondere bei Bauträgern oder Grundstücksbesitzern auch bekannt als „Zusatzkosten ohne Mehrwert“ – wurden mit wenigen und speziellen Ausnahmen seit etwa 2010 immer weniger thematisiert. Und selbst in heutiger Zeit, in der das Umweltbewußtsein wieder neu erwächst, der Flächenverbrauch eingegrenzt und Flächen renaturiert oder umgewidmet werden sollen, beschränkt sich die öffentliche und politische Diskussion vornehmlich auf wenige Themen. Die Rüstungsaltlasten – obwohl von ihrer Anzahl nicht unbedeutend in Deutschland – allein 181 Standorte in Niedersachsen – stehen nach persönlicher Einschätzung der Autoren nicht unbedingt im oberen Bereich der Prioritätenliste der Themen. So weist unsere Branche, die sich mit Rüstungsaltlasten befaßt, folgende Charakteristik auf: o Knappe Budgetierung für maximale Untersuchung / Leistung / Qualität o Fokus der Bundesebene liegt auf anderen branchentypischen Themen wie z.B. PFAS, Dioxin, und dem Schwerpunkt Kampfmittelräumung (z.B. Ostsee) o Keine Forschungsvorhaben auf Bundesebene seit 2008 (Abschluß KORA, TV51) o Leitfäden zur Untersuchung von Rüstungsaltstandorten o.ä. auf Basis von Projekten auf Einzelstandorten (z. B. Bayern, Brandenburg) o Bearbeitung von Einzelthemen in Erlassen auf Länderebene (z.B. Niedersachsen) o Fokussierung auf einen Rüstungsaltstandort aktuell i.d.R. erst bei dem Erfordernis einer Gefahrenabwehr oder im Falle einer Umnutzung Mit dem Stichwort „Umnutzung“ geraten mit der sogenannten „Energiewende“ auch ehemals militärisch bzw. zur Munitionsherstellung und –lagerung genutzte Flächen heute wieder ins Blickfeld einer potenziellen Nachnutzung, die seit Kriegsende entweder von der Bundeswehr oder forstwirtschaftlich (eingeschränkt) genutzt wurden, oder auf Grund ihrer potentiellen Gefährdung durch Kampfmittel und ihrer „Kontaminations-Historie“ brachlagen oder nur eingeschränkt zur Naherholung zur Verfügung standen. Auf Grund des hohen Kontaminationspotentials und damit eines erforderlichen eventuell erheblichen Untersuchungs- und Sanierungsumfanges erscheint jedoch eine „Kosten-Nutzen-Risiko- Prüfung“ (in Anlehnung an eine „Due-Diligence-Prüfung“) im Vorfeld als unerläßlich. im Rahmen des Für Rüstungsaltlastverdachtsflächen erfolgte Niedersächsischen systematische Gefährdungsabschätzung. Die erfaßten Flächen wurden jedoch überwiegend nur bis zur Historischen Erkundung (damals „Erfassung und Erkundung“) bearbeitet. Nur für wenige Flächen liegen Berichte zu einer Orientierenden Untersuchung oder einer Detailerkundung vor. In den meisten Fällen wurde die Gefährdungsabschätzung nicht abgeschlossen. in den 1990ern eine Rüstungsaltlastenprogramms Erfahrungsgemäß sind die vorliegenden Berichte aus heutiger Sicht oftmals nur bedingt aussagekräftig, da sich mit der Entwicklung von Erkundungsstrategien auch Erhebungsverfahren, Untersuchungstechnik und Bewertungsmaßstäbe geändert haben. Insbesondere die damaligen Berichte zur „Erfassung und Erkundung“ (Historische Erkundung) bedürfen eines genauen Augenmerks, da diese die Basis für die Entwicklung von aktuellen, modernen Untersuchungskonzepten bilden. Hierbei zeigt sich, daß die damaligen Erfassungen nur eingeschränkt dafür geeignet sind, da sie oft lückenhaft oder regelrecht 1 KORA TV 5: Kontrollierter natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung kontaminierter Grundwässer und Böden / Teilverbund Rüstungsaltlasten

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fehlerbehaftet sind. Gründe hierfür sind beispielsweise die seinerzeit oftmals geringe - insbesondere militärhistorische – Kompetenz der Bearbeiter, die nicht vorhandene oder stark eingeschränkte Zugänglichkeit von historischen Dokumenten und Luftbildern sowie die Nichtbeachtung von Überprägungen der Fläche in der Nachkriegszeit z.B. durch forstwirtschaftliche Nutzung und damit verbundener Bodeneingriffe und Bodenverlagerungen, die zu einer Verlagerung von Schadstoffen in Fläche und Tiefe geführt haben kann. Zudem wurden und konnten – aus rein zeitlicher Sicht selbstverständlich – in den damaligen Berichten keine evtl. Nachnutzungen zwischen der „Erfassung und Erkundung“ in den 1990er Jahren und „heute“ berücksichtigt werden. Diese Kenntnisse sind jedoch für eine umfassende Untersuchung und Bewertung der Fläche im Sinne einer Gefährdungsabschätzung – auch unabhängig ihrer historischen militärischen Nutzung (Wehrmacht, Alliierte, BW) – ebenfalls erforderlich. Damit stellen die Berichte aus den 1990er Jahren keine optimale Grundlage mehr dar, um darauf aufbauend sinnvolle und wirtschaftliche Untersuchungs- und erforderlichenfalls Sanierungskonzepte zu entwickeln und damit eine abschließende Bewertung dieser Flächen für eine Nachnutzung herbeiführen zu können. Anhand eines nachfolgenden anonymisierten Beispiels werden die Erfahrungen bezüglich der Durchführung einer ergänzenden Historischen Erkundung (eHE) sowie deren Mehrwert anhand der Erstellung einer Gefährdungsabschätzung für eine besonders großflächige Rüstungsaltlastverdachtsfläche vorgestellt. 2. Art, Lage und Historie des Standortes Bereits 1991 wurde für den Standort die „Erfassung und Erkundung“ incl. einer unmittelbar vorher vorgenommenen Luftbildauswertung und einer Geländebegehung durchgeführt. Der Anfang 1992 vorgelegte Bericht weist eine sehr hohe Qualität im Vergleich zu anderen aus dieser Zeit stammender Erhebungen auf: Bei dem vorgestellten Standort handelt es sich um ein Marinesperrzeugamt. Diese dienten seinerzeit der Fertigung und Lagerung von Seeminen. Die Anlage war zu Kriegsbeginn weitgehend fertiggestellt, sodaß sie in Betrieb gehen konnte. Sie bestand insbesondere aus einem Verwaltungsbereich, Unterkunftsbereichen, Fertigungsbereich mit Arbeitshäusern und diversen Werkstätten sowie einem Lagerbereich mit etwa 100 Minen- und Zünderhäusern. Sie umfaßte eine Fläche von ca. 260 ha, und war durch eine Feldbahn erschlossen. Die Fläche war und ist vollständig mit Wald bestanden, der - typisch für einen Staatsforst- in Abteilungen gegliedert ist. einem Zumindest in den ersten Kriegsjahren sollen die Ladungskästen von Seeminen mit dem Sprengstoff Schießwolle befüllt worden sein. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus TNT, Hexyl und Aluminiumpulver. Bekannt sind drei Arten mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen der Inhaltsstoffe. Später wurden fertig befüllte Seeminen aus Sprengstofffabriken, die über Füllstellen verfügten, angeliefert und eingelagert. Das Marinesperrzeugamt wurde im April 1945 von alliierten Truppen kampflos eingenommen. Es gibt Hinweise, daß einige Gebäude zuvor gesprengt wurden. Nach der Einnahme setzten umfangreiche von Angehörigen der Kriegsmarine unter Aufsicht der Alliierten ausgeführte Sprengungen ein. Bis Ende 1945 war der überwiegende Teil der Gebäude zerstört. Die Sprengung mancher Minenhäuser verursachte Trichter mit bis zu 50 m Durchmesser und rund 10 m Tiefe.

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Im Frühjahr 1946 wurde der Standort innerhalb alliierter Abteilungen weitergegeben und fortan bis Juni 1947 als zentraler Sprengplatz für die Vernichtung eines weiten Spektrums deutscher und alliierter Kampfmittel genutzt. Bereits früh zeigte sich, daß ein Großteil der Kampfmittel nicht zur Umsetzung kam, sondern lediglich weggeschleudert und damit weit verteilt wurde. Nach Ende der Sprengungen wurde die Fläche wieder in forstwirtschaftliche Nutzung genommen. Es erfolgten umfangreiche Aufforstungen. In diesem Zusammenhang wurden jeweils Kampfmittelräummaßnahmen durchgeführt. Der oberste Grundwasserleiter besteht aus hoch durchlässigen kf-Wert >10-4 m/s (kf-Wert 10 2 – 10-3 m/s2) glazifluviatilen Sanden (S, u, g, zt(x)) der Weichsel-Kaltzeit und ist nicht durch grundwasserhemmende Schichten geschützt.. Der Grundwasserflurabstand liegt zwischen 8 m und 16 m. 3. Umfang der Erfassung in 1991 und Erfordernis einer ergänzenden Historischen Erkundung (eHE) Die „Erfassung und Erkundung“ aus dem Jahr 1991 stellt im Vergleich zu anderen Erfassungen eine umfangreiche Bestandsaufnahme dar, die die unterschiedlichen Nutzungen der Liegenschaft als Marinesperrzeugamt, Sprengplatz und forstwirtschaftliche Fläche berücksichtigt. Für die damalige „Erfassung und Erkundung“ standen für die unmittelbare Nachkriegszeit lediglich die bekannten, sehr kleinmaßstäbigen Aufnahmen aus der „Casey- Jones- Befliegung“ vom August 1945 zur Verfügung. Zusätzlich wurden diverse Bildflüge aus den 1970er und 1980er Jahren ausgewertet. Der Gutachter nutzte weiterhin Dokumente und Informationen eines Heimatforschers sowie eines Militärhistorikers. Die Recherche in lokalen Archiven zu Kampfmittelräummaßnahmen. Es wurden Zeitzeugen befragt, und eine sorgfältige Geländeaufnahme im Rahmen einer Ortsbegehung durchgeführt. Schriftwechsel Landesarchiv erbrachte seinerzeit und im Es wurden auf Grundlage dieser damals vorliegenden Archivalien, Dokumente und Zeitzeugenaussagen Verdachtsflächen einschließlich ihrer möglichen Kontaminationen ausgewiesen. Darauf aufbauend wurden Empfehlungen für weiterführende Untersuchungen ausgesprochen. Gemäß dem damaligen Gutachten waren die Bereiche potentieller Kontamination aus dem Betrieb als Sperrzeugamt räumlich fest abgrenzbar; für die Nachkriegsnutzung als Sprengplatz ergab sich dagegen eine diffuse Verteilung potentieller Schadstoffe mit vermuteten Schwerpunkten in der Umgebung von Bunkerresten und Sprengtrichtern. In den potentiell kontaminierten Bereichen ging der damalige Gutachter von einem Gefährdungspotential hinsichtlich des Bodens und des Grundwassers aus. Beim vorgestellten Standort stellt sich heute folglich die Frage, wie eine Fläche von 260 Hektar mit einer Vielzahl von konkreten (Sprengtrichter) und diffusen (Auswurf- und Streubereich) Verdachtsflächen repräsentativ und mit verhältnismäßigem Aufwand so untersucht werden kann, daß eine abschließende und umfassende Gefährdungsabschätzung aus heutiger Sicht möglich ist. Eine erweiterte Historische Erkundung (eHE) mit ergänzenden Recherchemöglichkeiten, modernen Visualisierungsmethoden sowie aktuellen und zeitgemäßen Bewertungsmaßstäben sollte daher die Basis für eine belastbare und wirtschaftliche Bewertung der Fläche bilden, die den Ausgangspunkt für evtl. weitere Untersuchungen darstellt. 2 Quelle: NIBIS® Kartenserver; Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)

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4. Ziel und Umfang der ergänzenden Historischen Erkundung (eHE) Durch den fachspezifischen Erkenntniszuwachs einerseits und die Verfügbarkeit von zusätzlichen Archivalien andererseits sollten im Rahmen der eHE sowohl die alten Ergebnisse einer Plausibilitätskontrolle unterzogen, als auch durch ergänzende Recherchen verifiziert und ggf. erweitert werden. Das Ziel lag hierbei also weniger auf einer Fokussierung auf weiteres Detailwissen als auf einer umfassenden belastbaren Darstellung der Liegenschaft in der Historie. Darüber hinaus bestand die Idee, für die Erstellung einer Gefährdungsabschätzung eines derart ausgedehnten Geländes, anhand der neuen bzw. bestätigten Ergebnisse repräsentative Teilbereiche für die Untersuchungsschritte (OU, DU, SU) und deren angegliederter Probenahmen auszuweisen: Ziel der eHE war es daher auch, in Anlehnung an die „Arbeitshilfen zur Untersuchung von Sprengplätzen“ des bayerischen Landesamtes für Umwelt (2009) eine Munitionsbilanz aufzustellen und Sprengabläufe zu rekonstruieren, um so das Gelände hinsichtlich der Kontaminationsrelevanz von Teilflächen klassifizieren zu können. Je Teilflächen-Klasse sollte dann eine bestimmte Anzahl von Objekten bzw. Bereichen festgelegt werden, die „repräsentativ“ für ihre Klassifizierung untersucht werden könnte. Folglich bestand der Versuch, eine Klassifizierung über die Nutzungshäufigkeit und damit der umgesetzten Munitionsmenge vorzunehmen: So wurde angenommen, daß ein Sprengtrichter, der mehrfach benutzt wurde, eine höhere Kontaminationsrelevanz aufweisen sollte, als ein Sprengtrichter, der durch die Sprengung eines Minenhauses entstanden ist, und danach nicht mehr benutzt wurde. Im Rahmen der eHE wurden somit nachfolgende Schritte in aufgeführter chronologischer Abfolge durchgeführt: o Überprüfung/Plausibilitätskontrolle der vorhandenen Dokumentation aus den 1990er Jahren o Erneute Anfrage von Archiven o Berücksichtigung von Untersuchungen/ Daten/ Gutachten, die nach der „Erfassung und Erkundung“ erstellt wurden o Aufbereitung analog vorliegender Daten o Plausibilitätskontrolle und Zusammenführung aller relevanten Dokumente und Daten o Neubewertung der aktuellen Gefahrensituation bzgl. betroffener Schutzgüter o Neubewertung der aktuellen Gefahrensituation bzgl. Kampfmittel o Neubewertung der Gesamtsituation o Aufzeigen des notwendigen und sinnvollen / wirtschaftlichen Handlungsbedarfs (Empfehlung von Maßnahmen) 4.1 Ergänzende Archivrecherche Seit Inkrafttreten des Europäischen Informationsfreiheitsgesetzes bzw. nach Aufhebung der „Geheim / Restricted“-Klassifizierung sind weitere zahlreiche Dokumente wie Luftbilder und Archivalien sowohl in internationalen Archiven der Alliierten (z.B. NARA3 in Washington D.C.; TNA4 in London) als auch in nationalen Archiven zugänglich, die bei den Untersuchungen in 1991 noch nicht zur Verfügung standen. 3 NARA - National Archives and Records Administration 4 TNA - The National Archives

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4.1.1 The National Archives (TNA), London Bereits im Rahmen des Niedersächsischen Rüstungsaltlastenprogramms waren Fragmente der Disarmament Progress Reports der 21th Army Group der Royal Army beschafft worden. Diese Fragmente enthielten Aufstellungen der Lagermengen und deren zeitliche Änderungen in diversen Munitionslagern. Bei der eingehenden, erneuten Auswertung zeigte sich, daß die aufgeführten Zahlen auf Meldungen der mit der Kampfmittelvernichtung befaßten Einheiten basieren mußten. Daraus ergab sich, daß letztere identifiziert und darüber hinaus die Melde- und Befehlswege ermittelt werden mußten. Es galt somit zunächst, die Strukturen der britischen Armee zu ermitteln. Auf dieser Basis wurde im Onlinefindbuch des TNA nach archiviertem Schrifttum der Einheiten recherchiert und dieses beschafft. Die militärhistorische Rekonstruktion gelang für die Royal Army und die Royal Air Force. Dokumente der Royal Navy wurden dagegen nicht gefunden. Als maßgeblich mit der Kampfmittelvernichtung befaßte Einheiten wurden insbesondere die Enemy Ammunition Depot Control Units (E.A.D.C.U.) der Royal Army und die Bomb Disposal Flights bzw. Squadrons der Royal Air Force sowie diesen übergeordnete und mit speziellen Aufgaben (Vernichtung von Kampfstoffmunition, Munition in Bergwerken) befaßte Einheiten identifiziert. In diesem Zuge wurden u.a. die Kriegstagebücher (Operations Record Books) der zuständigen Bomb Disposal Flights bzw. der Bomb Disposal Squadron beschafft, siehe Abbildung 1. Diese erlaubten eine recht gute Rekonstruktion der Nutzung als Sprengplatz. Detailliert aussagekräftige Dokumente zur Sprengung der Anlage wurden dagegen nicht gefunden. Abbildung 1: Auszug aus Kriegstagebuch einer Bomb Disposal Flight, Quelle: The National Archives, London 4.1.2 Kreisarchiv Die Sichtung der Bestände des Kreisarchivs erbrachte lediglich Informationen zur zivilen Verwertung eingelagerter Materialien, Baumaterialien und die forstliche Nutzung, ferner zu Kampfmittelräummaßnahmen und Waldbränden. Nützlich waren Nennungen zuständiger britischer Einheiten und Hinweise auf die spätere Überprägung des Geländes lange nach Beendigung der Sprengungen.

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4.1.3 Stadtarchiv Im Stadtarchiv lagert das überlieferte Schriftgut der damals am Ort ansässigen Wehrmachtsgutverwertungsstelle. Diese hatte beispielsweise 1945/1946 für einen anderen Rüstungsaltstandort ein detailliertes Verzeichnis der Bestände an Explosivstoffen, Munition, Geräten und Ausrüstungen angefertigt. Dergleichen ist jedoch für das Marinesperrzeugamt nicht vorhanden. Jedoch fand sich eine Lageskizze, in der vermutlich sämtliche Gebäude, bezeichnet mit einer Buchstaben-Ziffern-Kombination, sowie das Gleisnetz aufgenommen sind, siehe Abbildung 2. Eine Gebäudeliste fehlt, ebenso konkrete Informationen zur Sprengung der Anlage und zur Vernichtung der Kampfmittel. Abbildung 2: Lageskizze mit Gebäuden und Feldbahn- Gleisnetz, Quelle: Stadtarchiv 4.2 Ergänzende Luftbildrecherche und –auswertung Anhand einer erneuten Luftbildauswertung in Form einer multitemporalen Betrachtung sollten Rückschlüsse auf die Nutzungsintensität der einzelnen Teilbereiche/Sprengtrichter gezogen und somit Anhaltspunkte für deren jeweilige Kontaminationsrelevanz erhalten werden mit dem Ziel einer Klassifizierung. Ferner sollte geprüft werden, in welcher Weise das Gelände in der späteren Nachkriegszeit- forstwirtschaftliche Nutzung und Bodenbewegungen - überprägt wurde. insbesondere durch die Zwischenzeitlich wurde der Bestand des Joint Air Reconnaissance Intelligence Centre (JARIC) erschlossen und öffentlich zugänglich gemacht, sodaß Luftbilder über gewerbliche Anbieter oder direkt bei der National Collection of Aerial Photography in Edinburgh beschafft werden konnten, die im Jahr 1991 noch nicht vorlagen. Zusätzlich zum Bildflug vom August 1945 wurden Bilder vom Juni und vom Oktober 1945 beschafft. Auf diesen ist der Fortschritt der Gebäudesprengungen recht gut dokumentiert. Bildflüge aus 1946 und 1947 waren nicht vorhanden; der nächste Bildflug datiert auf 1950. Eine weitere Luftbildquelle bildet der beim Bundesarchiv Koblenz lagernde Bildbestand 197 des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung. Die Bildflüge wurden in den 1950er Jahren von der Royal Air Force durchgeführt. Beschafft wurden Luftbilder aus 1955 und 1956. Weiter verfügt das Bundesarchiv Koblenz über Luftbilder der Bundeswehr. Diese haben einen verhältnismäßig kleinen Maßstab, sind aber von sehr guter Qualität. Verfügbar sind Luftbilder

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aus den 1960er, 1970er und 1980er Jahren. Aus diesem Zeitraum sind Luftbilder auch beim Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) erhältlich. 4.3 Unterlagen des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) Der KBD verfügt über eine Anzahl von Räumberichten, insbesondere aus den 1960er und 1970er Jahren. Diese bestehen aus Fundberichten mit einer Aufstellung der geborgenen Kampfmittel sowie der Größe geräumter Flächen, unterschieden nach Wald und Wegen. Lagepläne oder sonstige räumliche Angaben Informationen zur Sprengung nicht transportfähiger Kampfmittel. Auch eine 1991 während der Feldarbeiten zur „Erfassung und Erkundung“ laufende Räummaßnahme ist nicht hinreichend dokumentiert. Somit sind alle historischen Erklärungen zur Kampfmittelfreigabe nicht belastbar. fehlen, desgleichen Es konnten jedoch Berichte zu Testsondierungen und Räummaßnahmen aus den 2000er Jahren berücksichtigt werden. 4.4 Unterlagen des Grundstückseigentümers Vom Grundstückseigentümer war eine undatierte Lageskizze mit handschriftlichen Eintragungen, wo ein Bodenumbruch durch Pflügen mit verschiedenen Tiefen stattgefunden hat, zu erhalten. Damit ist für diese Flächen belegt, daß die ursprüngliche Horizontierung und damit die Schadstoffverteilung verändert wurde. Diese Skizze wurde, orientiert an noch bestehenden markanten Punkten, wie Grundstücksgrenzen und Wegenetz, georeferenziert. Weiterhin war eine auf Grundlage eines Digitalen Geländemodells erstellte Schummerungskarte vorhanden, siehe Abbildung 3. Mit dieser war es möglich, Gebäude und Gebäudereste sowie Sprengtrichter, Bodenerhebungen etc. zu identifizieren, die auf Grund des jeweils vorhandenen Baumbestandes auf den Luftbildern der verschiedenen Zeitschnitte nicht zu sehen sind. Abbildung 3: Schummerungskarte; Quelle: Eigentümer 4.5 Internetrecherche Mit der zwischenzeitlichen Weiterentwicklung, Verbreitung und Nutzung stellt nun auch das Internet eine geeignete Quelle für Recherchen da: So finden sich neben zahlreichen allgemeinen Informationen zu Begriffen und Standorten auch Zeitzeugenberichte und historische Dokumente (teils in Abschriften) sowie Fotos, die von Heimatforschern, Geschichts- und Heimatvereinen sowie Hobby-Militärhistorikern dort veröffentlicht werden.

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Im vorliegenden Fall veröffentlichte ein Heimatforscher die in Abschnitt 4.1.3 erwähnte und in Abbildung 2 dargestellte Lageskizze, die die Recherche im Stadtarchiv auslöste. Weiterhin wurde eine Abschrift eines Kriegstagebuchs einer britischen Pioniereinheit der Royal Army gefunden, die Ende April 1945 zu Arbeiten im Marinesperrzeugamt, das unter der Aufsicht der Royal Navy stand, abgeordnet wurde. Hier nahm die Pionierkompanie zunächst sämtliche Lagergebäude nebst Inventar auf und dokumentierte den Zustand hinsichtlich durch die Kriegsmarine durchgeführter Sprengungen. Damit liegt eine Aufstellung der in den einzelnen Minenhäusern lagernden Minentypen und deren jeweilige Anzahl vor. Damit lassen sich die Nettoexplosivstoffmassen je Minenhaus ermitteln. Nachfolgend sprengte die genannte Pionierkompagnie Minenhäuser, in denen nicht marinetypische Kampfmittel wie Handgranaten, Landminen und Sprengstoffe lagerten. Die Bezeichnung der Gebäude erfolgte mittels Buchstaben-Ziffern-Kombination. Es einem Plausibilitätsvergleich, daß die Bezeichnungen aus Geländeskizze und Gebäudeliste nicht zueinander paßten. jedoch bei zeigte sich Darüber hinaus wurde die mit Fotos versehene teilweise Abschrift eines Tagebuchs eines Soldaten gefunden, dessen Kriegstagebuch aus der Archivrecherche bekannt war. Das Tagebuch des Soldaten enthält Fotos von Sprengarbeiten auf der Liegenschaft sowie eine Aufstellung von Kampfmitteln, die als Trichterbelegungsliste gedeutet werden kann, siehe Abbildung 4. Die Angaben und Fotos sind teils datiert. Abbildung 4: Sprengtrichter mit zur Vernichtung vorbereiteter Abwurfmunition (links); handschriftliche Aufstellung von Kampfmitteln (rechts), Quelle: Internet 4.6 Geländebegehung Bereits im Rahmen der „Erfassung und Erkundung“ im Jahr 1991 hat eine intensive und sorgfältig dokumentierte Begehung des Geländes stattgefunden. Allerdings sind die erfaßten Daten zu den einzelnen Objekten, wie z.B. Gebäude, Gebäudereste, Sprengtrichter etc. nach heutigen Ansprüchen nicht detailliert genug. Zudem waren die neu gewonnenen Erkenntnisse aus der erweiterten Recherche und Auswertung von Luftbildern und Archivalien im Gelände zu überprüfen. Daher wurde das gesamte Gelände, zumeist entlang der oft noch erkennbaren Gleistrassen abgegangen, um Luftbildbefunde auf Plausibilität zu überprüfen, Besonderheiten wie

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Wuchsanomalien, Ablagerungen und relevante Gegenstände (z.B. Sprengstoffbrocken) und alle (kontaminationsrelevanten) Objekte und deren Beschaffenheit aufzunehmen, zu dokumentieren und zu fotografieren. 4.7 Erfassung aller gewonnen Informationen in GIS Sämtliche analogen Luftbilder, Pläne und Karten wurden in ein sog. GIS-Projekt digital überführt, wobei die während der Gelände- bzw. Objektaufnahme erfaßten Daten als spezielle Layer eingefügt wurden. Auf dieser Grundlage war schließlich eine multitemporale Auswertung möglich. 5. Plausibilitätskontrolle und Erkenntniszugewinn der erweiterten Historischen Erkundung Die Nutzung von Daten aus vielen verschiedenen Quellen sowie die inzwischen entwickelten technischen Werkzeuge zu Rüstungsaltstandorten erlauben heute eine wesentlich bessere Überprüfung der Plausibilität von Informationen, deren fachliche Bewertung nach aktuellen Regelwerken sowie deren digitale Zusammenführung in einem sog. GIS-Projekt. erweiterten Kenntnisse und (insbesondere IT) Im vorliegenden Beispiel wurde die bereits umfangreiche „Erfassung und Erkundung“ aus 1991 in vielen Aspekten verifiziert, und es konnte eine weitere Informationstiefe gewonnen werden. 5.1 Sprenggeschehen Die erweiterte Historische Erkundung ergab einige Abweichungen zur Erhebung in 1991 (Ergebnis aus 1991 in Klammern kursiv dargestellt): - Sprengung von 30% oder 50% (in Abhängigkeit der Archivalienquelle) der Gebäude durch die Kriegsmarine am 13.04.1945 um 6:30 Uhr (Detonationen in drei Minenhäusern im März/April 1945) - Sprengung von acht Gebäuden mit nicht marinetypischen Kampfmitteln durch die Pionierkompanie; 20 t Pikrinsäure gerieten dabei lediglich in Brand - Sprengkampagne der Royal Air Force, Vernichtung von Abwurfmunition, ab Mai 1945 gemäß der unter Abschnitt 4.5 genannten Tagebuchabschrift - zeitgleich Sprengung der meisten Gebäude unter Aufsicht der Royal Navy bis Ende 1945 (Sprengung der meisten Gebäude unter Aufsicht der Royal Navy bis Ende 1945) - Sprengplatzbetrieb durch die Royal Air Force von Frühjahr 1946 bis Frühjahr 1947 (Sprengplatzbetrieb durch die Royal Air Force von Frühjahr 1946 bis Frühjahr 1947) Hinsichtlich der Kontaminationsrelevanz war insbesondere zu überprüfen, ob die Sprengungen aus Mai 1945 zu Trichtern geführt haben, die bei den nachfolgenden Kampagnen in 1945 und 1946 hätten mit genutzt werden können. Die Plausibilitätsprüfung anhand der Kriegstagebücher und dem Luftbildzeitschnitt vom 19.06.1945 zeigte jedoch, daß die Datierung der Bildunterschrift im Tagebuch offensichtlich falsch war: Statt bereits im Mai 1945 war die Einheit des betreffenden Soldaten erst 1946 in der Region tätig. Die Luftbilder zeigen, daß es zum Zeitpunkt der Aufnahme kaum größere Sprengtrichter gab und überhaupt

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nur wenige Gebäude so gesprengt waren, daß sie das heutige Erscheinungsbild haben. Somit hat es die Sprengkampagne der Royal Air Force von 1945 offensichtlich nicht gegeben. Der zeitliche Ablauf der Gebäudesprengungen wird durch die verschiedenen Luftbilder gut dokumentiert: Auf dem Luftbild vom Juni 1945 sind erkennbar etwa 30 Gebäude von 150 Gebäuden gesprengt. Im Luftbild vom August 1945 zeigt sich ein wesentlicher Fortschritt bei den Gebäudesprengungen und Ende Oktober 1945 sind diese weitgehend abgeschlossen. Nach Auswertung der neu recherchierten Unterlagen und deren Plausibilitätskontrolle untereinander sowie mit den bereits vorliegenden Unterlagen und Erkenntnissen aus der „Erfassung und Erhebung“ aus dem Jahr 1991 ergab sich damit ein umfassend differenziertes und gesichertes Bild des Sprenggeschehens. 5.2. Klassifizierung von Teilflächen bzgl. Kontaminationsrelevanz Eine Munitionsbilanz konnte nicht erstellt werden. Die Angaben in den Kriegstagebüchern zu vernichteten Kampfmitteln waren grob und offensichtlich unvollständig, denn es ergaben sich weder Übereinstimmungen zu den Kampfmitteltypenlisten aus den Trichterbelegungslisten gemäß Tagebucheintrag des erwähnten Soldaten noch zu den Fundlisten aus den Kampfmittelräummaßnahmen. Die Prüfung der Nutzungshäufigkeit von Sprengtrichtern konnte über die multitemporale Luftbildauswertung erfolgen. Wiederholte Nutzungen zeigen sich in einem veränderten Erscheinungsbild der Trichter. Für das Marinesperrzeugamt liegen lediglich Luftbilder vom Oktober 1945 und vom Oktober 1950 vor. Mit den Bildern von 1945 wird die Liegenschaft nach dem Entstehungszeitpunkt der meisten Trichter, aber vor Beginn der Sprengplatznutzung dargestellt. Mit den Bildern von 1950 liegt eine Darstellung der Liegenschaft lange nach Beendigung der Sprengkampagne vor. Anhand dieser Luftbilder konnte differenziert werden, ob die aus der Gebäudesprengung 1945 herrührenden Sprengtrichter auch 1946/1947 zur Vernichtung antransportierter Kampfmittel benutzt wurden. Für einen Teilbereich der Anlage, der sechs Sprengtrichter umfaßt, war anhand der Luftbildauswertung erkennbar gewesen, daß lediglich vier Trichter in den Zeitschnitten 1945 und 1950 ein jeweils unterschiedliches Erscheinungsbild aufwiesen, und damit abermals in 1946/1947 genutzt worden sein mußten, siehe Abbildung 5. Diese Annahme anhand der Luftbilder bestätigte sich bei der Räumung vor Ort: Bei diesen vier Trichtern war bei der Räumung ein Bodenabtrag und eine maschinelle Separierung der Kampfmittel erforderlich, da der Boden massiv mit Splittern und nicht detonierten Kampfmitteln durchsetzt war und zusätzliche Vergrabungen gefunden wurden. Die zwei nicht überprägten Trichter wiesen dagegen eine geringere Störpunktdichte auf.

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Abbildung 5: Sprengtrichter infolge Gebäudesprengung 1945 (links), derselbe Trichter 1950 mit kleinen Trichtern überprägt infolge mehrerer Munitionssprengungen 1946/47 (rechts) läßt sich für zwei weitere Teilbereiche ableiten: Eine Mehrfachnutzung In den Kriegstagebüchern wird die Einrichtung von Sprengfeldern beschrieben, indem jeweils zehn Sprenggruben rechts und links von der Feldbahntrasse angelegt wurden. Diese Sprengfelder wurden nach den Eintragungen in den Kriegstagebüchern im Winter 1946/47 so lange genutzt, bis die Schneehöhe die Arbeiten zum Stillstand brachte. Mit den Luftbildern des Zeitschnitts 1950 konnten diese zwei Sprengfelder, ein westliches und ein östliches, belegt werden, siehe Abbildung 6. Abb. 6: Mehrfach benutzte Sprengtrichter und entlang des Feldbahngleises Sprengfeld mit angelegten, ebenfalls mehrfach benutzten Sprenggruben Hinsichtlich der Kontaminationsrelevanz war weiterhin die Sprengung der eingelagerten Seeminen zu überprüfen. Bekannt ist, daß die Detonation von Explosivstoffen in Kampfmitteln niemals vollständig erfolgt. Das gilt vor allem dann, wenn die Sprengladung nicht über die konstruktiv vorgesehene Zündkette initiiert wird. Die Geländebegehung zeigte sehr differenzierte Erscheinungsbilder der gesprengten Minenhäuser, siehe Abbildung 7. Sie reichen vom noch gut erhaltenen Gebäude mit eingestürztem Dachgewölbe über eine Trümmerfläche bis hin zu Trichtern mit rund 50 m Durchmesser und Tiefen von mehr als 10 m. Bei der Geländebegehung im Jahr 1991 wurden Brocken des Marinesprengstoffs Schießwolle auf den Erdwällen gesprengter Munitionshäuser, bei denen das Deckengewölbe weggeschleudert wurde, gefunden. Tatsächlich wurden im Rahmen der neuerlichen Geländebegehungen auch an weiteren

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Stellen Schießwollebrocken gefunden, siehe Abbildung 8. Die Funde lagen ausschließlich im Nahbereich von Gebäuderesten oder innerhalb von Trümmerflächen und niemals im Auswurfbereich von Sprengtrichtern. Das deutet darauf hin, daß bei lediglich eingestürzten Minenhäusern entweder die Explosivstoffmenge zu klein war, oder diese nicht durchdetonierte. Damit war der Druck für eine Trichterbildung zu gering. Eine Kontaminationsrelevanz könnte durch Explosivstoffreste sowie Lösungsvorgängen an den Schießwollebrocken angenommen werden. Letztere sind auf Grund der geringen Löslichkeit von den darin enthaltenen Sprengstoffen TNT und Hexyl als vergleichsweise gering einzuschätzen. Weiterhin sind an den Sprengstellen staubförmige Einträge nicht auszuschließen. Abbildung 7 (links): gesprengtes Minenhaus, Eingang und Randwälle erhalten, Deckengewölbe eingestürzt bzw. weggeschleudert Abbildung 8 (rechts): Schießwollebrocken Laut Zeitzeugenberichten wurden in den Arbeitshäusern Ladungskästen von Seeminen zumindest für einen gewissen Zeitraum von Hand mit Schießwolle befüllt. Hierzu mußte der Sprengstoff gesägt werden. Dabei fiel Staub an, der nach den gängigen Vorschriften feucht zu beseitigen war. Bei der Geländebegehung wurde festgestellt, daß drei von vier Arbeitshäusern baulich für solche Arbeiten ausgestattet waren. Damit sind die Zeitzeugenberichte bestätigt. In den Trümmern fanden sich spezielle, leicht zu reinigende Bodenfliesen, zudem verfügten die Gebäude über Bodenabläufe und Kanalanschluß. Da Sprengstoffstaub erfahrungsgemäß auch über Türen und Fenster verbreitet wird, und Reinigungswässer auch über die Türschwelle gespült wurden, waren diese Arbeitshäuser als kontaminationsrelevant zu bewerten. Anhand der erweiterten Recherche von Luftbildern und Archivalien konnten somit Bereiche unterschiedlicher Kontaminationsrelevanz identifiziert werden. 5.2 Überprägung in der späteren Nachkriegszeit Das Marinesperrzeugamt wurde in einem Wirtschaftswald errichtet und nach Kriegsende wieder forstwirtschaftlich genutzt. Die Sprengungen führten zur Vernichtung eines Teils des Baumbestandes. Historische Fotos belegen, wie Bäume durch den Luftdruck umgeblasen wurden. Weitere Bäume wurden im Zuge des sogenannten Reparationshiebes geschlagen. Ab den 1950er Jahren erfolgten umfangreiche Wiederaufforstungen. In dem aufgeforsteten Bereich brach 1976 ein Brand aus, der mehrere Hektar Wald auf dem Gelände des Marinesperrzeugamtes vernichtete. Die Wiederaufforstung erfolgte 1977. Hinsichtlich der Kontaminationsrelevanz und Kontaminationsverschleppung durch Bodenumbruch und Bodenumlagerung war insbesondere in diesem Kontext zu überprüfen, ob

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vor den Pflanzungen gepflügt wurde. Pflugspuren sind auf den Luftbildern des Zeitschnitts 1956 zu erkennen, siehe Abbildung 9. Dabei blieben die Trichter ausgespart. Auch auf den Luftbildern aus 1977 sind Pflugspuren im Bereich der erneuten Aufforstung nach dem Brandereignis erkennbar. In diesem Bereich erfolgte demnach ein zweimaliger Bodenumbruch. Abbildung 9: Zur Wiederaufforstung durch Pflügen vorbereitete Fläche 1956 Im Rahmen der Geländebegehung wurde festgestellt, daß in vielen Trichtern eine Auffüllung mit einem Boden-/Bauschuttgemisch vorhanden ist. Woher das Material stammt, war nicht zu klären. Möglicherweise wurden maschinell zu bepflanzende Flächen vorher vom Trümmerschutt befreit, um Beschädigungen der Pflanzmaschine zu vermeiden. Sofern das Boden-/Bauschuttgemisch aus kontaminationsrelevanten Bereichen wie z.B. dem Auswurfbereich der Trichter stammt, ist es als kontaminationsverdächtig anzusehen. Weitere, auf den Luftbildern erkennbare Trichter, waren vollständig überprägt, sodaß diese bei der Geländebegehung nicht mehr ausfindig gemacht werden konnten. Anhand der erweiterten Recherche von Luftbildern und Archivalien wurde die Informationstiefe zur Beschaffenheit und flächenhaften Abgrenzung der Überprägung der Liegenschaft in der Nachkriegszeit verbessert und die bereits aus der „Erfassung und Erkundung“ von 1991 bekannten Aussagen bestätigt. Mit den Aufforstungen und den Trichterverfüllungen und teils mehrfache Bodenumbrüche als auch Bodenbewegungen statt, die zu einer Verlagerung und Verschleppung von Schadstoffen geführt haben können. fanden sowohl -überprägungen 5.3. Besonderer Erkenntniszugewinn Ein besonderer Erkenntniszugewinn konnte für den Standort auf Grund einer erneuten Kampfmittelräummaßnahme erzielt werden, die während der erweiterten Historischen Erkundung durchgeführt wurde: Im Rahmen einer Brandschutzmaßnahme mußten für die Errichtung eines Brandschutzstreifens Bäume gefällt werden. Auf Grund der Historie des Geländes war im Vorfeld der Rodungsarbeiten Kampfmittelfreiheit im Bereich des betreffenden Streifens sicherzustellen. Darüber hinaus war auf Grund der Ergebnisse aus Historischer und erweiterter Historischer Erkundung bekannt, daß innerhalb der ausgewiesenen Streifen Trichter vorhanden waren, sodaß eine hohe Anomaliedichte zu erwarten war, die eine maschinelle Räumung erforderte.

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Im Rahmen einer maschinellen Räumung fällt durch Siebung Boden an. Dessen Umgang, d.h. z.B. Wiedereinbau vor Ort, ist durch den sog. niedersächsischen „Sieberlaß“5 aus dem Jahr 2010 geregelt. Nach diesem kann ein Wiedereinbau nur auf Grundlage eines verbindlichen Sanierungsplans stattfinden. Demzufolge waren Boden- und Grundwasseranalysen sowie Immobilisierungsversuche erforderlich. Mit den konkreten Ergebnissen aus diesen Untersuchungen konnten Annahmen aus der erweiterten Historischen Erkundung zur Kontaminationssituation bestätigt bzw. entkräftet, (siehe Abschnitt 5.2) und auf die restliche Fläche übertragen werden, was eine Relativierung der Gesamtgefahrensituation des Standortes nach sich ziehen könnte. 6. Erkenntnisse zum Potential der erweiterten Historischen Erkundung einem zwischenzeitlichen Erkenntniszuwachs Es zeigt sich, daß über eine erweiterte Historische Erkundung auf Grund neu verfügbarer Archivalien, (Rüstungs-) Altlastenerkundung sowie neuer digitaler Recherche- und Erfassungsmöglichkeiten ein Erkenntniszugewinn möglich ist. Dieser umfaßt nicht nur weiteres Detailwissen sondern auch eine zunehmende Informationstiefe und damit ein besseres Verständnis des Standorts. Darüber hinaus erlaubt die Nutzung von Daten aus vielen verschiedenen Quellen eine wesentlich bessere Prüfung der Plausibilität von Erkenntnissen. Abschließend können die so aktuell überprüften Ergebnisse aus Untersuchungen und Erhebungen, die durch unterschiedliche in einem zusammenfassenden sog. GIS-Projekt dargestellt werden. lange Zeiträume ausgelöst wurden, Institutionen über der in Diese Grundlage erlaubt eine begründbare Auswahl von zu untersuchenden Teilflächen und die Entwicklung einer sinnvollen Probenahmestrategie, und damit eine wirtschaftliche Untersuchung von großen Liegenschaften. Darüber hinaus hat es sich gezeigt, daß begleitende Maßnahmen des Bodenschutzes bei einer Kampfmittelräummaßnahme zu einem weiteren Erkenntnisgewinn noch innerhalb der Bestandsaufnahme der erweiterten Historischen Erkundung führen. Wenn diese Boden- und Grundwasseruntersuchungen quasi Untersuchungen der OU, DU und sogar SU vorwegnehmen, da sie im Rahmen eines Sanierungsplanes durchgeführt wurden, ergeben sich detailliertere Erkenntnisse zu Annahmen aus der eHE. Dieser Erkenntniszugewinn zu einem frühen Erhebungs-Zeitpunkt stellt einen Vorteil dar, da die vertieften Erkenntnisse dieser Teilfläche gegebenenfalls auf gleiche oder ähnliche Strukturen auf der restlichen Fläche übertragen werden könnten. es von daß sich, zeigt hinaus die Verknüpfung Darüber erforderlichen Kampfmittelräummaßnahmen mit Maßnahmen des Bodenschutzes nicht nur zu einem Erkenntnisgewinn in einem frühen Erhebungs- oder Untersuchungsstadium führt, sondern daß damit auch Kontaminationsverschleppungen auf der Fläche unterbunden bzw. minimiert und dokumentiert werden können. So kann z.B. der Wiedereinbau (hoch) kontaminierten Bodens in nicht oder nur gering kontaminierte Bereiche unterbunden bzw. mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen beauflagt werden, wie es im vorgestellten Beispiel im Falle einer Trichterräumung sinnvoll erscheint. 5 „Umgang mit Siebrückständen nach einer Kampfmittelräumung, insb. auf Sprengplätzen“; Erlaß AZ 38-62827/4 vom 25.03.2010 zum Umgang mit Siebrückständen nach einer Kampfmittelräumung, insbesondere auf Sprengplätzen, sowie mit Bodenaushub von entsprechenden Verdachtsflächen“; Erlaß AZ 36-62833/000-0010-003 vom 01.10.2018 sowie „Ergänzende Hinweise

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In der nachfolgenden Tabelle 1 sind in chronologischer Reihenfolge zusammenfassend sämtliche Erhebungsstufen mit deren Mehrwert dargestellt. Tabelle 1: Mehrwert einer ergänzenden Historischen Erkundung Aktion Mehrwert Chronologische Abfolge Überprüfung der vorhandenen Dokumentation (90er Jahre) Erneute Anfrage aller Archive Berücksichtigung von Untersuchungen/ Daten/ Gutachten, die nach der ersten Erfassung erstellt wurden Aufbereitung analog vorliegender Daten Neubewertung der aktuellen Gefahrensituation bzgl. betroffener Schutzgüter Neubewertung der aktuellen Gefahrensituation bzgl. Kampfmittel Überprüfung der Qualität Freigabe bislang gesperrter Dokumente Bei langen Zeiträumen von der Erfassung Zusammenführung von Untersuchungen/ Erhebungen, die durch verschiedene Institutionen ausgelöst wurden (Eigentümer, KBD, Behörden) Einbindung in ein zu erstellendes GIS-Projekt → Verfügbarkeit für nachfolgende Maßnahmen Gefahrenbeurteilung unter Berücksichtigung • aktueller Prüf- und Schwellenwerte, • zwischenzeitlich erhobener Stoffeigenschaften, • Anwendung angepasster Analyseverfahren • Verfügbarkeit neuester Facherkenntnisse aus Theorie und Praxis Gefahrenbeurteilung unter Berücksichtigung des veränderten „state of the art“ bzgl. „Qualitätsmaßstäbe“ Neubewertung der Gesamtsituation Verknüpfung von KMR und Bodenschutz bereits zeitglich mit Beginn einer KMR ➔ Verringerung/ Vermeidung von Kontaminationsverschleppungen ➔ Sicherung von Informationen/ Erkenntnissen aus der KM-Bergung, die über die Zeit Schutzgutbelastungen hervorgerufen haben können ➔ Relativierung von Schadensfällen (Rüstungsaltlast ≠ Rüstungsaltlast) Aufzeigen des notwendigen Handlungsbedarfs unter Empfehlung von Maßnahmen Berücksichtigung aktueller ➔ Nutzungserfordernisse und ➔ Finanzierungsmöglichkeiten Effektive Anwendung innovativer Sanierungstechniken

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7. Fazit Durch den fachspezifischen Erkenntniszuwachs incl. digitaler Anwendungen einerseits und die Verfügbarkeit von zusätzlichen Archivalien andererseits können mit einer erweiterten Historischen Erkundung nicht nur weitere Detailinformationen zu einer Liegenschaft gewonnen, sondern auch mit Hilfe einer Plausibilitätskontrolle Kenntnisse aus früheren Unterlagen bestätigt oder widerlegt werden. In diesem Rahmen werden alle Daten und Fakten von unterschiedlichen Institutionen und Gutachtern etc. aus unterschiedlichen Erfassungszeiten (z.B. Ersterfassung in den 1990er Jahren) und „heute“ mit dem aktuellen wissenschaftlichen Hintergrund und den aktuellen digitalen Möglichkeiten ausgewertet, bewertet und dargestellt. Es wird so eine Informationstiefe zur Beschaffenheit der Liegenschaft hinsichtlich Kontaminationshistorie erlangt, auf deren Basis erforderlichenfalls untersuchungsrelevante Teilflächen begründet und zuverlässig(er) ausgewiesen oder sogar Kontaminationen ausgeschlossen werden können. Ergebnisse aus vorgezogenen Boden- und Grundwasseruntersuchungen auf Teilflächen, wie sie im Rahmen einer Kampfmittelräummaßnahme bzw. eines dafür erforderlichen Rahmensanierungsplans parallel zur erweiterten Historischen Erkundung stattgefunden haben, können darüber hinaus mit den ursprünglichen Ergebnissen und Aussagen der erweiterten Historischen Erkundung der restlichen Liegenschaftsfläche abgeglichen werden und gegebenenfalls eine Relativierung bis hin zu einer vollständigen Entkräftung der Gesamtgefahrensituation eines Standortes ermöglichen. Es wäre daher zu überlegen, ob insbesondere bei großen Flächen grundsätzlich von der durch die BBodSchV vorgegebene hierarchischen Struktur von HE/eHE – OU – DU – SU abgewichen werden sollte zu Gunsten einer umfassenden Untersuchung neuralgischer Punkte und der Übertragung bzw. des Abgleichs der Ergebnisse auf strukturähnliche Bereiche der restlichen Liegenschaftsfläche, sofern eine eHE vorhanden ist. Dies erscheint zumindest im Einzelfall, wie z.B. bei Kampfmittelräummaßnahmen oder im Falle der Gefahrenabwehr als fachlich und wirtschaftlich zielführend. Die Verknüpfung von erforderlichen Kampfmittelräummaßnahmen mit Maßnahmen des Bodenschutzes erscheint unabhängig von der hierarchischen Untersuchungsstufe in jedem Falle angebracht. Autoren Dr. Franziska Jänig, (Vorsitzende des Fachausschuß C4 „Rüstungsaltlasten“ des ITVA), Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Referat L3.3 Grundwasserschutz, Altlasten, Deponien. Stilleweg 2, 30655 Hannover. E-Mail: franziska.jaenig@lbeg.niedersachsen.de Annette Joos, IABG Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH, Friedrichstraße 185 / Haus E, 10117 Berlin, Email: Joos@iabg.de Jürgen Klatt, Landkreis Celle, Amt für Umwelt und ländlichen Raum, Trift 27, 29221 Celle

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Die Ergänzende Historische Erkundung (eHE) als wirksames Mittel der Standortbearbeitung Ausgangslage Zu vielen Standorten liegen mehr oder weniger umfassende Altdaten der letzten ca. 30 Jahre vor (HE, OU, Monitoringberichte etc.), allerdings entsprechen diese oftmals nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Auf Basis dieser Altberichte ist es in der Regel nicht möglich, eine Gefährdungsabschätzung vorzunehmen. Vor der Aufnahme neuer geotechnischer Erkundungen ist es gerade bei großen und komplexen Standorten sinnvoll, zunächst eine eHE zu erstellen, die gleichzeitig eine Defizitanalyse der Altberichte sowie Vorschläge für die weitere Erkundung nach Stand der aktuellen Technik beinhaltet. Defizite in Altberichten Im Folgenden sind einige typische Defizite älterer Gutachten genannt: Die Luftbildauswertung liegt nur tabellarisch vor, Luftbilder sind nicht überliefert, ein Standort-GIS existiert nicht oder ist nur rudimentär vorhanden. Archivrecherchen sind nur lückenhaft durchgeführt worden. Erst in jüngerer Zeit erschlossene bzw. freigegebene Archivstände konnten naturgemäß früher nicht berücksichtigt werden. Produktionsprozesse wurden aufgrund fehlenden Verständnisses der Gutachter falsch rekonstruiert. Daraus können sich falsche standortbezogene Stofflisten ableiten, was wiederum dazu führen kann, daß nach den falschen Kontaminanten gesucht wurde, teilweise auch immer noch wird. der Umweltchemie Das weiterentwickelte Verständnis rüstungstypischer Verbindungen, der chemischen Analysentechnik und der historischen Recherchen zu relevanten Stoffen hat dazu geführt, daß heute mehr Parameter als relevant angesehen werden, als noch vor zwei oder drei Jahrzehnten. So sind polare sprengstofftypische oder Chlornaphthaline als relevante Kontaminanten bestimmter Rüstungsaltstandorttypen erkannt worden. Auch im Bereich der Kampfstofftypischen Verbindungen wurden neue Analysenverfahren etabliert und neue analytische Schwerpunkte definiert. Verbindungen, Pulvertypische Verbindungen In einigen Altstudien wurden Verdachtsflächen nicht oder falsch ausgewiesen.

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Neue Bewertungsgrundlagen würden heute oftmals zu einer anderen Bewertung von Teilflächen führen. Teilweise wären aufgrund anderer Prüfverfahren alte Analysendaten auch gar nicht mehr anhand neuer Bewertungsstandards zu beurteilen. Ziele einer eHE Ziel ist die Herausarbeitung aller wesentlichen (!) Standortinfos nach Stand der Technik und des Wissens zum Zwecke der Vorbereitung eine OU, DU etc. Folglich werden nicht alle Detailfragen einer „normalen“ HE erschöpfend bearbeitet, sondern der Fokus ausschließlich auf die Punkte gelegt, die für die erfolgreiche Weiterbearbeitung des Standorts nötig sind. Hierdurch wird eine eHE auch kostengünstiger als eine HE und kann schneller abgeschlossen werden (ca. 35-60% der Kosten einer HE, ca. 40-60% der Zeit einer HE). Erstellen einer eHE Die Erstellung erfolgt zweistufig. Zunächst werden alle Altdaten gesammelt, ausgewertet und eine Defizitanalyse inklusive Kostenschätzung erstellt. Im zweiten Schritt werden die erforderlichen Zusatzrecherchen durchgeführt, das Standort-GIS erstellt und Empfehlungen für die weitere Bearbeitung gegeben: Bearbeitungsstufe 1: 1. Sichtung aller zum Standort verfügbaren Altdokumente 2. Defizitanalyse 3. Festlegung, welche Defizite behoben werden sollen und können Bearbeitungsstufe 2: 4. Archivrecherche 5. Luftbildrecherche und Aufsetzen/Aktualisierung GIS 6. Ausweisung Kontaminationsverdachtsflächen 7. Festlegung Liste der richtigen (!) Analytikparameter 8. Gegebenenfalls weitere Maßnahmen 9. Begehung 10. Empfehlungen für die weitere Bearbeitung, z. B. im Rahmen einer OU oder DU 11. Optional: Kostenschätzung weitere Bearbeitung Im Ergebnis erhält der Kunde einen Bericht und einen GIS-Datensatz. Letzterer kann selbstverständlich für alle nachfolgenden Untersuchungsphasen genutzt werden. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, daß die Erstellung einer eHE in der Regel zu einer Neujustierung der Erkundungsstrategie insbesondere wenn die führt,

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Workshop 7 Bodenschutz und Photovoltaik Moderation: Friedrich Rathing Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Hannover Referate: Jörn Fröhlich Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein Barbara Mussack Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen GmbH, Hannover Inhalt: Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie gewinnen aufgrund der sich zuspitzenden Erderwärmung und der geopolitischen Entwicklungen an Bedeutung und werden einen Beitrag zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien leisten. Dabei sind Auswirkungen auf das Schutzgut Boden zu erwarten, vor allem bei Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. In diesem Workshop sollen fachliche Empfehlungen aus Sicht des Bodenschutzes zu Standortauswahl sowie zu Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik diskutiert werden.

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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer WS 7 Name Beese Bensmann Vorname Behörde / Unternehmen Mart in Nicole Hagedorn Hannover GmbH Deut sche Bahn AG Bludau Anna-Lena HPC AG Bockelmann Ut e Büscherhof f -von der Haar Susanne Edler Gemander Kat harina Geraldine Hammerschmidt Uwe Landkreis Wolf enbüt t el Landkreis Osnabrück Fachdienst Umwelt , Abt eilung Abf all & Boden Alt markkreis Salzwedel Unt ere Bodenschut zbehörde Landeshaupt st adt Hannover Fachbereich Umwelt und St adt grün LBEG Heil Horchler Jacobi Junkereit Khanaqa- Redecker Körner M` Bareck Maack Merl Niebuhr Präger Raasch Ramm Oliver Diet er Jens J. Ot t mar Kocher Philipp DB Immobilien Eickhof er Heide GmbH & Co. KG Rheinmet all Waf f e Munit ion GmbH DB Net z AG St adt Braunschweig Fachbereich Umwelt Mohamed Dr. Lüpkes Sachverst ändige GbR Tim ukon Umwelt konzept e GmbH & Co.KG Simone bsp ingenieure GmbH Jörg Ant j e Tom St adt Celle Landkreis Gif horn GEONIK GmbH Marcus DEKRA Aut omobil GmbH

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Bodenschutz und Photovoltaik – Vorstellung einer praxisbezogenen Arbeitshilfe Friedrich Rathing, Barbara Mussack, Jörn Fröhlich, Ricarda Miller, Frank Molder 1 Einleitung Strom auf Freiflächen zu erzeugen, die mit Photovoltaik bestückt sind, ist mit einer Vielzahl von Vorteilen und positiven Aspekten für alle Beteiligten verbunden. Zunächst einmal hat es diese Technologie geschafft, Strom zu einem Preis zu erzeugen mit dem keine andere Stromerzeugung mithalten kann. Etwa 5 Cent kostet die Kilowattstunde, wenn sie unter nie- dersächsischer Sonne und auf freier Fläche erzeugt wird. Sie arbeitet CO2-frei und ist damit für den Klimaschutz – neben der Windkraft – die Energie der Zukunft. In Niedersachsen und in ganz Deutschland kommt den Freiflächenanlagen eine ganz be- sondere Rolle zu: Dort können sehr bald, d.h. nicht erst 2030 oder danach, Energiemengen erzeugt werden, die Öl, Gas und Kohle ersetzen. Sie schaffen eine spürbare Entlastung für das Klima in kurzer Zeit und helfen damit, das noch verbliebene Budget an Treibhaus- gasemissionen sorgsam zu verwenden. In Deutschland waren Ende des Jahres 2021 auf rund 35.000 ha Fläche Photovoltaik (PV)- Anlagen mit einer Leistung von ca. 60 Gigawatt (GW) Leistung installiert. Zwei Drittel der Fläche nehmen Anlagen auf Dächern, Gebäuden und Konversionsflächen ein. Ein Drittel (ca. 11.700 ha) sind als Freiflächenanlagen auf Ackerflächen sowie Randstreifen an Ver- kehrswegen errichtet [1], [2], [3], [4]. Zusätzlich zu den PV-Anlagen sind bundesweit ca. 2.130 ha Solarthermie-Anlagen, fast ausschließlich auf Gebäuden, installiert [2]. In Niedersachsen stellt sich die Situation folgendermaßen dar: 2022 wurden etwas mehr Freiflächen-Anlagen in Niedersachsen gebaut als in den Vorjahren. Insgesamt sind auf Frei- flächen rd. 750 MW installiert. Das sind rund 13 % der insgesamt in Niedersachsen instal- lierten Leistung von 5.600 MW. Das Gros der Anlagen befindet sich auf Dachflächen. Der Zubau an installierter Leistung hat 2022 im Wesentlichen auf Gebäuden stattgefunden (529 MW), der Anteil an Freiflächenanlagen war mit 58 MW noch relativ gering. Der Anteil von steckerfertigen Anlagen, den sogenannten „Balkonanlagen“ ist mit 5,5 MW noch sehr klein, hat sich aber gegenüber 0,6 MW in 2021 stark vergrößert (Abbildung 1) [5]. 1

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Abbildung 1: Errichtungsort der neu installierten Solareinheiten in Niedersachsen Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Für landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen ist die Stromerzeugung auf der Freifläche eine wirtschaftliche Chance, da die solare Stromerzeugung zu einem Zusatzeinkommen für Landwirte werden kann. Für Flächeneigentümer besteht nicht nur die Möglichkeit ihr Eigentum für die Nutzung einer PV-Freiflächenanlage zu verpachten, sondern – je nach verfügbarem Kapital – selbst Teil- haber*in an einer solchen Anlage zu sein. Hier gibt es verschiedene Varianten: So können Flächeneigentümer*in mit unterschiedlich großen Anteilen Gesellschafter der Betreiberge- sellschaft werden. Oder sie bilden gemeinsam mit Menschen aus der Umgebung eine Bür- gerenergiegesellschaft. Eine solche kann gemäß dem EEG 2023 eine Anlage bis 6 MW ohne Teilnahme an einer Ausschreibung errichten. Auch die Kommune selbst kann sich an Anlagen beteiligen oder Mitglied einer Bürgerener- giegesellschaft sein. All diese Varianten haben gemeinsam, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Auch ohne direkte Beteiligung an der PV-Anlage können Standortkommunen finanziell von Wind- und Solarenergieanlagen profitieren. Mit den Betreibern kann laut EEG vereinbart werden, dass 0,2 Cent/kWh an die Gemeinde fließen. Das sind bei einer PV-Anlage mit 10 MW (ca.10 ha) immerhin ca.18.000 €/Jahr. Um das Ausbauziel der Landesregierung von 15 GW (15.000 MW) PV in Niedersachsen zu erreichen, werden bei einer Errichtung auf Freiflächen ca. 0,6 bis 0,8 Prozent der landwirt- schaftlichen Nutzfläche benötigt. Hier ist zu erwägen, dass eine Photovoltaikanlage ca. 20- 2

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bis 30-mal mehr Energie pro Hektar erzeugt als etwa Energiepflanzen, die aktuell ca. 11 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Niedersachsen beanspruchen. 2 Anlass und Hintergrund der Arbeitshilfe Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie (im Folgenden FFA abgekürzt) gewin- nen aufgrund der sich zuspitzenden Erderwärmung an Bedeutung und können einen Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien leisten. Der in Bezug auf das Ausbauziel der Bundes- regierung [6] prognostizierte zusätzliche Flächenbedarf für PV-Anlagen liegt bis zum Jahr 2030 bei über 75.000 bis 80.000 ha [7]. Im EEG 2023 wird von einem Verhältnis von Ge- bäudeanlagen zu FFA von 50:50 ausgegangen [8]. Dies bedeutet eine zusätzliche Inan- spruchnahme von ca. 40.000 ha für FFA bis 2030. Das entspricht 0,24 % der landwirtschaft- lich genutzten Fläche in Deutschland (16,6 Mio. ha). Zusammen mit der täglichen Flächen- inanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen, die im Jahr 2021 bei 55 ha/Tag lag, steigen damit Druck und Nutzungskonkurrenz auf landwirtschaftlich genutzte Flächen [9]. FFA werden in zunehmendem Maße auf landwirtschaftlich genutzten Böden errichtet. Dabei sind Auswirkungen auf das Schutzgut Boden zu erwarten. Die Kommission Bodenschutz fordert daher für Errichtung, Betrieb und Rückbau von FFA trotz der temporären oder dau- erhaften Nutzung für die Erzeugung regenerativer Energien dauerhaft und nachhaltig die Multifunktionalität der Böden für die künftigen Generationen zu erhalten [10]. Bislang fehlen bundesweit einheitliche Standards und Empfehlungen zum Schutz der Böden bei Standort- auswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von solchen Anlagen. Vor diesem Hintergrund hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) das Projekt B 5.22: „Erarbeitung einer Arbeitshilfe „Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie“ im Rahmen des Länderfinanzierungsprogramms Wasser, Boden und Abfall 2022 an die Arbeitsgemein- schaft Ingenieurbüro Schnittstelle Boden und Baader Konzept GmbH den Auftrag zur Um- setzung vergeben [11], [12]. Die Durchführung des Projekts erfolgte in enger Abstimmung mit einer länderübergreifend besetzten Arbeitsgruppe. 3 Zielsetzung der Arbeitshilfe Ziel der Arbeitshilfe ist es, fachliche Empfehlungen aus Sicht des Bodenschutzes zur Etab- lierung von bundesweit einheitlichen Anforderungen und Regelungen an die Standortaus- wahl sowie den Bau, Betrieb und Rückbau von FFA aufzustellen. Dabei wurden bislang vorhandene Regelungen in verschiedenen Ländern, der Stand der Technik sowie auch ver- schiedene Typen und Bauweisen von FFA berücksichtigt. Damit soll eine lenkende Funktion hin zu bodenschonender Standortauswahl sowie die Etablierung von Bodenschutzmaßnah- men bei Bau, Betrieb und Rückbau der Anlagen erfolgen. Zur Zielgruppe des Leitfadens gehören Kommunen als Planungs- und Vorhabenträger, Bo- denschutzbehörden, Genehmigungsbehörden, mit Planung, Bau, Betrieb und Rückbau von FFA befasste Unternehmen, Träger öffentlicher Belange sowie bodenkundliche Baubeglei- ter*innen. 3

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4 Bearbeitungskonzept und Aufbau Die Arbeitshilfe ist in fünf Bausteine gegliedert (vgl. Abbildung 2Abbildung 2Abbildung 3)Hinweise und Zusammenfassungen in der Arbeitshilfe sind in grau umrandeten Textbe- reichen hervorgehoben. Begriffserklärungen im Glossar sowie Verweise auf andere Kapitel und Inhalte sind für die digitale Anwendung als aktive Links im Text angelegt, um die Navi- gation innerhalb der Arbeitshilfe zu erleichtern. Interaktive Checklisten und kopierbare Text- bausteine für bodenschutzbezogene Festsetzungen und Hinweise im Bebauungsplan bzw. Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung vereinfachen ebenfalls die Anwendung. Damit orientiert sich die Arbeitshilfe am im Vollzug bewährten LABO-Leitfaden „Anforderungen des Bodenschutzes an den Rückbau von Windenergieanlagen“ [13]. Abbildung 2: Bearbeitungskonzept und Aufbau der Arbeitshilfe [1] 5 Inhalte der Arbeitshilfe 5.1 Rechtlicher Rahmen und Möglichkeiten der Verankerung und Umsetzung boden- schutzfachlicher Anforderungen Der erste Baustein in der Arbeitshilfe umfasst die Beschreibung des rechtlichen Rahmens sowie die Möglichkeiten der Verankerung und Umsetzung bodenschutzfachlicher Anforde- rungen, insbesondere der Handlungsmöglichkeiten der Bodenschutzbehörden. In diesem Zusammenhang werden auch die bodenschutzfachlichen Inhalte der Technischen Normen DIN SPEC 91434, DIN 19639, DIN 18915 und DIN 19731 kurz zusammengefasst [14], [15], [16], [17]. 4

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Die für FFA relevanten rechtlichen Grundlagen aus Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Baugesetzbuch (BauGB) sowie genehmigungsrechtliche Belange aus weiteren projekt- spezifisch betroffenen Gesetzen werden in der Arbeitshilfe erläutert (vgl. Abbildung 3): • Steuernd wirken die Voraussetzungen für die Förderung der Anlagen nach dem EEG [6], insbesondere: - grundsätzliche Ausschluss von Flächen auf entwässerten, landwirtschaftlich genutz- ten Moorböden, - Förder-Korridore im Bereich von 500 m längs von Autobahnen und Schienenwegen - Förderung „besonderer Solaranlagen“ ▪ auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, die kein Moorboden sind, mit gleichzeiti- gem Nutzpflanzenanbau, Anbau von Dauerkulturen, mehrjährigen Kulturen oder Dauergrünland (unter Beachtung von Ausschlussflächen) auf derselben Fläche (= „Agri-PV“), ▪ auf Moorböden, die entwässert und landwirtschaftlich genutzt worden sind, wenn die Flächen mit der Errichtung der Solaranlage dauerhaft wiedervernässt werden. • § 2 EEG stellt die Errichtung und der Betrieb von Anlagen für erneuerbare Energien ins „überragenden öffentlichen Interesse“ und der „öffentlichen Sicherheit“. Bis die Stromer- zeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägun- gen eingebracht werden. • Nach den Landesbauordnungen sind FFA i.d.R. als bauliche Anlagen qualifiziert. Die planungsrechtliche Grundlage für die Erteilung einer Baugenehmigung ist meist ein Be- bauungsplan (B-Plan) nach BauGB. • In der Regel bedürfen FFA einer Baugenehmigung. Liegen diese Anlagen entlang von Bundesfernstraßen oder weiteren Straßen, müssen zudem die zuständigen Straßen- baubehörden zustimmen. • § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB privilegiert FFA im Außenbereich entlang von Autobahnen oder an Schienenwegen in einem Abstand von bis zu 200 m vom Fahrbahnrand. Mit weiteren Gesetzesinitiativen zur Beschleunigung des Ausbaus von Photovoltaik ist zu rechnen [18]. 5

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Abbildung 3: Überblicksschema zu den rechtlichen und verfahrensbezogenen Rahmenbe- dingungen bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen [1] 5.2 Bewertung von Anlagentypen und -bauweisen Die verschiedenen bodenschutzrelevanten Wirkungen von FFA sind abhängig von Anlagen- typen und -bauweisen und werden in der Arbeitshilfe im zweiten Baustein (vgl. Abbildung 2) strukturiert dargestellt: • Differenzierung nach Auswirkungen, Baustoffen, Typ der Trägergestelle und Bauweisen • Wirkungen auf den Boden: - Versiegelungsgrad und Überschirmung - Bodenerosion / Bodenaustrocknung / oberflächennaher Wasserhaushalt - Bodenverdichtung - Bodenumlagerung - stoffliche Beeinträchtigungen - potenzielle positive Wirkungen durch „Bodenruhe“ - Gesamtbilanz der Wirkungen FFA auf Moorböden mit einer entsprechenden Wiedervernässung sowie die verschiedenen Anlagentypen bei Agri-PV sind weitere Bestandteile des Kapitels in der Arbeitshilfe. 5.3 Anforderungen an die Standortauswahl, den Bau und die Betriebsphase sowie Rückbau Der dritte Baustein der Arbeitshilfe umfasst zum einen die Bodenschutzaspekte bei der Standortauswahl von FFA sowie zum anderen die bodenschutzfachlichen Anforderungen an den Bau, die Betriebsphase sowie den Rückbau. 6

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5.3.1 Standortauswahl In Bezug auf den prognostizierten Flächenbedarf für den Ausbau der Solarenergie gilt es vorrangig, um den Druck auf die Freifläche zu verringern und einen Beitrag zu den Flächen- sparzielen zu leisten, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu steigern so- wie die Flächenpotenziale für PV-Anlagen auf und an Gebäuden und sonstigen technischen Anlagen voll auszuschöpfen. Zwar reichen hier die technischen Potenziale theoretisch aus, um die Ausbauziele zu erreichen, aber hohe Kosten und die erforderliche Ausbauschnellig- keit stehen dagegen [19]. Neben den Aspekten Energieertrag und Netzinfrastruktur sind bei der Standortwahl insbe- sondere zunächst folgende allgemeine Ausschluss- und Restriktionskriterien [20], [21] rele- vant: • Ausschlusskriterien wie z. B. Naturschutz-/Natura 2000-Gebiete, Nationalparke, gesetz- lich geschützte Biotope, Gewässerrandstreifen, Wald, Überschwemmungsgebiete, Vor- ranggebiete für den Hochwasserschutz oder für Landwirtschaft • Restriktionskriterien, z. B. Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft oder für Landwirt- schaft, Zonen I und II in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten, flächige Boden- denkmale, Gebiete mit gebietsbezogenen Maßnahmen des Bodenschutzes nach § 21 Abs. 3 BBodSchG, Flächen mit Hangneigungen > 20 % Standortentscheidung werden häufig nicht durch übergeordnete räumliche Zielvorgaben ge- leitet, sondern durch für den Einzelfall vorrangige Interessenlagen (z. B. Flächenverfügbar- keit) oder ausschließlich durch die Standorteignung für die Solarnutzung bestimmt [4], [7]. Daher ist aus Bodenschutzsicht ein systematisches und übergeordnetes Vorgehen erfor- derlich, um geeignete Standorte für FFA zu identifizieren und auszuwählen. Zielsetzung ist, Böden mit hoher und sehr hoher Bodenfunktionserfüllung nicht in Anspruch zu nehmen. Diese Standorte erfüllen wichtige Funktionen z. B. für den Trinkwasser- und Hochwasser- schutz, für die Erzeugung von Lebensmitteln oder als Archive der Natur-/Kulturgeschichte. Standortentscheidungen müssen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Diese Einzelfall- prüfung gilt auch für FFA auf Moorböden bzw. organischen Böden gekoppelt mit einer dau- erhaften und fachgerechten Wiedervernässung. Darauf wird in der Arbeitshilfe aufgrund der hohen Bedeutung und Empfindlichkeit dieser Böden gesondert eingegangen. Werden auf bodenfunktional wertvollen oder empfindlichen Böden dennoch FFA geplant, bietet zum einen die Ausgestaltung der FFA als Agri-PV eine Möglichkeit, die Beeinträchti- gung flächenbezogen zu reduzieren und Bodenfunktionen weitgehend zu erhalten. Zum an- deren gilt es, eine bodenschonende Errichtung bzw. Bodenschutzmaßnahmen bei Bau, Be- trieb und Rückbau generell als Standard zu etablieren und die DIN 19639 konsequent in der Praxis umzusetzen. 5.3.2 Ableitung von Zielen, Anforderungen und Maßnahmen zum Bodenschutz bei Bau, Betrieb und Rückbau In der Arbeitshilfe werden Ziele, Anforderungen und Maßnahmen zum Bodenschutz bei Bau, Betrieb und Rückbau von FFA in farblich abgesetzten Steckbriefen dargestellt (vgl. Tabelle 1). Es werden zum einen allgemein gültige Ziele, Anforderungen und Maßnahmen 7

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(„AM“, 7 Steckbriefe) aufgestellt, zum anderen werden darauf aufbauend arbeitsschrittspe- zifische Ziele, Anforderungen und Maßnahmen („SM“, 20 Steckbriefe) zum Bodenschutz formuliert. Innerhalb der Arbeitshilfe wird an den entsprechenden Stellen auf die nachfolgenden Maß- nahmen-Steckbriefe verwiesen und zu diesen verlinkt. Zudem bestehen Verlinkungen zu erläuternden Abbildungen (vgl. Abbildung 4), zum Glossar, zu den Checklisten, zur Be- schreibung ggf. relevanter Stoffe/Materialien im Anhang sowie zu den Textbausteinen für Empfehlungen zu bodenschutzbezogenen Festsetzungen und Hinweisen im Bebauungs- plan bzw. Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung („FB“). AM3 Bodenarbeiten − Bei Bodenarbeiten sind grundsätzlich die Vorgaben zum Maschineneinsatz und zur Maschineneinsatzgrenze (→ AM2) zu beachten. − Ggf. notwendiger Bodenabtrag wird rückschreitend und getrennt nach Oberboden, Unterboden und Untergrund durchgeführt. Der freigelegte Unterboden wird nicht be- fahren (→ SM1, SM6). − Bodenauftrag/Wiedereinbau von Bodenmaterial erfolgt vor Kopf und entsprechend der ursprünglichen Horizontierung/Schichtung (→ SM9, SM17). Kein Einsatz schiebender Fahrzeuge (Planierraupe/Schubraupe). − vgl. FB3 8

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SM1 Baustelleneinrichtung, Baustraßen - Bereits versiegelte oder teilversiegelte Flächen als Baustraßen und BE-Flächen verwen- den (→ AM1, Abbildung 28). - BE-Flächen müssen ausreichend dimensioniert werden (Lagerkapazität, Maschinenbe- wegung auf den Flächen). - Bei vorheriger Ackerbewirtschaftung: Einsaat einer Feldgrasmischung, je nach Witte- rung und Vegetationszeit mindestens ein halbes bis ein Jahr vor der Baumaßnahme, so dass sich über eine Vegetationsperiode eine dichte Grasnarbe etablieren kann. - Abmähen des Bewuchses vor Errichtung der BE-Flächen bzw. Baustraßen, auf ausrei- chend trockene Bodenbedingungen achten. - Bei einer Inanspruchnahme von < 6 Monaten: o Auftrag eines reißfesten Vlies/Geotextil (mit 50 cm Überstand an den Rändern) und einer mind. 30 cm mächtigen Schicht an Schotter oder güteüberwachtem Recycling- Material (RC) vor Kopf (ohne den ungeschützten Oberboden zu befahren, vgl. Abbil- dung 29). o Alternativ können auch mobile Lastverteilungsplatten (z. B. Baggermatratzen) vor Kopf ausgelegt werden (ohne den ungeschützten Oberboden zu befahren, vgl. Ab- bildung 30). − Bei einer Inanspruchnahme von > 6 Monaten: o Der standorteigene Oberboden wird rückschreitend mit einem Kettenbagger, unter Berücksichtigung der von der aktuellen Bodenfeuchte abhängigen Maschinenein- satzgrenze (→ AM2), abgetragen (→ AM3) und zwischengelagert (→ AM4). o Auftrag eines reißfesten Vlies/Geotextil (mit 50 cm Überstand an den Rändern) und einer mind. 30 cm mächtigen Schicht an Schotter oder güteüberwachtem Recyc- ling-Material (RC) vor Kopf (ohne den ungeschützten Oberboden zu befahren. − − vgl. FB2, FB3, FB6, Checkliste 3 relevante Stoffe/Materialien: Geotextil, Schotter, RC-Material, Lastverteilungsplat- ten Tabelle 1: Beispiele für die Darstellung von allgemein gültigen („AM“) sowie arbeits- schrittspezifischen („SM“) Zielen, Anforderungen und Maßnahmen Abbildung 4: Schema Baustraße oder Baueinrichtungsfläche aus Geovlies und Trag- schicht (© Schnittstelle Boden) 9

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5.4 Empfehlungen zu bodenschutzbezogenen Festsetzungen und Hinweisen im Be- bauungsplan bzw. Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung Der vierte Baustein der Arbeitshilfe enthält Festsetzungen und Hinweise im Bebauungsplan bzw. für Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung („FB“). Sie sind als kopierbare Textbau- steine konzipiert, die im konkreten Einzelfall angepasst werden (vgl. Tabelle 2). FB3 Bodenkundliche Baubegleitung - Durchführung einer bodenkundlichen Baubegleitung o es ist eine bodenkundliche Baubegleitung (vgl. Kapitel 4.5) für die Bau- und Rückbauphase zu beauftragen (→ DIN 19639) o die mit der bodenkundlichen Baubegleitung beauftragte Person muss über die notwendige Sach- und Fachkunde verfügen und diese nachweisen o die mit der bodenkundlichen Baubegleitung beauftragte Person ist der Ge- nehmigungsbehörde vor Beginn der Bauphase bzw. des Baus und Rück- baus zu nennen o die bodenkundliche Baubegleitung muss der Genehmigungsbehörde regel- mäßig Bericht erstatten − Erstellung eines Bodenschutzkonzeptes (insbesondere bei großen Anlagen auf besonders verdichtungsanfälligen Standorten) Tabelle 2: Beispiel für Textbausteine für bodenschutzbezogene Festsetzungen und Hin- weise im Bebauungsplan bzw. Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung („FB“) 5.5 Checklisten Ein weiteres wichtiges Werkzeug bilden Checklisten, mit denen z. B. (Bodenschutz-)Behör- den als auch Vorhabenträger*innen überprüfen können, ob und in welcher Form die Anfor- derungen und Maßnahmen des Bodenschutzes bei Bau, Betrieb und Rückbau von FFA be- rücksichtigt werden: - Checkliste 1: Standortfindung - Checkliste 2: Bebauungsplan (Umweltbericht) - Checkliste 3: Vorbereitungsarbeiten - Checkliste 4: Aufbau der Solarmodule - Checkliste 5: Verkabelung - Checkliste 6: Errichtung versiegelter Bereiche - Checkliste 7: Rückbau von BE-Flächen/Baustraßen - Checkliste 8: Pflege- und Wartungsarbeiten - Checkliste 9: Rückbau von PV-FFA - Checkliste 10: Rekultivierung Die Checklisten sind in bewährter Form aufgebaut, wie sie für das LABO-Projekt „Checklis- ten Schutzgut Boden für Planungs- und Zulassungsverfahren – Arbeitshilfen für Planungs- praxis und Vollzug“ erarbeitet wurden [22]. Innerhalb der Checklisten sind interaktive Links zu den allgemein gültigen und den arbeitsschrittspezifischen Zielen, Anforderungen und 10

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Maßnahmen zum Bodenschutz sowie zu den kopierbaren Textbausteinen für bodenschutz- bezogene Festsetzungen und Hinweise im Bebauungsplan bzw. in den Genehmigungsauf- lagen gesetzt. Die Checklisten sind zur erleichterten Bedienung und Archivierung als spei- cherbare PDF-Formulare angelegt. 6 Veröffentlichung Die obersten Bodenschutzbehörden der Länder sehen in der Arbeitshilfe eine gute Grund- lage zu sinnvollen Beschleunigungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, indem gleichzeitig Hilfestellung zur Berücksichtigung der rechtlichen und fachlichen Anforderungen des Bodenschutzes gegeben wird. Die Arbeitshilfe ist über den Internetauftritt des Länderfinanzierungsprogramms und der LABO verfügbar. Mit der Kenntnisnahme seitens der Umweltministerkonferenz (Umlaufbe- schluss 16/2023) ist die Voraussetzung für die Anwendung der Arbeitshilfe in der Praxis erfüllt. Der Dank der Autor*innen geht insbesondere an die projektbegleitende Arbeits- gruppe. Literatur [1] BMUV – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucher- schutz (2021): Naturschutz und Photovoltaik. URL: https://www.bmuv.de/themen/naturschutz- artenvielfalt/naturschutz-biologische-vielfalt/naturschutz-und-energie/naturschutz-und- photovoltaik [letzter Aufruf: 26.04.2023]. [2] Wirth, H., Kost, C., Kramer, K., Neuhaus, H., Peper, D., Rentsch, J. & Senkpiel, C. (2021): Solaroffensive für Deutschland. Wie wir mit Sonnenenergie einen Wirtschaftsboom entfesseln und das Klima schützen. Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Kurzstudie im Auftrag von Greenpeace e.V. Stand Juli 2021. 68 S. [3] UBA – Umweltbundesamt (2023): Photovoltaik. URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare- energien/photovoltaik#freiflächen [letzter Aufruf: 26.04.2023]. [4] Kelm, T., Metzger, J., Fuchs, A.-L., Schicketanz, S., Günnewig, D. & Thylmann, N. (2019): für PV-Freiflächenanlagen. Untersuchung zur Wirkung veränderter Flächenrestriktionen Kurzstudie im Auftrag der innogy SE. Stand: Januar 2019. 83 S. [5] Kiepe, I. (2023): Photovoltaik in Niedersachsen – Analyse zu Stand, Zubau, Akteuren und Zielen. https://www.klimaschutz-niedersachsen.de/_downloads/SonstigeDokumente/2023-03- Aufruf: URL: 15_KEAN-PVAuswertung_kurzFuerHomepage.pdf?m=1682589780& 20.07.2023] [letzter [6] EEG – Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien: Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 6). [7] Günnewig, D., Johannwerner, E., Metzger, J., Kelm, T. & Wegner, N. (2022): Umweltverträgliche Standortsteuerung von Solar-Freiflächenanlagen. Handlungsempfehlungen für die Regional- und Kommunalplanung. Im Auftrag des Umweltbundesamts. Stand: Mai 2022. 74 S. [8] BMWK – Bundesministerium Osterpaket. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Energie/0406_ueberblickspapier_osterpaket.p df [letzter Aufruf: 24.04.2023]. für Wirtschaft und Klimaschutz (2022): Überblickspapier URL: [9] Statistisches Bundesamt (2023): Erläuterungen zum Indikator „Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche“. Nachhaltigkeitsindikator über die Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke. URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen- Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Flaechennutzung/Methoden/anstieg- suv.pdf [letzter Aufruf: 26.04.2023]. 11

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[10] Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) (2023): Freiflächen-Photovoltaik – ja, aber nicht ohne Bodenschutz!. Positionspapier. Autor*innen: Bellingrath-Kimura, S., Broll, G., von Haaren, C., Lang, F., Rück, F., Zeitz, J.. Berlin, Juni 2023, 12 S. URL: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2023_uba_kom _kbu.pdf [letzter Aufruf: 20.07.2023] [11] Miller, R., Peter, M. & Molder, F. (2023): Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie. – Im Auftrag der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO): 108 S., 42 Abb., 3 Tabellen, 10 Checklisten. URL: http://www.laenderfinanzierungsprogramm.de/static/LFP/Dateien/LABO/B5_22_Arbeitshilfe_Bo denschutz_PV_FFA_Solarthermie.pdf [letzter Aufruf: 24.04.2023]. [12] Miller, R., Molder, F. & Fröhlich, J. (2023): Bodenschutz bei Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie – Praxisbezogene Arbeitshilfe. Bodenschutz 03/23, S. 93 ff. (im Druck). [13] Miller, R., Glaum, L., & Peter, M. (2021): Anforderungen des Bodenschutzes an den Rückbau von Windenergieanlagen. – Im Auftrag der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO): 81 S., 24 Abb., 2 Übersichten, 5 Checklisten. URL: https://www.labo- deutschland.de/documents/Leitfaden_Rueckbau_von_Windenergieanlagen__UMK- Fassung.pdf [letzter Aufruf: 26.04.2023]. [14] DIN SPEC 91434 (2021): Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung. DIN SPEC 91434:2021-05. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin. 26 S. [15] DIN 19639 (2019): Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben. DIN 19639:2019-09. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin. 55 S. [16] DIN 18915 (2018): Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten. DIN 18915:2018- 06. DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin. 39 S. [17] DIN 19731 (2023): Verwertung von Bodenmaterial und Baggergut. DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin, in Vorbereitung. [18] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2023): Photovoltaik-Strategie – Handlungsfelder und Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Photovoltaik. Berlin, 05.05.2023. URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/photovoltaik- stategie-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=8 [letzter Aufruf: 20.07.2023] [19] Eggers, J.-B., Behnisch, M., Eisenlohr, J., Poglischt, H., Phung, W.-F., Münzinger, M., Ferrara, C. & Kuhn, T. E. (2020): PV-Ausbauerfordernisse versus Gebäudepotenzial: Ergebnis einer gebäudescharfen Analyse für ganz Deutschland. 35. PV-Symposium: Tagungsunterlagen, S. 837-856. URL: https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/conference- paper/PV-Potenzial-gebaeudescharf.pdf [letzter Aufruf: 26.04.2023] Staffelstein. Bad [20] BfN – Bundesamt für Naturschutz (2022): Eckpunkte für einen naturverträglichen Ausbau der Solarenergie. Positionspapier. Autor*innen: Ammermann, K., Bunzel, K., Igel, F. Bonn, Oktober 2022, 14 S. [21] KNE (2021): Kriterien für eine naturverträgliche Standortwahl für Solar-Freiflächenanlagen – Übersicht über die Einschätzung der Eignung verschiedener Flächentypen. Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende, 15 S. [22] Miller, R., Peter, M., Molder, F. & Kunzmann, G. (2018): Checklisten Schutzgut Boden für Planungs- und Zulassungsverfahren – Arbeitshilfen für Planungspraxis und Vollzug. – Im Auftrag der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO): 99 S., 3 Abb., 2 Tab., 8 Checklisten. 12

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Wissen, was drin ist. Mantelverordnung Ersatzbaustoffverordnung / BBodSchV Probenahme, Analytik & Beratung Die GBA Group, gegründet 1989, ist einer der führenden Labordienstleister Europas und bietet ein internatio- nales Netzwerk von Unternehmen mit hochqualifizierten Spezialisten in den Bereichen Life Sciences, Food und Environment. Im Fokus stehen dabei bedarfsgerechte Lösungen auf Basis wissenschaftlich-technischer Expertise. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, uns stetig weiter zu entwickeln, um im stets die besten Leistungen und Ergebnisse zu erzielen. Gemeinsam mit unseren kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Partnerinnen und Partnern leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung von Gesundheit, Lebensqualität und Umweltschutz. Unser Ansporn ist unser Anspruch immer das Beste zu geben – Wir sind GBA Group. Wie kann die GBA Group Sie bei der Umsetzung der Mantelverordnung unterstützen? Als kompetenter Analysendienstleister mit langjähriger Erfahrung u. a. in der Altlastenerkundung und einem sehr IEC 17025:2018 ISO umfangreichen, nach DIN EN akkreditierten Analyseportfolio, unterstützen wir Sie zielgerichtet bei der Bearbeitung im Ihrer Projekte Rahmen der neuen Mantel- und Ersatzbaustoff- verordnung. Wir begleiten Sie bei der Entwicklung und Durchführung Ihrer Projekte in Abstimmung mit Ihren Fachgutachtern und behördlichen Ansprechpartnern. Dies garantiert Ihnen die entsprechende Rechtssicherheit und Akzeptanz. Zu unseren Arbeitsschwerpunkten zählen: • Abstimmung mit Fachgutachtern und Behörden • Akkreditierte Probenahme gemäß LAGA PN 98 • Akkreditierte Analytik von Boden-, Baggergut- und Recyclingmaterial sowie vieler anderer Materialklassen • Unterstützung als Untersuchungsstelle im Rahmen von Eignungsprüfungen (EgN), Fremdüberwachungen (FÜ) sowie der werkseitigen Produktionskontrolle (WPK) • Übersichtliche Darstellung der Untersuchungsergebnisse • Seminare / Webinare zur Mantelverordnung (cid:24)(cid:882)(cid:87)(cid:62)(cid:882)(cid:1005)(cid:1008)(cid:1005)(cid:1011)(cid:1004)(cid:882)(cid:1004)(cid:1005)(cid:882)(cid:1004)(cid:1004) GBA Gesellschaft für Bioanalytik mbH Dr. Sven Unger, Flensburger Str. 15, 25421 Pinneberg, s.unger@gba-group.de, Tel. +49 4101 7946-0 GBA-GROUP.COM

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Since 1983 Engineering for a Better Tomorrow Engineering for a Better Tomorrow Die M&P Ingenieurgesellschaft mbH gehört zur M&P Group, die im Jahr 1981 gegründet wurde und von einem erfahrenen Team von Ingenieuren und Umweltwissenschaftlern geleitet wird. Unser Fokus liegt auf den nachfolgenden Geschäftsbereichen, die wir unseren Kunden mit höchster Qualität und Eﬃzienz anbieten. Dabei setzen wir auf innovative Technologien und unsere langjährige Erfahrung, um für Sie maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. UMWELT- UND GEOTECHNIK (cid:149) Flächenentwicklung und -recycling (cid:149) Bodenschutz- und Altlastensanierung (cid:149) Grundwassersanierung (cid:149) Boden und Abfallmanagement (cid:149) Rüstungsaltlasten (cid:149) Deponiebau (cid:149) Baugrund / Gründungsberatung • Spezialtiefbau / Geotechnik (cid:149) Immissionsschutz • Rohstoﬀexploration (cid:149) Katastrophenvorsorge (cid:149) Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz • Militärische Liegenschaften und Konversion ERNEUERBARE ENERGIEN • Windkraft (cid:149) Geothermie (cid:149) Solarenergie (cid:149) Biogas GEOINFORMATION (cid:149) Fernerkundung / Photogrammertrie (cid:149) GIS – Geodatenbanken – Geodatenmanagement NATURSCHUTZ- UND LANDSCHAFTSPLANUNG (cid:149) Artenschutz (cid:149) Umweltbaubegleitung (cid:149) Genehmigungsverfahren WASSERWIRTSCHAFT (cid:149) Regenwassermanagement (cid:149) Bauwasserhaltung (cid:149) Wassergewinnung (cid:149) Hochwasserschutz und Wasserbau (cid:149) Prognosemodelle (cid:149) Messnetze / Monitoring KAMPFMITTELRÄUMUNG • Luftbildauswertung • Ursachenermittlung (cid:149) Sondier- und Räumkonzepte (cid:149) Räumplanung (cid:149) Überwachung GEBÄUDE (cid:149) Bauwerkskataster • Risikoermittlung (EDD/TDD) (cid:149) Rückbauplanung • Bauschadstoﬀsanierung (cid:149) Bauleitung und Controlling www.mullundpartner.de INGENIEURGESELLSCHAFT

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Ausstellung & Inserate AGROLAB Agrar und Umwelt GmbH Dr.-Hell-Straße 6 24107 Kiel Tel: +49 (0)431 22138656 E-Mail: peter.peters@agrolab.de www.agrolab.com BAUER Resources GmbH Standort Hamburg Hovestraße 66 20539 Hamburg Tel: +49 (0)40 780450 - 22 E-Mail: frank.pietschner@bauer.de jens.gross@bauer.de www.bauerumwelt.com CDM Smith Consult GmbH Shanghaiallee15 20457 Hamburg Tel: +49 (0)40 2351307-0 E-Mail: hamburg@cdmsmith.com www.cdmsmith.com COMPETENZA GmbH Niederlassung Hamburg: Harburger Schloßstraße 30 21079 Hamburg Tel: +49 (0)40 261 260 2-10 E-Mail:c.bahr@competenza.com www.competenza.com Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG Genthiner Str. 30 G 10785 Berlin Tel: +49 (0)30 250085 864 E-Mail: D.Waechter@ESVmedien.de www.ESV.info Eurofins Umwelt Nord GmbH Stedinger Str. 45a 26135 Oldenburg Tel: +49 (0)441 218300 E-Mail: umwelt-oldenburg@eurofins.de www.eurofins.de/umwelt.aspx GBA Gesellschaft für Bioanalytik mbH Goldtschmidtstraße 5 21073 Hamburg Tel: +49 (0)40 797172-0 E-Mail: sales@gba-group.de www.gba-group.com HPC AG Wilhelm-Herbst-Str. 5 28359 Bremen Tel: +49 (0)421 2024300 E-Mail: oliver.boecker@hpc.ag www.hpc.ag Mineral Waste Manager GmbH Lindberghring 1 33142 Büren Tel: +49 (0)30 72 62 14 930 E-Mail: info@mineral-waste-manager.de www.mineral-waste-manager.de Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH Sachsenstr. 6 20097 Hamburg Tel: +49 (0)40 537992020 E-Mail: frank.biegansky@mup-group.com www.mullundpartner.de reconsite GmbH Auberlenstrasse 13 70736 Fellbach Tel: +49 (0)711 4101900 E-Mail: info@reconsite.com www.reconsite.com SGS INSTITUT FRESENIUS GmbH Philipp-Reis-Str. 2a 37075 Göttingen Tel.: 0800 222 5 666 E-Mail: sbo@sgs.com www.sgs-institut-fresenius.de

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STRABAG Umwelttechnik GmbH Haferwende 27 28357 Bremen Tel: +49 (0)412 43 68 79-0 E-Mail: petra.van-limbeek@strabag.com www.strabag-umwelttechnik.com WESSLING GmbH Feodor-Lynen-Straße 23 30625 Hannover Tel: +49 (0)511 5470077 E-Mail: info@wessling.de www.wessling.de ZECH Umwelt GmbH Industriepark 6a 27777 Ganderkesee Tel: +49 (0)4222 7909 85 E-Mail: mveeser@zech-umwelt.com www.zech-umwelt.com Züblin Umwelttechnik GmbH Zweigstelle Hamburg Zürnweg 1 21217 Seevetal Tel: +49 (0)40 23 88 187-12 E-Mail: umwelttechnik@zueblin.de www.zueblin-umwelttechnik.com Stand: 24.08.2023